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Die Transzendentalen Spiele Sri Krishnas
Von Seiner Heiligkeit A.C. Bhaktivedanta Swami Prabhupada

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88. Kapitel: Die unvergleichliche Macht Sri Krsnas


Vor langer, langer Zeit einmal fand am Ufer des Flusses Sarasvati eine Zusammenkunft berühmter Weiser statt, die dort ein großes Opfer namens satra-yajna durchführten. Bei solchen Versammlungen erörtern die Weisen für gewöhnlich vedisches Wissen und philosophische Fragen. Bei diesem Treffen nun erhob sich folgende Frage: Die drei führenden Gottheiten der materiellen Welt - Brahma, Visnu und Siva - lenken alle Geschehnisse im Kosmos. Wer von ihnen aber ist der Höchste? Nachdem diese Frage lange diskutiert worden war, wurde der große Weise Bhrgu, der Sohn Brahmas, beauftragt, alle drei herrschenden Gottheiten auf die Probe zu stellen und den versammelten Weisen dann zu berichten, wer von den dreien der Größte sei.

Mit diesem Auftrag begab sich der große Weise Bhrgu Muni als erstes zur Residenz seines Vaters auf Brahmaloka. Die drei genannten Gottheiten sind die Beherrscher der drei materiellen Erscheinungsweisen, nämlich Unwissenheit, Leidenschaft und Tugend. Der Plan, für den sich die Weisen entschlossen hatten, sah vor, daß Bhrgu Muni feststellen sollte, welche der drei herrschenden Gottheiten die Eigenschaft der Tugend in Vollkommenheit besitze. Als Bhrgu Muni vor seinen Vater Brahma trat, unterließ er es daher absichtlich, ihm Achtung zu erweisen, indem er ihm weder Ehrerbietungen noch Gebete darbrachte. Er wollte so prüfen, ob Brahma die Eigenschaft der Tugend besitze. Ein Sohn wie auch ein Schüler hat die Pflicht, wenn er sich seinem Vater oder seinem spirituellen Meister nähert, ihm Ehrerbietungen zu erweisen und Gebete zu sprechen. Bhrgu Muni jedoch unterließ es absichtlich, Brahma Ehre zu erweisen, weil er sehen wollte, wie Brahma auf seine Nachlässigkeit reagieren würde. Brahma wurde wegen der Unverschämtheit seines Sohnes sehr zornig, wie dies einige Merkmale an ihm deutlich erkennen ließen. Er dachte sogar schon daran, Bhrgu zu verfluchen, doch weil dieser sein Sohn war, zügelte er seinen Zorn mit großer Intelligenz. Mit anderen Worten, obwohl in Brahma die Erscheinungsweise der Leidenschaft vorherrschte, hatte er die Macht, über sie zu gebieten. Brahmas Zorn und das Zügeln seines Zornes werden mit Feuer und Wasser verglichen. Wasser wird vom Feuer erzeugt, doch zugleich kann Feuer mit Wasser gelöscht werden. Ebenso wurde Brahma aufgrund des Einflusses der Leidenschaft sehr zornig, doch er konnte seine Leidenschaft beherrschen, weil Bhrgu Muni sein Sohn war.

Nachdem Bhrgu Muni Brahma geprüft hatte, begab er sich direkt zu dem Planeten Kailasa, auf dem Siva lebt. Bhrgu Muni war Sivas Bruder, und daher freute sich Siva sehr, als er ihn kommen sah, und stand auf, um ihn zu umarmen. Doch als Siva auf Bhrgu Muni zukam, wich dieser seiner Umarmung aus. "Mein lieber Bruder", sagte er, "du bist immer so schmutzig. Weil du deinen Körper mit Asche einreibst, bist du nicht sehr sauber. Bitte berühre mich nicht." Als Bhrgu Muni es ablehnte, seinen Bruder zu umarmen, und sagte, Siva sei schmutzig, wurde dieser sehr zornig auf ihn. Es heißt, daß ein Vergehen entweder mit dem Körper, in Gedanken oder durch Worte begangen werden kann. Bhrgu Munis Vergehen gegen Brahma war ein Vergehen in Gedanken gewesen. Sein zweites Vergehen, das er gegen Siva beging, indem er ihm auf verletzende Weise unreine Angewohnheiten vorwarf, war ein Vergehen mit Worten. Weil in Siva die Erscheinungsweise der Unwissenheit überwiegt, röteten sich ihm vor Zorn sofort die Augen, als er Bhrgus beleidigende Worte vernahm. In unbezähmbarer Wut hob er seinen Dreizack, um Bhrgu Muni zu töten, doch gerade in dem Moment warf sich Sivas Frau Parvatida zwischen. Ihre Persönlichkeit ist eine Mischung der drei Erscheinungsweisen, weshalb sie Trigunamayi genannt wird. Hier nun rettete sie die Situation, indem sie in Siva die Eigenschaft der Tugend weckte. Sie fiel ihrem Gemahl zu Füßen und brachte ihn mit sanften Worten davon ab, Bhrgu Muni zu töten.

Nachdem Bhrgu Muni vor Sivas Zorn gerettet worden war, begab er sich geradewegs auf den Planeten Svetadvipa, wo Sri Visnu auf einem Bett aus Blumen lag, während Seine Gemahlin, die Glücksgöttin, Ihm mit Hingabe die Lotosfüße massierte. Als Bhrgu Muni dort ankam, beging er in voller Absicht die größte Sünde, indem er Sri Visnu durch eine körperliche Tat beleidigte. Das erste Vergehen hatte Bhrgu Muni mit dem Geist begangen, das zweite mit Worten und das dritte mit dem Körper. So wurden die Vergehen jedesmal größer: Ein Vergehen im Geist wird als einfaches Vergehen bezeichnet; wenn das gleiche Vergehen mit Worten begangen wird, ist es schon schwerwiegender, und wenn es physisch verübt wird, ist es am schlimmsten. Somit beging Bhrgu Muni das größte Vergehen, als er in der Anwesenheit der Glücksgöttin mit seinem Fuß die Brust des Herrn berührte. Sri Visnu jedoch, der allbarmherzig ist, wurde auf Bhrgu Muni nicht zornig, denn Bhrgu Muni war ein erhabener brahmana. Einem brahmana muß verziehen werden, selbst wenn er sich manchmal ein Vergehen zuschulden kommen läßt, und Sri Visnu gab das vollkommene Beispiel. Es heißt jedoch, daß die Glücksgöttin Laksmi den brahmanas seit jenem Vorfall nicht mehr sehr wohlgesinnt sei, und weil Laksmi den brahmanas ihre Segnungen vorenthält, sind sie für gewöhnlich sehr arm. Als Bhrgu Muni Sri Visnus Brust mit seinem Fuß berührte, bedeutete dies zweifellos ein großes Vergehen; doch Sri Visnu ist so großmütig, daß Er es ihm nicht übelnahm. Die sogenannten brahmanas des Kali-yuga sind manchmal sehr stolz darauf, daß sie mit ihren Füßen die Brust Sri Visnus berühren können; doch als Bhrgu Muni Sri Visnus Brust mit dem Fuß berührte, war es etwas ganz anderes, denn obwohl dies das größte Vergehen darstellte, nahm es ihm Sri Visnu in Seiner Großmut nicht übel.

Statt zornig zu werden oder Bhrgu Muni zu verfluchen, erhob Sich Sri Visnu sogleich zusammen mit Seiner Frau, der Glücksgöttin, von Seiner Ruhestatt und brachte dem brahmana achtungsvolle Ehrerbietungen dar. Dann sprach Er zu Bhrgu Muni: "Mein lieber brahmana, es ist für Mich eine große Segnung, daß du hierhergekommen bist. Bitte nimm deshalb für einige Minuten auf diesem Kissen Platz. Mein lieber brahmana, es tut Mir leid, daß Ich dich nicht gleich bei deiner Ankunft richtig empfangen konnte. Dieses Versäumnis ist ein großes Vergehen Meinerseits, und Ich bitte dich, Mir zu vergeben. Du bist so rein und erhaben, daß das Wasser, mit dem deine Füße gewaschen werden, selbst die Pilgerorte läutern kann. Ich bitte dich daher, auch diesen Vaikuntha-Planeten zu läutern, auf dem Ich mit Meinen Gefährten lebe. Mein lieber Vater, o großer Weiser, Ich weiß, daß deine Füße sanft wie Lotosblumen sind, und daß Meine Brust dagegen hart wie ein Blitzschlag ist. Ich befürchte, es könnte dir Schmerz bereitet haben, als du Meine Brust mit deinen Füßen berührtest. Erlaube Mir deshalb, deine Füße zu berühren, um deine Schmerzen zu lindern." Alsdann begann Sri Visnu, Bhrgu Munis Füße zu massieren.

Der Herr sagte weiter zu Bhrgu Muni: "Mein lieber Herr, Meine Brust ist nun durch die Berührung deiner Füße geheiligt worden, und so bin Ich Mir sicher, daß die Glücksgöttin Laksmi mit Freuden für immer an ihr bleiben wird." Ein anderer Name Laksmis ist Cancala, was bedeutet, daß sie nie lange an einem Ort verweilt. Deshalb geschieht es, daß die Familie eines reichen Mannes nach einigen Generationen plötzlich arm wird und die Familie eines Armen unvermittelt zu Reichtum gelangt. Laksmi, die Glücksgöttin, ist in der materiellen Welt Cancala; doch auf den Vaikuntha-Planeten weilt sie ewig bei den Lotosfüßen des Herrn. Weil Laksmi als Cancala bekannt ist, so deutete Narayana an, wäre sie vielleicht nicht für immer an Seiner Brust geblieben, doch nun, wo Seine Brust von den Füßen Bhrgu Munis berührt worden sei, sei sie geheiligt, und nun bestehe keine Möglichkeit mehr, daß die Glücksgöttin jemals fortgehen werde. Aber Bhrgu Muni kannte seine eigene Stellung und die des Herrn sehr wohl, und deshalb war seine Verwunderung grenzenlos, als er das Verhalten der Höchsten Persönlichkeit Gottes sah. Vor Dankbarkeit gegenüber solcher Großmut versagte ihm die Stimme, und er war außerstande, dem Herrn etwas zu erwidern. Tränen strömten aus seinen Augen. Er konnte kein Wort hervorbringen, und so stand er einfach stumm vor dem Herrn.

Als Bhrgu Muni auf diese Weise Brahma, Siva und Sri Visnu geprüft hatte, kehrte er zur Versammlung der großen Weisen am Ufer der Sarasvati zurück und berichtete über seine Erlebnisse. Nachdem die Weisen ihn mit großer Aufmerksamkeit angehört hatten, gelangten sie zu dem Schluß, daß Visnu Sich von allen herrschenden Gottheiten im höchsten Maße in der Erscheinungsweise der Tugend befinde. Im Srimad-Bhagavatam werden diese großen Weisen als brahma-vadinam bezeichnet. Brahma-vadinam bezieht sich auf diejenigen, die zwar über die Absolute Wahrheit sprechen, aber noch nicht zu einer Schlußfolgerung gekommen sind. Für gewöhnlich wird das Wort brahma-vadi für die Unpersönlichkeitsphilosophen und für diejenigen, die sich dem Studium der Veden widmen, gebraucht. Man kann also davon ausgehen, daß all die versammelten Weisen ein ernsthaftes Studium der vedischen Schriften betrieben, daß sie aber noch nicht endgültig erkannt hatten, wer die Höchste Absolute Persönlichkeit Gottes ist.

Nachdem die Weisen von Bhrgu Munis Begegnungen mit den drei herrschenden Gottheiten - Siva, Brahma und Visnu - gehört hatten, kamen sie zu dem Schluß, daß Sri Visnu die Höchste Wahrheit, die Persönlichkeit Gottes, ist. Das Srimad-Bhagavatam beschreibt, daß die Weisen sehr staunten, als sie hörten, wie Brahma und Siva sofort zornig geworden waren, während Sri Visnu, obwohl Er von Bhrgu Muni getreten worden war, nicht die geringste Erregung gezeigt hatte. Hier paßt das Beispiel, daß kleine Lampen schon beim geringsten Luftzug zu flackern beginnen, wohingegen die größte Lampe, die größte aller Lichtquellen, die Sonne, sich nicht einmal beim schwersten Sturm bewegt. Man kann die Größe einer Person an ihrer Fähigkeit erkennen, Provokationen zu erdulden. Die Weisen, die sich am Ufer der Sarasvati versammelt hatten, kamen zu dem Schluß, daß jeder, der wahren Frieden und wahre Freiheit von aller Furcht ersehnt, bei den Lotosfüßen Sri Visnus Zuflucht suchen müsse. Wenn Brahma und Siva schon bei einer geringfügigen Provokation ihren Gleichmut verloren, wie könnten sie dann ihren Geweihten Frieden und Ausgeglichenheit gewähren? In bezug auf Sri Visnu jedoch erklärt die Bhagavad-gita, daß jeder, der Visnu, oder Sri Krsna, als den höchsten Freund anerkennt, die höchste Vollkommenheit eines friedvollen Lebens erreicht.

So gelangten die Weisen zu der Erkenntnis, daß man durch das Befolgen der Prinzipien des Vaisnava-dharma wahrhaft vollkommen wird. Wenn man hingegen allen religiösen Prinzipien einer bestimmten Glaubensrichtung nachkommt, ohne dabei Fortschritte in der Erkenntnis der Höchsten Persönlichkeit Gottes Visnu zu machen, sind all diese Anstrengungen vergeblich. Das Befolgen von religiösen Prinzipien muß einen auf die Ebene des vollkommenen Wissens führen, und wenn man die Ebene vollkommenen Wissens erreicht hat, verliert man jedes Interesse an materiellen Angelegenheiten. Vollkommenes Wissen bedeutet, sowohl sich selbst als auch das höchste Selbst zu kennen. Die höchste Seele und die individuelle Seele sind qualitativ eins, doch quantitativ sind sie voneinander verschieden. Dieses analytische Verständnis ist vollkommenes Wissen. Einfach nur zu verstehen: "Ich bin nicht Materie; ich bin von spiritueller Natur", ist noch kein vollkommenes Wissen. Das wahre religiöse Prinzip ist hingebungsvoller Dienst, bhakti. Dies wird in der Bhagavad-gita bestätigt, wo Sri Krsna sagt: "Gib alle Arten von religiösen Prinzipien auf, und ergib dich einfach Mir." Daher läßt sich der Begriff dharma nur auf den Vaisnava-dharma oder bhagavata-dharma anwenden, durch dessen Befolgung man alle guten Eigenschaften und Errungenschaften des Lebens wie von selbst erhält.

Das höchste und vollkommene Wissen besteht darin, den Höchsten Herrn zu kennen. Der Herr kann durch keinen anderen religiösen Vorgang erkannt werden als durch hingebungsvollen Dienst. Somit ist vollkommenes Wissen das unmittelbare Ergebnis des hingebungsvollen Dienstes. Wenn man solches Wissen erlangt hat, verliert man all sein Interesse an der materiellen Welt. Dies geschieht jedoch nicht durch trockene philosophische Spekulation. Die Gottgeweihten verlieren ihr Interesse an der materiellen Welt nicht durch rein theoretische Erkenntnis, sondern durch praktische Erfahrung. Wenn der Gottgeweihte die Wirkung des Zusammenseins mit dem Höchsten Herrn erfährt, verabscheut er natürlicherweise den Umgang mit sogenannter Gesellschaft, Freundschaft und Liebe. Diese Loslösung ist nicht künstlich, sondern beruht vielmehr darauf, daß er durch den Genuß transzendentaler Freuden eine höhere Lebensebene erreicht hat. Wenn man sich auf dieser Ebene des Wissens und der Loslösung von materieller Sinnenbefriedigung befindet, so erklärt das Srimad-Bhagavatam weiter, macht man, ohne getrennte Anstrengungen unternehmen zu müssen, Fortschritte in der Entwicklung der acht Vollkommenheiten des mystischen yoga, wie anima-siddhi, laghima-siddhi, prapti-siddhi usw. Das vollkommene Beispiel ist Maharaja Ambarisa. Er war kein mystischer yogi, sondern ein großer Gottgeweihter; doch als der mächtige yogi Durvasa mit ihm einen Streit begann, wurde er von Maharaja Ambarisas hingebungsvoller Haltung besiegt. Mit anderen Worten, ein Gottgeweihter braucht nicht mystischen yoga zu praktizieren, um irgendwelche Kräfte zu bekommen. Solche Kräfte stehen ihm bereits durch die Gnade des Herrn zur Verfügung, ebenso wie ein kleines Kind, das seinem Vater gehorsam ist, die ganze Kraft des Vaters hinter sich hat.

Wenn jemand als Geweihter des Herrn berühmt wird, vergeht sein Ruhm niemals. Sri Caitanya stellte einst in einem Gespräch mit Ramananda Raya die Frage: "Was ist der größte Ruhm?" Ramananda Raya erwiderte, daß der vollkommene Ruhm darin besteht, als reiner Geweihter Sri Krsnas bekannt zu sein. Hieraus kann man schließen, daß der visnu-dharma, d.h. die Religion des hingebungsvollen Dienstes der Höchsten Persönlichkeit Gottes, für Menschen von gedankenvollem und philosophischem Wesen bestimmt ist. Wenn man diese Neigung, gedankenvoll zu sein, richtig verwendet, erreicht man die Stufe, wo man seine Gedanken auf die Höchste Persönlichkeit Gottes richtet. Und wenn man ständig an die Höchste Persönlichkeit Gottes denkt, wird man vom Einfluß der verunreinigenden Gemeinschaft mit der materiellen Welt frei, und so findet man Frieden. Die Welt befindet sich nur deshalb in einem Zustand der Unruhe, weil es der menschlichen Gesellschaft an solchen friedvollen Gottgeweihten fehlt. Solange man kein Gottgeweihter ist, kann man nicht allen Lebewesen gleichgesinnt sein. Ein Gottgeweihter sieht die Tiere, die Menschen und alle anderen Lebewesen mit gleicher Sicht, denn er weiß, daß jedes Lebewesen ein ewiger Teil des Höchsten Herrn ist. In der Isopanisad wird erklärt, daß jemand, der auf die Stufe gelangt ist, auf der er alle Lebewesen als gleich ansieht, niemanden verabscheut oder bevorzugt. Auch strebt der Gottgeweihte nicht nach mehr Besitz, als er benötigt. Deshalb werden die Gottgeweihten akincana genannt, was bedeutet, daß sie in jeder Lebenslage zufrieden sind. Es heißt, daß ein Gottgeweihter immer Gleichmut bewahrt, ganz gleich, ob er sich im Himmel oder in der Hölle befindet. Ein Gottgeweihter ist an nichts interessiert, was nicht mit seinem hingebungsvollen Dienst zu tun hat. Diese Art des Lebens ist die Stufe der höchsten Vollkommenheit, von der aus man in die spirituelle Welt, nach Hause, zu Gott, zurückkehren kann. Die Geweihten der Höchsten Persönlichkeit Gottes fühlen sich insbesondere zur Tugend, der höchsten materiellen Erscheinungsweise, hingezogen, und ein qualifizierter brahmana ist der Inbegriff dieser Tugend. Deshalb hält sich der Gottgeweihte an die brahmanische Lebensstufe. Er befaßt sich nicht gern mit den Erscheinungsweisen der Leidenschaft und Unwissenheit, obwohl auch diese Erscheinungsweisen vom Höchsten Herrn, Visnu, ausgehen. Im Srimad-Bhagavatam werden die Gottgeweihten als nipuna-buddhayah bezeichnet, was bedeutet, daß sie die Intelligentesten unter den Menschen sind. Unbeeinflußt von Anhaftung und Haß, lebt der Gottgeweihte voller Frieden und wird nicht durch Leidenschaft oder Unwissenheit beirrt.

An dieser Stelle mag die Frage aufkommen, warum sich ein Gottgeweihter zur Erscheinungsweise der Tugend hingezogen fühlen sollte, wenn er doch transzendental zu allen materiellen Erscheinungsweisen ist. Die Antwort lautet, daß es entsprechend den verschiedenen Erscheinungsweisen verschiedene Arten von Menschen gibt. Diejenigen, die sich in der Erscheinungsweise der Unwissenheit befinden, bezeichnet man als raksasas, diejenigen in der Erscheinungsweise der Leidenschaft als asuras und diejenigen in der Erscheinungsweise der Tugend als suras oder Halbgötter. Diese drei Arten von Menschen werden alle unter der Aufsicht des Höchsten Herrn von der materiellen Natur geschaffen, doch diejenigen, die sich in der Erscheinungsweise der Tugend befinden, haben am ehesten die Möglichkeit, in die spirituelle Welt erhoben zu werden und nach Hause, zu Gott, zurückzukehren.

So wurden alle Weisen, die sich am Ufer des Flusses Sarasvati versammelt hatten, um herauszufinden, wer die höchste herrschende Gottheit sei, von allen Zweifeln hinsichtlich der Verehrung Sri Visnus befreit. Sie alle beschäftigten sich von da an im hingebungsvollen Dienst, erreichten somit das Ziel ihrer Wünsche und kehrten zu Gott zurück.

Wer den ernsthaften Wunsch hat, von aller materiellen Verstrickung befreit zu werden, tut gut daran, ohne zu zögern Sukadeva Gosvamis Schlußfolgerung anzunehmen, die er uns am Anfang des Srimad-Bhagavatam mitteilt. Es heißt an dieser Stelle, daß das Hören des Srimad-Bhagavatam auf dem Weg zur Befreiung außerordentlich hilfreich ist, da dieses Werk von Sukadeva Gosvami gesprochen wurde. Diese Tatsache wird seinerseits von Suta Gosvami bestätigt: Wenn jemand, der ziellos in der materiellen Welt umherirrt, bereit ist, den nektargleichen Worten Sukadeva Gosvamis zuzuhören, wird er mit Sicherheit zur richtigen Schlußfolgerung gelangen. Einfach durch hingebungsvollen Dienst für die Höchste Persönlichkeit Gottes wird er der ermüdenden Wanderung von Körper zu Körper ein für alle Mal ein Ende bereiten können. Mit anderen Worten, durch richtiges Hören wird man im liebenden hingebungsvollen Dienst Sri Visnus gefestigt werden. Auf diese Weise wird der Gottgeweihte unzweifelhaft von seiner Reise durchs materielle Dasein erlöst werden, und der Vorgang ist sehr einfach: Man muß den nektargleichen Worten Gehör schenken, die von Sukadeva Gosvami in der Form des Srimad-Bhagavatam gesprochen wurden.

Eine weitere wichtige Lehre, die wir aus dieser Begebenheit ziehen können, ist, daß man niemals denken sollte, die Halbgötter, selbst Brahma oder Siva, befänden sich auf der gleichen Ebene wie Sri Visnu. Tun wir dies, so werden wir, wie das Padma Purana erklärt, auf der Stelle zu Atheisten. Im Hari-vamsa, einer anderen vedischen Schrift, wird gesagt, daß man ausschließlich die Höchste Persönlichkeit Gottes, Visnu, verehren sollte. Deshalb muß man ständig den Hare-Krsna-maha-mantra oder einen anderen mantra zur Verehrung Visnus chanten. Im Zweiten Canto des Srimad-Bhagavatam sagt Brahma: "Siva und ich erfüllen unter der Führung der Höchsten Persönlichkeit Gottes verschiedene Funktionen, die uns der Herr Selbst zugewiesen hat." Auch im Caitanya-caritamrta wird bestätigt, daß Krsna der einzige Meister ist und daß die Lebewesen in den verschiedenen Lebensformen alle Krsnas Diener sind.

In der Bhagavad-gita wird von Krsna, dem Höchsten Herrn, bestätigt, daß es keine Wahrheit über Ihm gibt. Weil auch Sukadeva Gosvami auf die Tatsache aufmerksam machen wollte, daß von allen visnu-tattva-Formen Krsna zu hundert Prozent die Höchste Persönlichkeit Gottes ist, erzählte er von einer Begebenheit, die sich ereignete, als Sri Krsna persönlich auf Erden gegenwärtig war. Es begab sich einst, daß die Frau eines brahmana ein Kind zur Welt brachte. Unglücklicherweise jedoch starb das Kind, gleich nachdem es bei der Geburt den Boden berührt hatte. Der brahmana-Vater nahm sofort das tote Kind und ging auf direktem Wege nach Dvaraka zum Palast des Königs. Er war sehr bestürzt und erschüttert, daß das Kind in Anwesenheit seiner jungen Eltern einen solch frühen Tod erleiden mußte. Früher, d.h. bis zur Zeit von Sri Krsnas Erscheinen am Ende des Dvapara-yuga, als es noch verantwortungsbewußte Könige gab, konnten dem Herrscher sogar für den frühzeitigen Tod eines Kindes, das in Anwesenheit seiner Eltern starb, Vorwürfe gemacht werden. Ähnlich verhielt es sich auch mit der Verantwortlichkeit des Königs während der Regierungszeit Ramacandras. Wie wir im Ersten Canto des Srimad-Bhagavatam erklärt haben, war der König in solchem Maße für das Wohlergehen der Bürger verantwortlich, daß er sogar dafür sorgen mußte, daß in seinem Königreich keine übermäßige Hitze oder Kälte herrschte. Obwohl den König keine Schuld traf, begab sich der brahmana, der so früh sein Kind verloren hatte, unverzüglich zum Tor des Palastes und klagte den König mit folgenden Worten an: "Der gegenwärtige König, Ugrasena, ist den brahmanas übelgesinnt." Das genaue Wort, das der brahmana gebrauchte, war brahma-dvisah. Jemand, der den Veden, einem qualifizierten brahmana oder der brahmana-Kaste im allgemeinen feindlich gesinnt ist, wird als brahma-dvit bezeichnet. Dem König wurde also vorgeworfen, ein brahma-dvit zu sein. Auch wurde er angeklagt, satha-dhi, nicht wirklich intelligent, zu sein. Der Führer eines Staates muß sehr intelligent sein, um für das Wohl seiner Bürger sorgen zu können; doch nach der Ansicht des brahmana verfügte König Ugrasena nicht über die geringste Intelligenz, obwohl er auf dem Königsthron saß. Deshalb bezeichnete er ihn auch als lubdha, gierig. Könige oder Staatsoberhäupter, die gierig und selbstsüchtig sind, sollten das hohe Amt der Königswürde bzw. des Präsidenten nicht einnehmen. Aber es ist nur natürlich, daß jemand, der die Stellung eines Staatsoberhauptes erlangt hat, selbstsüchtig wird, wenn er an materiellem Genuß hängt. Deshalb gebrauchte der brahmana auch das Wort visayatmanah.

Der brahmana bezichtigte den König auch, ein ksatra-bandhu zu sein, womit ein Mensch gemeint ist, der zwar in einer ksatriya-Familie oder einem Königs- geschlecht geboren wurde, aber nicht die Eigenschaften einer solchen königlichen Persönlichkeit aufweist. Ein König muß die brahmanische Kultur beschützen und über das Wohl seiner Untertanen wachen; er darf niemals aus Anhaftung an materiellen Genuß gierig werden. Wenn sich jemand als ksatriya oder Angehöriger des königlichen Standes ausgibt, ohne die erforderlichen Eigenschaften zu besitzen, wird er nicht als ksatriya, sondern als ksatra-bandhu bezeichnet. Ebenso wird jemand, der als Sohn eines brahmana geboren wurde, jedoch keine brahmanischen Eigenschaften besitzt, als brahma-bandhu oder dvija-bandhu bezeichnet. Daraus geht also hervor, daß man nicht allein seiner Herkunft wegen als brahmana oder ksatriya gelten kann. Vielmehr muß man die für eine bestimmte Stellung notwendigen Voraussetzungen erfüllen; erst dann wird man als brahmana oder ksatriya anerkannt.

Der brahmana warf dem König also vor, das Neugeborene sei wegen seiner Unfähigkeit gestorben. Der brahmana hielt den frühzeitigen Tod seines Kindes für höchst unnatürlich, und deshalb machte er den König dafür verantwortlich. In der vedischen Geschichte gibt es auch Beispiele, wie ksatriya-Könige unverantwortlich handelten und wie dann ein Gremium von brahmanas, das von der Monarchie getragen wurde, den betreffenden König absetzte. An all diesen Punkten wird deutlich, daß das Königsamt zur Zeit der vedischen Kultur ein hohes Maß an Verantwortung mit sich brachte.

Der brahmana sagte deshalb: "Niemand sollte einem König, der von Mißgunst durchdrungen ist, Ehrerbietungen oder Verehrung darbringen. Ein solcher König verbringt seine Zeit damit, entweder im Wald Tiere zu jagen und zu töten oder Untertanen für ihre Verbrechen hinzurichten. Er kennt keine Selbstbeherrschung und hat einen üblen Charakter. Wenn die Bürger einen solchen König verehren oder respektieren, werden sie niemals glücklich sein. Sie werden in Armut bleiben, ihr Leben wird voller Ängste und Sorgen sein, und deshalb werden sie stets unglücklich sein."

Zwar hat die Politik der Gegenwart das Königsamt abgeschafft, aber der Präsident wird nicht für das Wohl der Bürger verantwortlich gemacht. Im gegenwärtigen Zeitalter, dem Kali-yuga, ist es üblich, daß sich jemand auf irgendeine Weise eine Stimmenmehrheit verschafft und so in die hohe Stellung des Staatsoberhauptes gelangt, während das Leben der Bürger, wie zuvor, voller Ängste, Leid, Kummer und Unzufriedenheit bleibt.

Auch das zweite Kind des brahmana kam tot zur Welt und ebenso das dritte. Der brahmana hatte insgesamt neun Kinder. Jedes von ihnen wurde tot geboren, und jedesmal ging er zum Palasttor, um den König anzuklagen. Als der brahmana zum neunten Mal kam, um dem König von Dvaraka Vorwürfe zu machen, waren auch Arjuna und Krsna zugegen. Als Arjuna hörte, wie ein brahmana den König beschuldigte, ihn nicht gebührend zu beschützen, wurde er neugierig und fragte: "Mein lieber brahmana, wie kommst du dazu zu sagen, es gebe keine echten ksatriyas, die die Bürger deines Landes beschützen? Gibt es nicht einmal jemanden, der vorgibt, ein ksatriya zu sein, und der Bogen und Pfeile trägt, um zumindest so zu tun, als könne er seine Untertanen beschützen? Oder denkst du, daß die Männer des königlichen Geschlechts in diesem Land allesamt ihre Zeit nur damit zubringen, zusammen mit den brahmanas Opfer auszuführen, ohne jedoch Tapferkeit und Kraft zu besitzen?" Mit diesen Worten wies Arjuna darauf hin, daß sich die ksatriyas nicht einfach nur gemütlich mit der Durchführung von vedischen Ritualen beschäftigen dürfen. Nein, sie müssen mit aller Tapferkeit die Bürger beschützen. Da sich die brahmanas mit spirituellen Tätigkeiten beschäftigen, wird von ihnen nicht erwartet, daß sie physischer Arbeit nachgehen. Sie müssen deshalb von den ksatriyas beschützt werden, so daß sie bei ihren höheren Pflichten und Tätigkeiten nicht gestört werden.

Arjuna fuhr fort: "Wenn die brahmanas wider Willen von ihren Frauen oder von ihren Kindern getrennt werden und die ksatriya-Könige ihnen nicht helfen, dann sind solche ksatriyas nicht höher einzuschätzen als Schauspieler." In einem Schauspiel auf der Bühne kann ein Darsteller zwar die Rolle eines Königs spielen, doch niemand erwartet von einem solchen unechten König wirkliche Vorteile. Ebenso ist ein König oder Staatsführer, der den Kopf des gesellschaftlichen Körpers nicht zu schützen vermag, nichts anderes als ein Schwindler. Solche Staatsoberhäupter bekleiden ihre hohen Ämter nur, um ihren eigenen Lebensunterhalt zu bestreiten. "Mein lieber Herr", fuhr Arjuna fort, "ich verspreche dir, daß ich deine Kinder beschützen werde, und sollte mir dies nicht gelingen, werde ich mich in ein loderndes Feuer stürzen, damit die Unreinheit der Sünden, die über mich gekommen ist, getilgt wird."

Als der brahmana diese Worte Arjunas vernahm, entgegnete er: "Mein lieber Arjuna, Sri Balarama lebt hier, doch Er konnte meine Kinder nicht beschützen, und auch Sri Krsna weilt unter uns und konnte ihnen keinen Schutz bieten. Es sind auch noch viele andere Helden anwesend, wie Pradyumna und Aniruddha, die Bogen und Pfeile mit sich tragen, doch auch sie waren nicht imstande, meine Kinder zu beschützen." Der brahmana gab damit deutlich zu verstehen, daß Arjuna nicht etwas vollbringen könne, was für die Höchste Persönlichkeit Gottes unmöglich gewesen sei. Er hatte das Gefühl, Arjuna verspreche etwas, was jenseits seiner Möglichkeiten liege. Der brahmana sagte: "In meinen Augen gleicht dein Versprechen dem eines unerfahrenen Kindes. Ich kann deinem Versprechen keinen Glauben schenken."

Arjuna erkannte, daß der brahmana alles Vertrauen in die ksatriya-Könige verloren hatte. Um ihm daher wieder Zuversicht zu geben, sprach Arjuna in solcher Weise zu ihm, daß es schien, als tadle er sogar seinen Freund Sri Krsna. In der Gegenwart von Krsna persönlich und einigen anderen Zuhörern wandte sich Arjuna vor allem gegen Krsna und sagte: "Mein lieber brahmana, ich bin weder Sankarsana noch Krsna, noch einer von Krsnas Söhnen wie Pradyumna und Aniruddha. Mein Name ist Arjuna, und ich trage den bekannten Gandiva-Bogen. Zu Unrecht schmähst du mich, denn ich zog durch meine Kühnheit selbst Sivas Wohlgefallen auf mich. Damals, als wir beide im Wald auf der Jagd waren, kämpfte ich mit Siva, der als Jäger vor mir erschienen war, und als ich ihn mit meiner Stärke erfreute, gab er mir die Waffe, die als pasupatastra bekannt ist. Zweifle also nicht an meiner Tapferkeit. Ich werde dir deine Söhne zurückbringen, selbst wenn ich mit dem Tod in Person kämpfen muß."

Als der brahmana Arjunas kühne Worte hörte, ließ er sich irgendwie überzeugen, und so kehrte er nach Hause zurück. Als die Frau des brahmana wieder ein Kind zur Welt bringen sollte, rief der brahmana nach Arjuna, indem er sagte: "Mein lieber Arjuna, bitte komm und rette mein Kind!" Als Arjuna dies hörte, machte er sich sogleich bereit, indem er geweihtes Wasser berührte und heilige mantras sprach, um seinen Bogen und seine Pfeile vor Gefahr zu schützen. Er bewaffnete sich insbesondere mit dem Pfeil, den Siva ihm geschenkt hatte. Auf dem Weg dachte er an Siva und dessen große Gunst, und so erschien er mit seinem Bogen Gandiva und verschiedenen anderen Waffen vor dem Haus des brahmana.

Es scheint, als sei Arjuna die ganze Zeit über in Dvaraka geblieben, weil er sein Versprechen, das er dem brahmana gegeben hatte, erfüllen mußte. Als die Geburt des Kindes bevorstand und Arjuna gerufen wurde, war es tiefe Nacht. Während Arjuna zum Haus des brahmana ging, um bei der Geburt zugegen zu sein, dachte er an Siva und nicht an seinen Freund Krsna. Er meinte, weil Krsna nicht imstande gewesen sei, dem brahmana zu helfen, sei es klüger, bei Siva Zuflucht zu suchen. Dies ist ein weiteres Beispiel eines Menschen, der Zuflucht bei den Halbgöttern sucht. In der Bhagavad-gita wird erklärt, daß ein Mensch, der aufgrund von Gier und Lust seine Intelligenz verliert, die Höchste Persönlichkeit Gottes vergißt und bei den Halbgöttern Zuflucht sucht (kamais tais tair hrta jnanah). Arjuna war natürlich kein gewöhnliches Lebewesen, doch weil er mit Krsna freundschaftlichen Umgang pflegte, glaubte er, Krsna sei nicht imstande, den brahmana zu beschützen, und es sei besser, wenn er sich an Siva wende. Wie sich später jedoch herausstellen sollte, hatte Arjuna nicht den geringsten Erfolg damit, daß er bei Siva statt bei Krsna Zuflucht suchte. Arjuna jedoch tat sein Bestes, indem er verschiedene mantras chantete und seinen Bogen bereit- hielt, um das Haus des brahmana von allen Seiten zu schützen.

Die Frau des brahmana gebar ein männliches Kind, das sogleich, wie es natürlich ist, zu schreien begann. Doch plötzlich, nach wenigen Augenblicken, verschwanden sowohl das Kind als auch Arjunas Pfeile in der Luft. Es war nämlich so, daß das Haus des brahmana in der Nähe von Krsnas Palast lag und daß Krsna an allem, was geschah und sich scheinbar Seiner Autorität widersetzte, Seinen Spaß hatte. Er war es auch, der Arjuna den Streich gespielt hatte, das Kind des brahmana und die Pfeile Arjunas - auch den Pfeil Sivas, auf den Arjuna so stolz war - verschwinden zu lassen. Tad bhavaty-alpa-medhasam: Weniger Intelligente suchen aus Verwirrung Zuflucht bei den Halbgöttern und sind mit den Segnungen zufrieden, die diese ihnen gewähren.

In der Gegenwart Sri Krsnas und anderer begann der brahmana sogleich, Arjuna anzuklagen: "Ein jeder sehe meine Dummheit! Ich habe den Worten Arjunas vertraut, der ein Schwächling ist und sich auf nichts versteht außer auf falsche Versprechungen. Wie konnte ich nur so dumm sein, Arjuna zu glauben! Er versprach, mein Kind zu beschützen, obwohl selbst Pradyumna, Aniruddha, Sri Balarama und Sri Krsna dies nicht vermochten. Wenn schon diese großen Persönlichkeiten nicht in der Lage waren, meine Kinder zu retten, wer könnte es dann tun? Verwünscht sei daher Arjuna wegen seines falschen Versprechens, verwünscht sei sein berühmter Bogen Gandiva und seine Unverschämtheit, mit der er behauptete, mächtiger als Sri Balarama, Sri Krsna, Pradyumna und Aniruddha zu sein. Niemand vermag mein Kind zu retten, denn es ist bereits auf einen anderen Planeten gebracht worden. Aus reiner Torheit nur dachte Arjuna, er könne mein Kind von einem anderen Planeten zurückholen."

Als Arjuna so von dem brahmana verflucht worden war, ermächtigte er sich mit einer mystischen yoga-Kraft, die es ihm ermöglichte, zu jedem beliebigen Planeten zu reisen. Auf diese Weise wollte er versuchen, das Kind des brahmana zu finden. Wie aus dieser Aussage hervorgeht, beherrschte Arjuna die mystische Kraft, mit deren Hilfe die yogis nach Belieben zu jedem Planeten reisen können.

Als erstes begab er sich zu dem Planeten Yamaloka, auf dem Yamaraja, der Herr des Todes, lebt. Er konnte jedoch das Kind trotz allen Suchens nicht finden. Daraufhin begab er sich sofort zum Planeten des Himmelskönigs Indra, doch als er das Kind auch dort nicht finden konnte, begab er sich zum Planeten des Feuergottes, Nairrti, und von dort zum Mond. Er setzte seine Suche auf Vayuloka und Varunaloka fort, und als auch dort das Kind nicht aufzufinden war, ging er hinab zum Planeten Rasatala, dem niedrigsten Planetensystem im Universum. Nachdem Arjuna all diese Planeten bereist hatte, begab er sich schließlich nach Brahmaloka, wohin nicht einmal die mystischen yogis gehen können. Arjuna besaß diese Kraft dank Krsnas Gnade, und so ließ er alle himmlischen Planeten hinter sich und suchte Brahmaloka auf. Als er das Kind jedoch nirgends finden konnte, obwohl er alle nur denkbaren Planeten durchforscht hatte, wollte er sich ins Feuer stürzen, wie er es dem brahmana für den Fall versprochen hatte, daß es ihm nicht gelingen sollte, das Kind zurückzubringen. Sri Krsna jedoch war Arjuna sehr wohlgesinnt, denn Arjuna war Sein vertrautester Freund, und so brachte Er ihn davon ab, sich wegen dieser Schande ins Feuer zu stürzen. Krsna gab ihm zu verstehen, daß es indirekt auch Ihm, Krsna, schaden würde, wenn Sein Freund Arjuna eine solche Verzweiflungstat beginge. Sri Krsna konnte Arjuna davon abbringen, indem Er ihm versicherte, daß Er das Kind wieder auffinden werde. Er sagte zu Arjuna: "Begehe nicht törichterweise Selbstmord."

Nachdem Sri Krsna so zu Arjuna gesprochen hatte, rief Er Seinen transzendentalen Streitwagen herbei, bestieg ihn mit Arjuna und lenkte ihn nach Norden. Sri Krsna, die allmächtige Höchste Persönlichkeit Gottes, hätte das Kind natürlich ohne weiteres zurückbringen können, doch wir müssen stets bedenken, daß Er die Rolle eines gewöhnlichen Menschen spielte. Ebenso wie ein Mensch eine Anstrengung unternehmen muß, um ein bestimmtes Ergebnis zu erzielen, machte Sich auch Sri Krsna wie ein gewöhnlicher Mensch oder wie Sein Freund Arjuna auf den Weg und verließ Dvaraka, um das Kind des brahmana zurückzuholen. Als Krsna, einem Menschen ähnlich, unter den Menschen erschien und Seine transzendentalen Spiele entfaltete, zeigte Er deutlich, daß keine Persönlichkeit größer ist als Er. "Gott ist groß", das ist die Definition der Höchsten Persönlichkeit Gottes. So bewies Krsna, daß es - zumindest während Seiner Gegenwart in der materiellen Welt - keine größere Persönlichkeit im Universum gab als Ihn.

Krsna fuhr mit Arjuna nordwärts und ließ viele Planetensysteme hinter Sich. Im Srimad-Bhagavatam werden diese Planetensysteme als sapta-dvipa bezeichnet. Dvipa bedeutet "Insel". Die Planeten werden in den vedischen Schriften manchmal als dvipas bezeichnet. Der Planet zum Beispiel, auf dem wir leben, heißt Jambudvipa. Der Weltraum wird als großer Ozean aus Luft betrachtet, in dem sich viele Inseln befinden, nämlich die Planeten. Auf jedem dieser Planeten gibt es auch Ozeane. Einige bestehen aus Salzwasser, andere aus Milch, wieder andere aus Alkohol, Butterfett oder Öl. So sind auch die Gebirge der einzelnen Planeten und die Atmosphären, von denen die Planeten umgeben sind, von unterschiedlichster Art.

Krsna ließ all diese Planeten hinter Sich und erreichte die Umhüllung des Universums. Diese Umhüllung wird im Srimad-Bhagavatam als "große Dunkelheit" beschrieben. Die ganze materielle Welt wird als Ort der Dunkelheit beschrieben. Der offene Weltraum wird zwar von den Strahlen der Sonne erhellt, doch in der Umhüllung ist es völlig dunkel, weil dort kein Sonnenlicht hingelangt. Als Krsna auf die Umhüllung des Universums zufuhr, schienen die vier Pferde, die Seinen Wagen zogen - Saibya, Sugriva, Meghapuspa und Balahaka -, vor der Dunkelheit zurückzuschrecken. Daß die Pferde scheuten, ist ebenfalls ein Teil der transzendentalen Spiele Sri Krsnas, denn Seine Pferde sind nicht gewöhnliche Pferde. Wie hätten sie sonst durch das ganze Universum laufen und dann in die umhüllenden Schichten eindringen können? Ebenso wie Krsna transzendental ist, sind auch Sein Streitwagen, Seine Pferde und alles andere, was mit Ihm verbunden ist, transzendental, d.h. jenseits der Erscheinungsweisen der materiellen Welt. Wir müssen uns stets vor Augen halten, daß Krsna die Rolle eines gewöhnlichen Menschen spielte, und so spielten auch Krsnas Pferde, wie es Sein Wille war, die Rolle gewöhnlicher Pferde, als sie zögerten, in die Dunkelheit zu laufen.

Krsna ist auch als Yogesvara bekannt, wie dies am Ende der Bhagavad-gita bestätigt wird. Yogesvara hari: Alle mystischen Kräfte befinden sich unter Seiner Kontrolle. Auch heute noch gibt es Menschen, die mystische Kräfte beherrschen, und manchmal vollbringen sie eindrucksvolle Wundertaten; Krsna aber ist der Meister aller mystischen Kräfte. Deshalb schleuderte Er, als Er sah, daß Seine Pferde vor der Dunkelheit zurückschreckten, Sein Feuerrad, das Sudarsana-cakra, los, das den Raum tausendmal heller erleuchtete als das Sonnenlicht. Die Dunkelheit der Umhüllung des Universums ist ebenfalls eine Schöpfung Krsnas, und das Sudarsana-cakra ist Krsnas ständiger Begleiter. So durchdrang Krsna die Finsternis, indem Er das Sudarsana-cakra vor Sich herfliegen ließ. Das Srimad-Bhagavatam sagt an dieser Stelle, daß das Sudarsana-cakra die Dunkelheit durchdrang, genau wie ein Pfeil von Sri Ramacandras Sarnga-Bogen das Heer Ravanas durchdrang. Su bedeutet "sehr gut", und darsana bedeutet "Sicht". Dank der Gnade von Sri Krsnas Feuerrad Sudarsana kann alles sehr gut gesehen werden, und nichts bleibt in Dunkelheit. Auf diese Weise also durchquerten Krsna und Arjuna den weiten Bereich der Dunkelheit, die die materiellen Universen bedeckt.

Dann gewahrte Arjuna das strahlende Licht des brahmajyoti. Das brahmajyoti befindet sich außerhalb der Bedeckung der materiellen Universen, und da wir es mit unseren gegenwärtigen Augen nicht sehen können, wird es manchmal als avyakta bezeichnet. Diese spirituelle Ausstrahlung ist das letztliche Ziel derjenigen Unpersönlichkeitsanhänger, die man Vedantisten nennt. Eine weitere Bezeichnung für das brahmajyoti lautet ananta-param, was darauf hinweist, daß es unbegrenzt und unergründlich ist. Als Krsna und Arjuna den Bereich des brahmajyoti erreichten, mußte Arjuna die Augen schließen, weil er das gleißende Licht nicht ertragen konnte. Auf welche Weise Krsna und Arjuna das brahmajyoti erreichten, wird im Hari-vamsa geschildert. In diesem Teil der vedischen Schriften finden wir die folgenden Worte Krsnas an Arjuna: "Mein lieber Arjuna, die gleißenden Strahlen des transzendentalen Lichts, das du siehst, ist die Ausstrahlung Meines Körpers. O Oberhaupt der Nachkommen Bharatas, Ich Selbst bin das brahmajyoti." So wie der Sonnenplanet und das Sonnenlicht nicht voneinander zu trennen sind, sind auch Krsna und die Strahlen Seines Körpers, das brahmajyoti, nicht voneinander zu trennen. Dies ist der Grund, warum Krsna sagt, Er Selbst sei das brahmajyoti. Dies wird im Hari-vamsa deutlich zum Ausdruck gebracht, wo Krsna sagt: aham sah. Das brahmajyoti setzt sich aus winzigen Teilchen zusammen, den spirituellen Funken oder Lebewesen, die man auch als citkana bezeichnet. Der vedische Ausspruch so 'ham ("Ich bin das brahmajyoti") kann sich auch auf die Lebewesen beziehen, die sich ebenfalls als Teile des brahmajyoti bezeichnen können. Krsna erklärt weiter im Hari-vamsa: "Das brahmajyoti ist eine Erweiterung Meiner spirituellen Energie."

Krsna sagte zu Arjuna: "Das brahmajyoti liegt jenseits des Bereichs Meiner äußeren Energie, maya-sakti." Wenn man sich in der materiellen Welt befindet, kann man die Brahman-Ausstrahlung nicht wahrnehmen. Diese Ausstrahlung ist also in der materiellen Welt nicht manifestiert, sondern nur in der spirituellen Welt. Das ist die Erklärung des Begriffs vyakta-avyakta. In der Bhagavad-gita (8.20) heißt es: avyakto 'vyaktat sanatanah. "Beide Energien sind ewig manifestiert.“

Als nächstes begaben sich Sri Krsna und Arjuna in ein riesiges spirituelles Gewässer. Dieses spirituelle Gewässer wird Karanarnava-Ozean oder Viraja genannt, was bedeutet, daß dieser Ozean der Schöpfungsursprung der materiellen Welt ist. Im Mrtyunjaya Tantra, einer vedischen Schrift, findet sich eine ausführliche Beschreibung des Karana-Ozeans, des Viraja. Es heißt dort, daß das höchste Planetensystem in der materiellen Welt Satyaloka, oder Brahmaloka, ist und daß sich jenseits davon Rudraloka und Maha-Visnuloka befinden. Im Zusammenhang mit Maha-Visnuloka heißt es in der Brahma-samhita: yah karanarnava-,jale bhajati sma voga. "Maha-Visnu liegt auf dem Karana-Ozean. Wenn Er ausatmet, treten unzählige Universen ins Dasein, und wenn Er einatmet, gehen sie wieder in Ihn ein." Auf diese Weise wird die materielle Schöpfung hervorgebracht und wieder zurückgezogen. Als Krsna und Arjuna in das Wasser des Karana-Ozeans fuhren, schien ein heftiger Orkan transzendentaler Ausstrahlung im Anzug zu sein, und das Wasser des Ozeans war sehr aufgewühlt. Durch Sri Krsnas Gnade bekam Arjuna die einzigartige Gelegenheit, die Schönheit des Karana-Ozeans zu sehen.

Begleitet von Krsna, erblickte Arjuna im Wasser einen gewaltigen Palast, und er erblickte Tausende von Pfeilern und Säulen aus kostbaren Juwelen, die in einzigartiger Schönheit leuchteten und funkelten, so daß Arjuna bei ihrem Anblick wie gebannt war. Im Innern des Palastes sahen Krsna und Arjuna die gigantische Gestalt Anantadevas, der auch als Sesa bekannt ist. Sri Anantadeva, Sesanaga, hatte die Gestalt einer großen Schlange mit Tausenden von Köpfen, von denen jeder mit funkelnden Juwelen geschmückt war, die ein strahlendes Licht verbreiteten. Anantadeva besaß auf jedem Seiner Köpfe zwei Augen, die sehr furchterregend aussahen; Sein Körper war weiß wie der Berggipfel von Kailasa, der immer von Schnee bedeckt ist, und Sein Hals hatte, genau wie Seine Zungen, eine blaue Tönung. Auf diese Weise bekam Arjuna die Gestalt Sesanagas zu Gesicht, und auf dem weichen, weißen Körper Sesanagas lag wohlgebettet Sri Maha-Visnu. Arjuna sah die alldurchdringende und mächtige Größe Maha-Visnus, und er verstand, daß die Höchste Persönlichkeit Gottes in dieser Form als Purusottama bezeichnet wird. Sein Name lautet Purusottama, "der Beste", die Höchste Persönlichkeit Gottes, weil aus Ihm eine weitere Gestalt Visnus hervorgeht, die in der materiellen Welt als Garbhodakasayi Visnu bezeichnet wird. Purusottama, die Gestalt des Höchsten Herrn als Maha-Visnu, befindet sich jenseits der materiellen Welt. Deshalb nennt man Ihn auch Uttama. Tama bedeutet "Dunkelheit", und ut bedeutet "über" oder "transzendental". Uttama bedeutet also "über der Dunkelheit der materiellen Welt stehend". Arjuna sah auch, daß die Körpertönung Purusottamas, Maha-Visnus, dunkel war wie eine frische Wolke in der Regenzeit. Er war in wunderschöne gelbe Gewänder gekleidet. Auf Seinem Antlitz lag stets ein bezauberndes Lächeln, und Seine Augen, die den Blütenblättern von Lotosblumen glichen, waren von lieblicher Schönheit. Maha-Visnus Helm war mit kostbaren Juwelen reich verziert, und Seine prachtvollen Ohrringe unterstrichen die Schönheit Seines lockigen Haars. Maha-Visnu hatte acht Arme, die sehr lang waren und Ihm bis an die Knie reichten; Seinen Hals schmückte das Kaustubha-Juwel, und auf Seiner Brust war das Srivatsa-Zeichen zu sehen, das den Aufenthaltsort der Glücksgöttin kennzeichnet. Dazu trug der Herr eine Girlande aus Lotosblumen, die Ihm bis an die Knie reichte. Diese lange Girlande wird vaijayanti genannt.

In nächster Nähe des Herrn standen Seine persönlichen Gefährten, Nanda und Sunanda, und auch das Sudarsana-cakra in Person war anwesend. Wie in den Veden erklärt wird, besitzt der Herr unzählige Energien, und hier nun wurde Er von den Personifikationen dieser Energien umgeben. Die bedeutendsten waren: pusti, die Energie der Ernährung, sri, die Energie der Schönheit, kirti, die Energie des Ruhmes, und aja, die Energie der materiellen Schöpfung. All diese Energien sind den Verwaltern der materiellen Welt, nämlich Brahma, Siva und Visnu, und den Königen der himmlischen Planeten, wie Indra, Candra, Varuna und dem Sonnengott, verliehen worden. Mit anderen Worten, all diese Halbgötter, die vom Herrn mit bestimmten Energien ermächtigt worden sind, beschäftigen sich im transzendentalen liebevollen Dienst der Höchsten Persönlichkeit Gottes. Die Form Maha-Visnus ist eine Erweiterung von Krsnas Körper. Dies bestätigt auch die Brahma-samhita, wo erklärt wird, daß Maha-Visnu ein Teil einer vollständigen Erweiterung Krsnas ist. All diese Erweiterungen sind von der Persönlichkeit Gottes nicht verschieden, aber weil Krsna in der materiellen Welt erschienen ist, um Seine Spiele in der Rolle eines Menschen zu entfalten, brachten Er und Arjuna Maha-Visnu sogleich ihre Ehrerbietungen dar, indem sie sich vor Ihm verneigten. Im Srimad-Bhagavatam heißt es, daß Sri Krsna Maha-Visnu Ehrerbietungen darbrachte. Dies bedeutet, daß Er Maha-Visnu nur deshalb Ehrerbietungen darbrachte, weil Maha-Visnu nicht von Ihm Selbst verschieden ist. Daß Krsna Maha-Visnu Ehrerbietungen darbrachte, hat jedoch nichts mit der Art der Verehrung zu tun, die als ahangraha-upasana bekannt ist und die den Menschen empfohlen wird, die versuchen, sich selbst durch das Opfer des Wissens in die spirituelle Welt zu erheben. Dies wird ebenfalls in der Bhagavad-gita erklärt: jnana-yajnena capy anye yajanto mam upasate.

Für Krsna bestand eigentlich keine Notwendigkeit, Maha-Visnu Ehrerbietungen darzubringen, doch weil Er der höchste Lehrer ist, wollte Er Arjuna zeigen, wie man Maha-Visnu Ehre erweisen muß. Arjuna jedoch wurde von großer Furcht erfüllt, als er diese gigantische Form der Gesamtheit alles Existierenden sah, die sich mit nichts in der materiellen Welt vergleichen läßt. Als Arjuna sah, wie Krsna Maha-Visnu Ehrerbietungen darbrachte, folgte er sogleich Seinem Beispiel und stand sodann mit gefalteten Händen vor dem Herrn. Maha-Visnu war sehr erfreut, und mit wohlwollendem Lächeln sagte Er in Seiner gigantischen Gestalt: "Mein lieber Krsna und Mein lieber Arjuna, Ich habe Mich sehr danach gesehnt, euch zu sehen, und deshalb entführte Ich die Kinder des brahmana und behielt sie hier. So hoffte Ich, daß ihr zu Meinem Palast kommen würdet. Ihr seid als Meine Inkarnationen in der materiellen Welt erschienen, um die Macht der Dämonen zu verringern, die auf der Welt lastete. Da ihr nun diese unerwünschten Dämonen alle getötet habt, bitte Ich euch, wieder zu Mir zurückzukehren. Ihr beide seid Inkarnationen des großen Weisen Nara-Narayana. Obwohl ihr in euch selbst vollkommen seid, lehrt ihr die grundlegenden Prinzipien wahrer Religion, um die Gottgeweihten zu beschützen, die Dämonen zu vernichten und vor allem um die religiösen Prinzipien wieder einzuführen, so daß die Menschen der Welt eurem Beispiel folgen können, um so ein friedvolles und glückliches Leben zu erlangen."

Schließlich erwiesen Sri Krsna und Arjuna Maha-Visnu noch einmal ihre Ehrerbietungen, nahmen die Kinder des brahmana mit sich und kehrten auf dem gleichen Wege, auf dem sie in die spirituelle Welt gekommen waren, nach Dvaraka zurück. Dort angekommen, begaben sich Krsna und Arjuna zum brahmana und übergaben ihm seine Söhne, die mittlerweile alle groß geworden waren.

Arjuna jedoch erinnerte sich voller Verwunderung an seinen Besuch in der transzendentalen Welt, den er nur der Gnade Sri Krsnas zu verdanken hatte. Und durch Krsnas Gnade konnte er auch verstehen, daß alles Wunderbare, was es in der materiellen Welt gibt, nichts anderes als eine Erweiterung des Herrn ist. Jeglicher Wohlstand, den ein Mensch in der materiellen Welt sein eigen nennt, ist Krsnas Barmherzigkeit zu verdanken. Deshalb sollten wir immer im Krsna-Bewußtsein verankert sein und Sri Krsna all unsere Dankbarkeit zeigen, denn alles, was wir besitzen, ist Seine Barmherzigkeit.

Arjunas wundervolles Erlebnis, das ihm durch Krsnas Gnade zukam, war eines der vielen Tausende von Spielen, die Krsna während Seines Aufenthaltes in der materiellen Welt offenbarte. Seine Spiele waren alle einzigartig und finden in der Weltgeschichte nicht ihresgleichen. Obwohl sie eindeutig bewiesen, daß Krsna die Höchste Persönlichkeit Gottes ist, verhielt Er Sich während Seines Erscheinens auf der Erde wie ein gewöhnlicher Mensch, der vielen weltlichen Pflichten nachkommen muß. Er spielte die Rolle eines vorbildlichen Haushälters, und obwohl Er mehr als 16.000 Frauen, 16.000 Paläste und 160.000 Kinder hatte, brachte Er viele Opfer dar, um den königlichen Stand zu lehren, wie man in der materiellen Welt zum Wohl der Menschheit leben muß. Als die vollkommene, höchste Persönlichkeit erfüllte Er die Wünsche eines jeden, angefangen mit den brahmanas, den erhabensten Persönlichkeiten in der Gesellschaft, bis hinunter zu den gewöhnlichen Lebewesen und den niedrigsten der Menschen. So wie es König Indra obliegt, über der ganzen Welt Regen niedergehen zu lassen, um jedes Lebewesen zu erfreuen, so erfreut Sri Krsna Seinerseits jedes Lebewesen, indem Er überall Seine grundlose Barmherzigkeit verteilt. Seine Mission bestand darin, die Gottgeweihten zu beschützen und die dämonischen Könige zu vernichten, und so tötete Er Tausende und Abertausende von Dämonen. Einige tötete Er persönlich, und andere wurden von Arjuna getötet, den Er dazu beauftragte. Gleichzeitig überantwortete Er vielen frommen Königen, wie beispielsweise Yudhisthira, die Regelung des Weltgeschehens. Durch Seinen göttlichen Willen setzte Er die Regierung König Yudhisthiras ein, und so herrschte überall Ruhe und Frieden.

Hiermit enden die Bhaktivedanta-Erläuterungen zum 88. Kapitel des Krsna-Buches: "Die unvergleichliche Macht Sri Krsnas".