88. Kapitel: Die unvergleichliche
Macht Sri Krsnas
Vor langer, langer Zeit einmal fand
am Ufer des
Flusses Sarasvati eine Zusammenkunft berühmter Weiser
statt, die dort ein
großes Opfer namens satra-yajna
durchführten. Bei solchen Versammlungen
erörtern die
Weisen für
gewöhnlich vedisches
Wissen und
philosophische Fragen. Bei diesem Treffen nun erhob sich
folgende Frage: Die
drei führenden Gottheiten der
materiellen Welt - Brahma, Visnu und Siva - lenken alle
Geschehnisse im Kosmos. Wer von
ihnen aber ist der
Höchste? Nachdem diese Frage lange
diskutiert worden
war, wurde der große Weise Bhrgu,
der Sohn Brahmas,
beauftragt, alle drei herrschenden Gottheiten auf die Probe
zu stellen und den
versammelten Weisen dann zu
berichten, wer von den dreien der Größte sei.
Mit diesem Auftrag begab sich der große Weise Bhrgu
Muni als erstes
zur Residenz
seines Vaters auf
Brahmaloka. Die drei genannten
Gottheiten sind die
Beherrscher der drei
materiellen Erscheinungsweisen,
nämlich Unwissenheit, Leidenschaft und
Tugend. Der
Plan, für den sich die Weisen entschlossen hatten, sah vor,
daß Bhrgu Muni
feststellen sollte, welche
der drei
herrschenden Gottheiten die Eigenschaft
der Tugend in
Vollkommenheit besitze. Als Bhrgu Muni
vor seinen
Vater Brahma trat, unterließ er es
daher absichtlich, ihm
Achtung zu erweisen, indem er ihm weder Ehrerbietungen
noch Gebete darbrachte. Er wollte so prüfen, ob Brahma
die Eigenschaft der Tugend besitze.
Ein Sohn wie auch
ein Schüler hat die Pflicht, wenn
er sich seinem Vater
oder seinem
spirituellen Meister
nähert, ihm
Ehrerbietungen zu erweisen und Gebete
zu sprechen.
Bhrgu Muni jedoch unterließ es absichtlich, Brahma Ehre
zu erweisen, weil er sehen wollte, wie
Brahma auf seine
Nachlässigkeit reagieren würde. Brahma wurde wegen der
Unverschämtheit seines Sohnes sehr
zornig, wie dies
einige Merkmale an ihm deutlich
erkennen ließen. Er
dachte sogar schon daran, Bhrgu zu verfluchen, doch weil
dieser sein Sohn war, zügelte er
seinen Zorn mit großer
Intelligenz. Mit anderen Worten, obwohl
in Brahma die
Erscheinungsweise der Leidenschaft vorherrschte, hatte er
die Macht, über sie zu gebieten.
Brahmas Zorn und das
Zügeln seines Zornes werden mit
Feuer und Wasser
verglichen. Wasser wird
vom Feuer erzeugt, doch
zugleich kann Feuer mit Wasser gelöscht werden. Ebenso
wurde Brahma aufgrund des Einflusses
der Leidenschaft
sehr zornig, doch
er konnte seine
Leidenschaft
beherrschen, weil Bhrgu Muni sein Sohn war.
Nachdem Bhrgu Muni Brahma geprüft hatte, begab er
sich direkt zu dem Planeten
Kailasa, auf dem Siva lebt.
Bhrgu Muni war Sivas Bruder, und daher freute sich Siva
sehr, als er ihn kommen sah,
und stand auf, um ihn zu
umarmen. Doch als Siva auf Bhrgu
Muni zukam, wich
dieser seiner Umarmung aus. "Mein lieber Bruder", sagte
er, "du bist immer so schmutzig. Weil du
deinen Körper
mit Asche einreibst, bist du nicht
sehr sauber. Bitte
berühre mich nicht." Als Bhrgu Muni es ablehnte, seinen
Bruder zu umarmen, und sagte, Siva sei schmutzig, wurde
dieser sehr zornig auf ihn. Es
heißt, daß ein Vergehen
entweder mit dem Körper, in Gedanken oder durch Worte
begangen werden kann. Bhrgu Munis
Vergehen gegen
Brahma war ein Vergehen in Gedanken
gewesen. Sein
zweites Vergehen, das er gegen Siva beging, indem er ihm
auf verletzende Weise unreine Angewohnheiten
vorwarf,
war ein Vergehen mit
Worten. Weil in Siva die
Erscheinungsweise der Unwissenheit überwiegt,
röteten
sich ihm vor Zorn sofort die
Augen, als er Bhrgus
beleidigende Worte vernahm. In unbezähmbarer Wut hob
er seinen Dreizack, um Bhrgu Muni zu töten, doch gerade
in dem Moment warf sich Sivas Frau Parvatida zwischen.
Ihre Persönlichkeit
ist eine Mischung
der drei
Erscheinungsweisen, weshalb sie Trigunamayi genannt
wird. Hier nun rettete sie die Situation, indem sie in Siva
die Eigenschaft der Tugend weckte. Sie fiel ihrem Gemahl
zu Füßen und brachte ihn mit
sanften Worten davon ab,
Bhrgu Muni zu töten.
Nachdem Bhrgu Muni vor Sivas Zorn gerettet worden
war, begab er sich
geradewegs auf den Planeten
Svetadvipa, wo Sri Visnu auf einem Bett aus Blumen lag,
während Seine Gemahlin, die Glücksgöttin,
Ihm mit
Hingabe die Lotosfüße massierte. Als
Bhrgu Muni dort
ankam, beging er in voller Absicht
die größte Sünde,
indem er Sri Visnu durch eine körperliche Tat beleidigte.
Das erste Vergehen hatte Bhrgu Muni
mit dem Geist
begangen, das zweite mit Worten und das dritte mit dem
Körper. So wurden die Vergehen
jedesmal größer: Ein
Vergehen im Geist
wird als
einfaches Vergehen
bezeichnet; wenn das
gleiche Vergehen mit Worten
begangen wird, ist es schon schwerwiegender, und wenn
es physisch verübt wird, ist es
am schlimmsten. Somit
beging Bhrgu Muni das größte
Vergehen, als er in der
Anwesenheit der Glücksgöttin mit seinem
Fuß die Brust
des Herrn berührte. Sri Visnu jedoch,
der allbarmherzig
ist, wurde auf Bhrgu Muni nicht zornig, denn Bhrgu Muni
war ein erhabener brahmana. Einem
brahmana muß
verziehen werden, selbst wenn er
sich manchmal ein
Vergehen zuschulden kommen läßt, und Sri
Visnu gab
das vollkommene Beispiel. Es heißt
jedoch, daß die
Glücksgöttin Laksmi den brahmanas seit
jenem Vorfall
nicht mehr sehr wohlgesinnt sei,
und weil Laksmi den
brahmanas ihre Segnungen
vorenthält, sind sie für
gewöhnlich sehr arm. Als Bhrgu Muni
Sri Visnus Brust
mit seinem Fuß berührte, bedeutete
dies zweifellos ein
großes Vergehen; doch Sri Visnu ist so großmütig, daß Er
es ihm nicht übelnahm. Die
sogenannten brahmanas des
Kali-yuga sind manchmal sehr stolz
darauf, daß sie mit
ihren Füßen die Brust Sri Visnus berühren können; doch
als Bhrgu Muni Sri Visnus Brust mit
dem Fuß berührte,
war es etwas ganz anderes, denn obwohl dies das größte
Vergehen darstellte, nahm es ihm Sri
Visnu in Seiner
Großmut nicht übel.
Statt zornig zu werden oder Bhrgu Muni zu verfluchen,
erhob Sich Sri Visnu sogleich zusammen mit Seiner Frau,
der Glücksgöttin, von Seiner Ruhestatt
und brachte dem
brahmana achtungsvolle Ehrerbietungen dar. Dann sprach
Er zu Bhrgu Muni: "Mein lieber
brahmana, es ist für
Mich eine große Segnung, daß du hierhergekommen bist.
Bitte nimm deshalb für einige Minuten auf diesem Kissen
Platz. Mein lieber brahmana, es tut Mir leid, daß Ich dich
nicht gleich bei deiner Ankunft richtig empfangen konnte.
Dieses Versäumnis ist ein großes
Vergehen Meinerseits,
und Ich bitte dich, Mir zu vergeben. Du bist so rein und
erhaben, daß das Wasser, mit dem deine Füße gewaschen
werden, selbst die Pilgerorte läutern
kann. Ich bitte dich
daher, auch diesen Vaikuntha-Planeten zu
läutern, auf
dem Ich mit Meinen Gefährten lebe. Mein lieber Vater, o
großer Weiser, Ich weiß, daß deine
Füße sanft wie
Lotosblumen sind, und daß Meine Brust dagegen hart wie
ein Blitzschlag ist. Ich befürchte,
es könnte dir Schmerz
bereitet haben, als du Meine Brust
mit deinen Füßen
berührtest. Erlaube Mir deshalb, deine Füße zu berühren,
um deine Schmerzen zu lindern."
Alsdann begann Sri
Visnu, Bhrgu Munis Füße zu massieren.
Der Herr sagte weiter zu Bhrgu
Muni: "Mein lieber
Herr, Meine Brust ist nun durch
die Berührung deiner
Füße geheiligt worden, und so bin Ich Mir sicher, daß die
Glücksgöttin Laksmi mit
Freuden für immer an ihr
bleiben wird." Ein anderer Name
Laksmis ist Cancala,
was bedeutet, daß sie nie lange
an einem Ort verweilt.
Deshalb geschieht es, daß die
Familie eines reichen
Mannes nach einigen Generationen
plötzlich arm wird
und die Familie eines Armen
unvermittelt zu Reichtum
gelangt. Laksmi, die Glücksgöttin, ist
in der materiellen
Welt Cancala; doch auf den Vaikuntha-Planeten weilt sie
ewig bei den Lotosfüßen des Herrn.
Weil Laksmi als
Cancala bekannt ist, so deutete
Narayana an, wäre sie
vielleicht nicht für immer an Seiner Brust geblieben, doch
nun, wo Seine Brust von den Füßen Bhrgu Munis berührt
worden sei, sei sie geheiligt, und
nun bestehe keine
Möglichkeit mehr, daß die Glücksgöttin jemals fortgehen
werde. Aber Bhrgu Muni kannte seine
eigene Stellung
und die des Herrn sehr wohl,
und deshalb war seine
Verwunderung grenzenlos, als
er das Verhalten der
Höchsten Persönlichkeit Gottes sah. Vor
Dankbarkeit
gegenüber solcher Großmut versagte ihm die Stimme, und
er war außerstande, dem Herrn etwas zu erwidern. Tränen
strömten aus seinen
Augen. Er konnte kein
Wort
hervorbringen, und so stand er
einfach stumm vor dem
Herrn.
Als Bhrgu Muni auf diese Weise Brahma, Siva und Sri
Visnu geprüft hatte, kehrte er zur
Versammlung der
großen Weisen am Ufer
der Sarasvati zurück und
berichtete über seine Erlebnisse. Nachdem die Weisen ihn
mit großer Aufmerksamkeit angehört hatten, gelangten sie
zu dem Schluß, daß Visnu Sich
von allen herrschenden
Gottheiten im höchsten Maße in der
Erscheinungsweise
der Tugend befinde. Im
Srimad-Bhagavatam werden
diese großen Weisen als brahma-vadinam
bezeichnet.
Brahma-vadinam bezieht sich auf
diejenigen, die zwar
über die Absolute Wahrheit sprechen, aber noch nicht zu
einer Schlußfolgerung gekommen sind. Für
gewöhnlich
wird das Wort
brahma-vadi für
die Unpersönlichkeitsphilosophen und für diejenigen,
die sich dem
Studium der Veden widmen, gebraucht.
Man kann also
davon ausgehen, daß all die
versammelten Weisen ein
ernsthaftes Studium der vedischen
Schriften betrieben,
daß sie aber noch nicht endgültig erkannt hatten, wer die
Höchste Absolute Persönlichkeit Gottes ist.
Nachdem die Weisen von Bhrgu Munis
Begegnungen
mit den drei herrschenden Gottheiten - Siva, Brahma und
Visnu - gehört hatten, kamen sie zu dem Schluß, daß Sri
Visnu die Höchste Wahrheit, die
Persönlichkeit Gottes,
ist. Das Srimad-Bhagavatam beschreibt,
daß die Weisen
sehr staunten, als sie hörten, wie Brahma und Siva sofort
zornig geworden waren, während Sri Visnu,
obwohl Er
von Bhrgu Muni getreten worden war, nicht die geringste
Erregung gezeigt hatte. Hier paßt das Beispiel, daß kleine
Lampen schon beim
geringsten Luftzug zu flackern
beginnen, wohingegen die größte Lampe, die größte aller
Lichtquellen, die
Sonne, sich nicht
einmal beim
schwersten Sturm bewegt. Man kann
die Größe einer
Person an ihrer Fähigkeit erkennen,
Provokationen zu
erdulden. Die Weisen, die sich am
Ufer der Sarasvati
versammelt hatten, kamen zu dem Schluß, daß jeder, der
wahren Frieden und wahre Freiheit
von aller Furcht
ersehnt, bei den Lotosfüßen Sri Visnus
Zuflucht suchen
müsse. Wenn Brahma und
Siva schon bei einer
geringfügigen Provokation ihren Gleichmut verloren, wie
könnten sie dann
ihren Geweihten
Frieden und
Ausgeglichenheit gewähren? In bezug auf
Sri Visnu
jedoch erklärt die Bhagavad-gita, daß
jeder, der Visnu,
oder Sri Krsna, als den höchsten
Freund anerkennt, die
höchste Vollkommenheit
eines friedvollen Lebens
erreicht.
So gelangten die Weisen zu der
Erkenntnis, daß man
durch das Befolgen der Prinzipien
des Vaisnava-dharma
wahrhaft vollkommen wird. Wenn man
hingegen allen
religiösen Prinzipien einer bestimmten
Glaubensrichtung
nachkommt, ohne dabei Fortschritte in der Erkenntnis der
Höchsten Persönlichkeit Gottes Visnu zu machen, sind all
diese Anstrengungen vergeblich.
Das Befolgen von
religiösen Prinzipien muß
einen auf die Ebene des
vollkommenen Wissens führen, und wenn man die Ebene
vollkommenen Wissens erreicht hat,
verliert man jedes
Interesse an materiellen Angelegenheiten. Vollkommenes
Wissen bedeutet, sowohl sich selbst als auch das höchste
Selbst zu kennen. Die höchste Seele und die individuelle
Seele sind qualitativ
eins, doch quantitativ
sind sie
voneinander verschieden. Dieses analytische
Verständnis
ist vollkommenes Wissen. Einfach nur zu verstehen: "Ich
bin nicht Materie; ich bin von spiritueller Natur", ist noch
kein vollkommenes Wissen. Das wahre
religiöse Prinzip
ist hingebungsvoller Dienst, bhakti. Dies
wird in der
Bhagavad-gita bestätigt, wo Sri Krsna
sagt: "Gib alle
Arten von religiösen Prinzipien auf,
und ergib dich einfach Mir." Daher läßt sich der Begriff dharma nur auf den
Vaisnava-dharma oder
bhagavata-dharma anwenden,
durch dessen Befolgung man alle
guten Eigenschaften
und Errungenschaften des Lebens wie von selbst erhält.
Das höchste und vollkommene Wissen
besteht darin,
den Höchsten Herrn zu kennen. Der
Herr kann durch
keinen anderen religiösen Vorgang erkannt
werden als
durch hingebungsvollen Dienst. Somit ist
vollkommenes
Wissen das unmittelbare Ergebnis des
hingebungsvollen
Dienstes. Wenn man solches Wissen
erlangt hat, verliert
man all sein Interesse an der
materiellen Welt. Dies geschieht jedoch nicht
durch trockene philosophische
Spekulation. Die Gottgeweihten verlieren ihr Interesse an
der materiellen Welt
nicht durch rein theoretische
Erkenntnis, sondern durch praktische
Erfahrung. Wenn
der Gottgeweihte die Wirkung des
Zusammenseins mit
dem Höchsten
Herrn
erfährt,
verabscheut er
natürlicherweise
den Umgang
mit sogenannter
Gesellschaft, Freundschaft und Liebe. Diese Loslösung ist
nicht künstlich, sondern beruht vielmehr
darauf, daß er
durch den Genuß transzendentaler Freuden
eine höhere
Lebensebene erreicht hat. Wenn man
sich auf dieser
Ebene des Wissens und der Loslösung
von materieller
Sinnenbefriedigung
befindet,
so
erklärt das
Srimad-Bhagavatam weiter, macht man, ohne
getrennte
Anstrengungen unternehmen zu müssen,
Fortschritte in
der Entwicklung
der acht
Vollkommenheiten des
mystischen yoga, wie
anima-siddhi, laghima-siddhi,
prapti-siddhi usw.
Das vollkommene
Beispiel ist
Maharaja Ambarisa. Er war kein mystischer yogi, sondern
ein großer Gottgeweihter; doch als
der mächtige yogi
Durvasa mit ihm einen Streit
begann, wurde er von
Maharaja Ambarisas hingebungsvoller Haltung
besiegt.
Mit anderen Worten, ein Gottgeweihter
braucht nicht
mystischen yoga zu praktizieren, um irgendwelche Kräfte
zu bekommen. Solche Kräfte stehen ihm bereits durch die
Gnade des Herrn zur Verfügung,
ebenso wie ein kleines
Kind, das seinem Vater gehorsam ist, die ganze Kraft des
Vaters hinter sich hat.
Wenn jemand als Geweihter des Herrn
berühmt wird,
vergeht sein Ruhm niemals. Sri Caitanya
stellte einst in
einem Gespräch mit Ramananda Raya die Frage: "Was ist
der größte Ruhm?" Ramananda Raya
erwiderte, daß der
vollkommene Ruhm darin besteht, als
reiner Geweihter
Sri Krsnas bekannt zu sein. Hieraus kann man schließen,
daß der visnu-dharma,
d.h. die Religion des
hingebungsvollen Dienstes der Höchsten Persönlichkeit Gottes,
für Menschen von gedankenvollem und philosophischem
Wesen bestimmt
ist. Wenn man
diese Neigung,
gedankenvoll zu sein, richtig verwendet, erreicht man die
Stufe, wo man seine
Gedanken auf die Höchste
Persönlichkeit Gottes richtet. Und wenn
man ständig an
die Höchste Persönlichkeit Gottes denkt,
wird man vom
Einfluß der verunreinigenden
Gemeinschaft mit der
materiellen Welt frei, und so findet man Frieden. Die Welt
befindet sich nur deshalb in einem
Zustand der Unruhe,
weil es der
menschlichen Gesellschaft an solchen
friedvollen Gottgeweihten fehlt.
Solange man kein
Gottgeweihter ist, kann
man nicht allen Lebewesen
gleichgesinnt sein. Ein Gottgeweihter sieht die Tiere, die
Menschen und alle anderen Lebewesen mit gleicher Sicht,
denn er weiß, daß jedes Lebewesen
ein ewiger Teil des
Höchsten Herrn ist. In der
Isopanisad wird erklärt, daß
jemand, der auf die Stufe gelangt
ist, auf der er alle
Lebewesen als gleich ansieht, niemanden
verabscheut
oder bevorzugt. Auch strebt der Gottgeweihte nicht nach
mehr Besitz, als er
benötigt. Deshalb werden die
Gottgeweihten akincana genannt, was bedeutet, daß sie in
jeder Lebenslage zufrieden
sind. Es heißt, daß ein
Gottgeweihter immer Gleichmut bewahrt, ganz gleich, ob
er sich im Himmel oder in der
Hölle befindet. Ein
Gottgeweihter ist an nichts interessiert,
was nicht mit
seinem hingebungsvollen Dienst zu tun hat. Diese Art des
Lebens ist die Stufe der höchsten
Vollkommenheit, von
der aus man in die spirituelle Welt, nach Hause, zu Gott,
zurückkehren kann.
Die Geweihten der
Höchsten
Persönlichkeit Gottes fühlen
sich insbesondere zur
Tugend, der höchsten
materiellen Erscheinungsweise,
hingezogen, und ein
qualifizierter brahmana ist der
Inbegriff dieser
Tugend. Deshalb
hält sich der
Gottgeweihte an die brahmanische Lebensstufe. Er befaßt
sich nicht gern
mit den
Erscheinungsweisen der
Leidenschaft und Unwissenheit,
obwohl auch diese
Erscheinungsweisen vom
Höchsten Herrn, Visnu,
ausgehen.
Im
Srimad-Bhagavatam
werden die
Gottgeweihten als nipuna-buddhayah
bezeichnet, was
bedeutet, daß sie die Intelligentesten unter den Menschen
sind. Unbeeinflußt von Anhaftung und
Haß, lebt der
Gottgeweihte voller Frieden
und wird nicht durch
Leidenschaft oder Unwissenheit beirrt.
An dieser Stelle mag die Frage
aufkommen, warum
sich ein Gottgeweihter zur Erscheinungsweise der Tugend
hingezogen fühlen sollte, wenn er doch transzendental zu
allen materiellen Erscheinungsweisen ist.
Die Antwort
lautet, daß
es entsprechend
den verschiedenen
Erscheinungsweisen verschiedene Arten von
Menschen
gibt. Diejenigen, die sich in der
Erscheinungsweise der
Unwissenheit befinden, bezeichnet
man als raksasas,
diejenigen in der Erscheinungsweise der Leidenschaft als
asuras und diejenigen in
der Erscheinungsweise der
Tugend als suras oder Halbgötter.
Diese drei Arten von
Menschen werden alle unter der
Aufsicht des Höchsten
Herrn von der materiellen Natur
geschaffen, doch diejenigen, die sich in der
Erscheinungsweise der Tugend
befinden, haben am ehesten die
Möglichkeit, in die
spirituelle Welt erhoben zu werden
und nach Hause, zu
Gott, zurückzukehren.
So wurden alle Weisen, die sich
am Ufer des Flusses
Sarasvati versammelt hatten, um herauszufinden, wer die
höchste herrschende Gottheit sei, von
allen Zweifeln
hinsichtlich der Verehrung Sri Visnus
befreit. Sie alle
beschäftigten sich von da an im hingebungsvollen Dienst,
erreichten somit das Ziel ihrer
Wünsche und kehrten zu
Gott zurück.
Wer den ernsthaften Wunsch hat, von aller materiellen
Verstrickung befreit zu werden, tut
gut daran, ohne zu
zögern
Sukadeva
Gosvamis Schlußfolgerung
anzunehmen,
die er
uns am
Anfang des
Srimad-Bhagavatam mitteilt. Es heißt an dieser Stelle, daß
das Hören des Srimad-Bhagavatam auf dem Weg zur Befreiung außerordentlich hilfreich ist, da
dieses Werk von
Sukadeva Gosvami gesprochen wurde. Diese
Tatsache
wird seinerseits von
Suta Gosvami bestätigt: Wenn
jemand, der ziellos in der
materiellen Welt umherirrt,
bereit ist, den nektargleichen Worten Sukadeva Gosvamis
zuzuhören, wird
er mit Sicherheit
zur richtigen
Schlußfolgerung
gelangen.
Einfach durch
hingebungsvollen Dienst für die Höchste
Persönlichkeit
Gottes wird er der ermüdenden Wanderung von Körper zu
Körper ein für alle Mal ein
Ende bereiten können. Mit
anderen Worten, durch richtiges Hören
wird man im
liebenden hingebungsvollen Dienst Sri Visnus
gefestigt
werden. Auf diese
Weise wird der
Gottgeweihte
unzweifelhaft von seiner Reise durchs
materielle Dasein
erlöst werden, und der Vorgang ist sehr einfach: Man muß
den nektargleichen Worten Gehör schenken,
die von
Sukadeva Gosvami in der Form des Srimad-Bhagavatam
gesprochen wurden.
Eine weitere wichtige
Lehre, die wir aus
dieser
Begebenheit ziehen können, ist, daß man niemals denken
sollte, die Halbgötter, selbst Brahma oder Siva, befänden
sich auf der gleichen Ebene wie Sri Visnu. Tun wir dies,
so werden wir, wie das Padma
Purana erklärt, auf der
Stelle zu Atheisten. Im
Hari-vamsa, einer anderen
vedischen Schrift, wird gesagt, daß man ausschließlich die
Höchste Persönlichkeit Gottes, Visnu,
verehren sollte.
Deshalb muß man ständig den
Hare-Krsna-maha-mantra
oder einen anderen mantra zur Verehrung Visnus chanten.
Im Zweiten Canto des Srimad-Bhagavatam sagt Brahma:
"Siva und ich erfüllen unter der
Führung der Höchsten
Persönlichkeit Gottes verschiedene Funktionen,
die uns
der Herr Selbst zugewiesen hat." Auch im Caitanya-caritamrta wird bestätigt, daß Krsna
der einzige Meister ist
und daß die
Lebewesen in den
verschiedenen
Lebensformen alle Krsnas Diener sind.
In der Bhagavad-gita wird von
Krsna, dem Höchsten
Herrn, bestätigt, daß es keine
Wahrheit über Ihm gibt.
Weil auch
Sukadeva Gosvami auf
die Tatsache
aufmerksam
machen
wollte, daß
von allen
visnu-tattva-Formen Krsna zu
hundert Prozent die
Höchste Persönlichkeit Gottes ist,
erzählte er von einer
Begebenheit, die sich ereignete, als Sri
Krsna persönlich
auf Erden gegenwärtig war.
Es begab sich einst, daß die Frau eines brahmana ein
Kind zur Welt brachte. Unglücklicherweise
jedoch starb
das Kind, gleich nachdem es bei
der Geburt den Boden
berührt hatte. Der brahmana-Vater nahm
sofort das tote
Kind und ging auf direktem Wege
nach Dvaraka zum
Palast des Königs. Er war sehr
bestürzt und erschüttert,
daß das Kind in Anwesenheit seiner
jungen Eltern einen
solch frühen Tod erleiden mußte. Früher, d.h. bis zur Zeit
von Sri Krsnas Erscheinen am Ende
des Dvapara-yuga,
als es noch verantwortungsbewußte Könige gab, konnten
dem Herrscher sogar für den
frühzeitigen Tod eines
Kindes, das in Anwesenheit seiner Eltern starb, Vorwürfe
gemacht werden. Ähnlich verhielt es
sich auch mit der
Verantwortlichkeit
des
Königs
während der
Regierungszeit Ramacandras. Wie wir im
Ersten Canto
des Srimad-Bhagavatam erklärt haben, war der König in
solchem Maße für
das Wohlergehen
der Bürger
verantwortlich, daß er sogar dafür
sorgen mußte, daß in
seinem Königreich keine übermäßige Hitze
oder Kälte
herrschte. Obwohl den König keine
Schuld traf, begab
sich der brahmana, der so früh sein Kind verloren hatte,
unverzüglich zum Tor des Palastes und klagte den König
mit folgenden Worten an: "Der
gegenwärtige König,
Ugrasena, ist den brahmanas übelgesinnt."
Das genaue
Wort, das der brahmana gebrauchte, war brahma-dvisah.
Jemand, der den Veden, einem
qualifizierten brahmana
oder der brahmana-Kaste
im allgemeinen feindlich
gesinnt ist, wird als brahma-dvit bezeichnet.
Dem König
wurde also vorgeworfen, ein brahma-dvit
zu sein. Auch
wurde er angeklagt, satha-dhi, nicht
wirklich intelligent,
zu sein. Der Führer eines Staates muß sehr intelligent sein,
um für das Wohl seiner Bürger
sorgen zu können; doch
nach der Ansicht des brahmana verfügte König Ugrasena
nicht über die geringste Intelligenz,
obwohl er auf dem
Königsthron saß. Deshalb bezeichnete er
ihn auch als
lubdha, gierig. Könige oder Staatsoberhäupter, die gierig
und selbstsüchtig sind,
sollten das hohe Amt der
Königswürde bzw. des Präsidenten nicht einnehmen. Aber
es ist nur natürlich, daß jemand,
der die Stellung eines
Staatsoberhauptes erlangt hat, selbstsüchtig wird, wenn er
an materiellem Genuß hängt. Deshalb
gebrauchte der
brahmana auch das Wort visayatmanah.
Der brahmana bezichtigte
den König auch, ein
ksatra-bandhu zu sein, womit ein Mensch gemeint ist, der
zwar in einer
ksatriya-Familie oder einem Königs-
geschlecht geboren wurde, aber nicht
die Eigenschaften
einer solchen königlichen Persönlichkeit
aufweist. Ein
König muß die brahmanische Kultur beschützen und über
das Wohl seiner Untertanen wachen; er
darf niemals aus
Anhaftung an materiellen Genuß gierig
werden. Wenn
sich jemand als
ksatriya oder
Angehöriger des
königlichen Standes ausgibt,
ohne die erforderlichen
Eigenschaften zu besitzen, wird er
nicht als ksatriya,
sondern als ksatra-bandhu
bezeichnet. Ebenso wird
jemand, der als Sohn eines brahmana
geboren wurde,
jedoch keine brahmanischen Eigenschaften
besitzt, als
brahma-bandhu oder dvija-bandhu bezeichnet.
Daraus
geht also hervor, daß man nicht
allein seiner Herkunft
wegen als brahmana oder ksatriya gelten kann. Vielmehr
muß man die für eine bestimmte
Stellung notwendigen
Voraussetzungen erfüllen; erst
dann wird man als
brahmana oder ksatriya anerkannt.
Der brahmana warf dem
König also vor, das
Neugeborene sei wegen seiner Unfähigkeit gestorben. Der
brahmana hielt den frühzeitigen Tod
seines Kindes für
höchst unnatürlich, und deshalb machte
er den König
dafür verantwortlich. In der vedischen Geschichte gibt es
auch Beispiele, wie
ksatriya-Könige unverantwortlich
handelten und wie dann ein Gremium von brahmanas, das
von der Monarchie getragen wurde,
den betreffenden
König absetzte. An all diesen Punkten wird deutlich, daß
das Königsamt zur Zeit der
vedischen Kultur ein hohes
Maß an Verantwortung mit sich brachte.
Der brahmana sagte deshalb: "Niemand
sollte einem
König, der
von
Mißgunst
durchdrungen ist,
Ehrerbietungen oder Verehrung darbringen.
Ein solcher
König verbringt seine Zeit damit, entweder im Wald Tiere
zu jagen und zu töten oder Untertanen für ihre Verbrechen
hinzurichten. Er kennt keine
Selbstbeherrschung und hat
einen üblen Charakter. Wenn die
Bürger einen solchen
König verehren oder respektieren, werden
sie niemals
glücklich sein. Sie werden in Armut
bleiben, ihr Leben
wird voller Ängste und Sorgen sein, und deshalb werden
sie stets unglücklich sein."
Zwar
hat die Politik der
Gegenwart das Königsamt abgeschafft, aber der Präsident
wird nicht für das
Wohl der Bürger verantwortlich
gemacht. Im gegenwärtigen Zeitalter, dem
Kali-yuga, ist
es üblich, daß sich jemand auf
irgendeine Weise eine
Stimmenmehrheit verschafft und so in
die hohe Stellung
des Staatsoberhauptes gelangt, während
das Leben der
Bürger, wie zuvor, voller Ängste,
Leid, Kummer und
Unzufriedenheit bleibt.
Auch das zweite Kind des brahmana kam tot zur Welt
und ebenso das dritte. Der brahmana hatte insgesamt neun
Kinder. Jedes von ihnen wurde tot geboren, und jedesmal
ging er zum Palasttor, um den König anzuklagen. Als der
brahmana zum neunten Mal kam, um
dem König von
Dvaraka Vorwürfe zu machen, waren
auch Arjuna und
Krsna zugegen. Als Arjuna hörte, wie ein brahmana den
König beschuldigte, ihn nicht gebührend
zu beschützen,
wurde er neugierig und fragte:
"Mein lieber brahmana,
wie kommst du dazu zu sagen,
es gebe keine echten
ksatriyas, die die Bürger deines Landes beschützen? Gibt
es nicht einmal jemanden, der
vorgibt, ein ksatriya zu
sein, und der Bogen und Pfeile trägt, um zumindest so zu
tun, als könne er seine Untertanen
beschützen? Oder
denkst du, daß die Männer des königlichen Geschlechts in
diesem Land allesamt ihre Zeit nur
damit zubringen,
zusammen mit den brahmanas Opfer
auszuführen, ohne
jedoch Tapferkeit und Kraft zu
besitzen?" Mit diesen
Worten wies Arjuna darauf hin, daß
sich die ksatriyas
nicht einfach nur gemütlich mit der
Durchführung von
vedischen Ritualen beschäftigen dürfen. Nein, sie müssen
mit aller Tapferkeit die Bürger
beschützen. Da sich die
brahmanas mit spirituellen Tätigkeiten beschäftigen, wird
von ihnen nicht erwartet,
daß sie physischer Arbeit
nachgehen. Sie müssen
deshalb von den ksatriyas
beschützt werden, so daß sie bei
ihren höheren Pflichten
und Tätigkeiten nicht gestört werden.
Arjuna fuhr fort: "Wenn die brahmanas wider Willen
von ihren Frauen oder von ihren Kindern getrennt werden
und die ksatriya-Könige ihnen nicht
helfen, dann sind
solche ksatriyas
nicht höher
einzuschätzen als
Schauspieler." In einem Schauspiel auf
der Bühne kann
ein Darsteller zwar die Rolle eines
Königs spielen, doch
niemand erwartet von einem solchen
unechten König
wirkliche Vorteile.
Ebenso ist ein
König oder
Staatsführer, der den Kopf des gesellschaftlichen Körpers
nicht zu schützen
vermag, nichts anderes
als ein
Schwindler. Solche
Staatsoberhäupter bekleiden ihre
hohen Ämter nur, um ihren eigenen
Lebensunterhalt zu
bestreiten. "Mein lieber Herr", fuhr
Arjuna fort, "ich
verspreche dir, daß ich deine
Kinder beschützen werde,
und sollte mir dies nicht gelingen, werde ich mich in ein
loderndes Feuer stürzen, damit die Unreinheit der Sünden,
die über mich gekommen ist, getilgt wird."
Als der brahmana diese
Worte Arjunas vernahm,
entgegnete er: "Mein lieber Arjuna, Sri
Balarama lebt
hier, doch Er konnte meine Kinder nicht beschützen, und
auch Sri Krsna weilt unter uns und
konnte ihnen keinen
Schutz bieten. Es sind auch noch
viele andere Helden
anwesend, wie Pradyumna und Aniruddha, die Bogen und
Pfeile mit sich tragen,
doch auch sie waren
nicht
imstande, meine Kinder zu beschützen."
Der brahmana
gab damit deutlich zu verstehen,
daß Arjuna nicht etwas
vollbringen könne, was für die
Höchste Persönlichkeit
Gottes unmöglich gewesen sei. Er
hatte das Gefühl,
Arjuna verspreche
etwas, was
jenseits seiner
Möglichkeiten liege. Der brahmana sagte:
"In meinen
Augen gleicht dein Versprechen dem
eines unerfahrenen
Kindes. Ich kann deinem Versprechen
keinen Glauben
schenken."
Arjuna erkannte, daß der brahmana alles Vertrauen in
die ksatriya-Könige verloren hatte. Um ihm daher wieder
Zuversicht zu geben, sprach Arjuna
in solcher Weise zu
ihm, daß es schien, als tadle
er sogar seinen Freund Sri
Krsna. In der Gegenwart von Krsna
persönlich und
einigen anderen Zuhörern wandte sich
Arjuna vor allem
gegen Krsna und sagte: "Mein lieber
brahmana, ich bin
weder Sankarsana noch Krsna, noch
einer von Krsnas
Söhnen wie Pradyumna und Aniruddha.
Mein Name ist
Arjuna, und ich trage den bekannten Gandiva-Bogen. Zu
Unrecht schmähst du mich, denn ich
zog durch meine
Kühnheit selbst Sivas Wohlgefallen auf mich. Damals, als
wir beide im Wald auf der
Jagd waren, kämpfte ich mit
Siva, der als Jäger vor mir erschienen war, und als ich ihn
mit meiner Stärke erfreute, gab er mir die Waffe, die als
pasupatastra bekannt ist. Zweifle also
nicht an meiner
Tapferkeit. Ich werde dir deine
Söhne zurückbringen,
selbst wenn ich mit dem Tod
in Person kämpfen muß."
Als der brahmana Arjunas kühne Worte hörte, ließ er sich
irgendwie überzeugen, und so kehrte
er nach Hause
zurück.
Als die Frau des brahmana wieder
ein Kind zur Welt
bringen sollte, rief der brahmana
nach Arjuna, indem er
sagte: "Mein lieber Arjuna, bitte
komm und rette mein
Kind!" Als Arjuna dies hörte,
machte er sich sogleich
bereit, indem er geweihtes Wasser
berührte und heilige
mantras sprach, um seinen Bogen und
seine Pfeile vor
Gefahr zu schützen. Er bewaffnete sich insbesondere mit
dem Pfeil, den Siva ihm geschenkt
hatte. Auf dem Weg
dachte er an Siva und dessen große Gunst, und so erschien
er mit seinem Bogen Gandiva und verschiedenen anderen
Waffen vor dem Haus des brahmana.
Es scheint, als sei Arjuna die
ganze Zeit über in
Dvaraka geblieben, weil er sein Versprechen, das er dem
brahmana gegeben hatte, erfüllen mußte.
Als die Geburt
des Kindes bevorstand und Arjuna gerufen wurde, war es
tiefe Nacht. Während Arjuna zum
Haus des brahmana
ging, um bei der Geburt zugegen
zu sein, dachte er an
Siva und nicht an seinen Freund
Krsna. Er meinte, weil
Krsna nicht imstande gewesen sei,
dem brahmana zu
helfen, sei es klüger, bei Siva Zuflucht zu suchen. Dies ist
ein weiteres Beispiel eines Menschen,
der Zuflucht bei
den Halbgöttern sucht. In der Bhagavad-gita wird erklärt,
daß ein Mensch, der aufgrund von
Gier und Lust seine
Intelligenz verliert, die Höchste
Persönlichkeit Gottes
vergißt und bei den Halbgöttern
Zuflucht sucht (kamais
tais tair hrta jnanah).
Arjuna war natürlich kein
gewöhnliches Lebewesen, doch
weil er mit Krsna
freundschaftlichen Umgang pflegte, glaubte er, Krsna sei
nicht imstande, den brahmana zu
beschützen, und es sei
besser, wenn er sich an Siva
wende. Wie sich später
jedoch herausstellen sollte,
hatte Arjuna nicht den
geringsten Erfolg damit, daß er bei
Siva statt bei Krsna
Zuflucht suchte. Arjuna jedoch tat
sein Bestes, indem er
verschiedene mantras chantete und seinen
Bogen bereit-
hielt, um das Haus des brahmana
von allen Seiten zu
schützen.
Die Frau des brahmana gebar ein männliches Kind, das
sogleich, wie es natürlich ist, zu
schreien begann. Doch
plötzlich, nach wenigen
Augenblicken, verschwanden
sowohl das Kind als auch Arjunas
Pfeile in der Luft. Es
war nämlich so, daß das Haus des brahmana in der Nähe
von Krsnas Palast lag und daß
Krsna an allem, was
geschah und sich scheinbar Seiner
Autorität widersetzte,
Seinen Spaß hatte. Er war es auch, der Arjuna den Streich
gespielt hatte, das Kind des
brahmana und die Pfeile
Arjunas - auch den Pfeil Sivas,
auf den Arjuna so stolz
war
-
verschwinden
zu
lassen. Tad
bhavaty-alpa-medhasam: Weniger Intelligente suchen aus
Verwirrung Zuflucht bei den Halbgöttern
und sind mit
den Segnungen zufrieden, die diese ihnen gewähren.
In der Gegenwart Sri Krsnas und
anderer begann der
brahmana sogleich, Arjuna anzuklagen:
"Ein jeder sehe
meine Dummheit! Ich habe den Worten Arjunas vertraut,
der ein Schwächling ist und sich auf nichts versteht außer
auf falsche Versprechungen. Wie konnte ich nur so dumm
sein, Arjuna zu glauben! Er
versprach, mein Kind zu
beschützen, obwohl selbst Pradyumna,
Aniruddha, Sri
Balarama und Sri Krsna dies nicht
vermochten. Wenn
schon diese großen Persönlichkeiten nicht
in der Lage
waren, meine Kinder zu retten, wer
könnte es dann tun?
Verwünscht sei daher
Arjuna wegen seines falschen
Versprechens, verwünscht sei
sein berühmter Bogen
Gandiva und seine
Unverschämtheit, mit
der er
behauptete, mächtiger als Sri
Balarama, Sri Krsna,
Pradyumna und Aniruddha zu sein.
Niemand vermag
mein Kind zu retten, denn es ist bereits auf einen anderen
Planeten gebracht worden. Aus reiner Torheit nur dachte
Arjuna, er könne mein Kind von einem anderen Planeten
zurückholen."
Als Arjuna so von dem brahmana verflucht worden war,
ermächtigte er sich mit einer mystischen
yoga-Kraft, die
es ihm ermöglichte, zu jedem
beliebigen Planeten zu
reisen. Auf diese Weise wollte er versuchen, das Kind des
brahmana zu finden. Wie aus dieser Aussage hervorgeht,
beherrschte Arjuna die mystische Kraft,
mit deren Hilfe
die yogis nach Belieben zu jedem Planeten reisen können.
Als erstes begab er sich zu dem Planeten Yamaloka,
auf dem Yamaraja, der Herr des
Todes, lebt. Er konnte
jedoch das Kind trotz
allen Suchens nicht finden.
Daraufhin begab er sich
sofort zum Planeten des
Himmelskönigs Indra, doch als er
das Kind auch dort
nicht finden konnte, begab er sich zum Planeten des Feuergottes, Nairrti, und von dort zum Mond. Er setzte seine
Suche auf Vayuloka und Varunaloka
fort, und als auch
dort das Kind nicht aufzufinden
war, ging er hinab zum
Planeten Rasatala, dem niedrigsten
Planetensystem im
Universum. Nachdem Arjuna all diese
Planeten bereist
hatte, begab er sich schließlich nach
Brahmaloka, wohin nicht einmal die mystischen yogis
gehen können. Arjuna besaß diese
Kraft dank Krsnas
Gnade, und so ließ er alle
himmlischen Planeten hinter
sich und suchte Brahmaloka auf. Als er das Kind jedoch
nirgends finden konnte, obwohl er
alle nur denkbaren
Planeten durchforscht hatte, wollte er
sich ins Feuer
stürzen, wie er es dem brahmana für den Fall versprochen
hatte, daß es ihm
nicht gelingen sollte,
das Kind
zurückzubringen. Sri Krsna
jedoch war Arjuna sehr
wohlgesinnt, denn Arjuna war Sein
vertrautester Freund,
und so brachte Er ihn davon
ab, sich wegen dieser
Schande ins Feuer zu
stürzen. Krsna gab ihm
zu
verstehen, daß es indirekt auch
Ihm, Krsna, schaden
würde, wenn Sein
Freund Arjuna
eine solche
Verzweiflungstat beginge. Sri Krsna konnte Arjuna davon
abbringen, indem Er ihm versicherte,
daß Er das Kind
wieder auffinden werde. Er sagte zu
Arjuna: "Begehe
nicht törichterweise Selbstmord."
Nachdem Sri Krsna so zu Arjuna gesprochen hatte, rief
Er Seinen transzendentalen Streitwagen
herbei, bestieg
ihn mit Arjuna und lenkte ihn nach Norden. Sri Krsna, die
allmächtige Höchste Persönlichkeit Gottes, hätte das Kind
natürlich ohne weiteres zurückbringen
können, doch wir
müssen stets
bedenken, daß Er
die Rolle eines
gewöhnlichen Menschen spielte. Ebenso wie ein Mensch
eine Anstrengung unternehmen muß, um
ein bestimmtes
Ergebnis zu erzielen, machte Sich auch Sri Krsna wie ein
gewöhnlicher Mensch oder wie Sein
Freund Arjuna auf
den Weg und verließ
Dvaraka, um das Kind des
brahmana zurückzuholen. Als Krsna, einem
Menschen
ähnlich, unter
den Menschen
erschien und Seine
transzendentalen Spiele entfaltete, zeigte Er deutlich, daß
keine Persönlichkeit größer ist als Er. "Gott ist groß", das
ist die Definition der Höchsten Persönlichkeit
Gottes. So
bewies Krsna, daß es
- zumindest während Seiner
Gegenwart in der
materiellen Welt -
keine größere
Persönlichkeit im Universum gab als Ihn.
Krsna fuhr mit Arjuna
nordwärts und ließ viele
Planetensysteme hinter Sich.
Im Srimad-Bhagavatam
werden diese Planetensysteme als sapta-dvipa bezeichnet.
Dvipa bedeutet "Insel". Die Planeten
werden in den
vedischen Schriften manchmal als dvipas bezeichnet. Der
Planet zum
Beispiel, auf dem
wir leben, heißt
Jambudvipa. Der Weltraum wird als
großer Ozean aus
Luft betrachtet, in dem sich viele Inseln befinden, nämlich
die Planeten. Auf jedem dieser
Planeten gibt es auch
Ozeane. Einige bestehen aus
Salzwasser, andere aus
Milch, wieder andere aus Alkohol, Butterfett oder Öl. So
sind auch die Gebirge der einzelnen
Planeten und die
Atmosphären, von denen die Planeten umgeben sind, von
unterschiedlichster Art.
Krsna ließ all diese Planeten hinter
Sich und erreichte
die Umhüllung des Universums. Diese
Umhüllung wird
im Srimad-Bhagavatam
als "große Dunkelheit"
beschrieben. Die ganze materielle Welt
wird als Ort der
Dunkelheit beschrieben. Der offene Weltraum wird zwar
von den Strahlen der
Sonne erhellt, doch in
der
Umhüllung ist es völlig dunkel, weil dort kein Sonnenlicht
hingelangt. Als Krsna auf die Umhüllung des Universums
zufuhr, schienen die vier Pferde, die Seinen Wagen zogen
- Saibya, Sugriva, Meghapuspa und
Balahaka -, vor der
Dunkelheit zurückzuschrecken. Daß die
Pferde scheuten,
ist ebenfalls ein Teil der
transzendentalen Spiele Sri
Krsnas, denn Seine Pferde sind nicht gewöhnliche Pferde.
Wie hätten sie sonst durch das
ganze Universum laufen
und dann in die
umhüllenden Schichten eindringen
können? Ebenso wie Krsna transzendental
ist, sind auch
Sein Streitwagen, Seine Pferde und alles andere, was mit
Ihm verbunden ist,
transzendental, d.h. jenseits der
Erscheinungsweisen der materiellen Welt.
Wir müssen
uns stets vor Augen halten, daß
Krsna die Rolle eines
gewöhnlichen Menschen spielte, und so
spielten auch
Krsnas Pferde, wie es
Sein Wille war, die
Rolle
gewöhnlicher Pferde, als sie zögerten,
in die Dunkelheit
zu laufen.
Krsna ist auch als Yogesvara
bekannt, wie dies am
Ende der Bhagavad-gita bestätigt wird.
Yogesvara hari:
Alle mystischen Kräfte
befinden sich unter Seiner
Kontrolle. Auch heute
noch gibt es Menschen,
die
mystische Kräfte beherrschen, und manchmal vollbringen
sie eindrucksvolle Wundertaten;
Krsna aber ist der
Meister aller mystischen Kräfte. Deshalb
schleuderte Er,
als Er sah, daß
Seine Pferde vor der
Dunkelheit
zurückschreckten, Sein Feuerrad, das
Sudarsana-cakra,
los, das den Raum tausendmal heller
erleuchtete als das
Sonnenlicht. Die
Dunkelheit der
Umhüllung des
Universums ist ebenfalls eine Schöpfung Krsnas, und das
Sudarsana-cakra ist Krsnas
ständiger Begleiter. So
durchdrang Krsna
die Finsternis,
indem Er das
Sudarsana-cakra vor
Sich herfliegen
ließ. Das
Srimad-Bhagavatam sagt an
dieser Stelle, daß das
Sudarsana-cakra die Dunkelheit durchdrang,
genau wie
ein Pfeil von Sri Ramacandras
Sarnga-Bogen das Heer
Ravanas durchdrang. Su bedeutet "sehr gut", und darsana
bedeutet "Sicht". Dank
der Gnade von Sri Krsnas
Feuerrad Sudarsana kann alles sehr
gut gesehen werden,
und nichts bleibt in Dunkelheit.
Auf diese Weise also
durchquerten Krsna und Arjuna den
weiten Bereich der
Dunkelheit, die die materiellen Universen bedeckt.
Dann gewahrte Arjuna
das strahlende Licht des
brahmajyoti. Das brahmajyoti befindet sich außerhalb der
Bedeckung der materiellen Universen, und da wir es mit
unseren gegenwärtigen Augen nicht sehen
können, wird
es manchmal als avyakta bezeichnet.
Diese spirituelle
Ausstrahlung ist
das letztliche
Ziel derjenigen
Unpersönlichkeitsanhänger, die man Vedantisten
nennt.
Eine weitere Bezeichnung für das
brahmajyoti lautet
ananta-param, was darauf hinweist, daß
es unbegrenzt
und unergründlich ist. Als Krsna und Arjuna den Bereich
des brahmajyoti erreichten, mußte Arjuna
die Augen
schließen, weil er das gleißende
Licht nicht ertragen
konnte. Auf welche
Weise Krsna und Arjuna
das
brahmajyoti erreichten, wird im
Hari-vamsa geschildert.
In diesem Teil der vedischen
Schriften finden wir die
folgenden Worte Krsnas an Arjuna: "Mein lieber Arjuna,
die gleißenden Strahlen des
transzendentalen Lichts, das
du siehst, ist die
Ausstrahlung Meines Körpers. O
Oberhaupt der Nachkommen Bharatas, Ich Selbst bin das
brahmajyoti." So
wie der
Sonnenplanet und das
Sonnenlicht nicht voneinander zu trennen sind, sind auch
Krsna und die Strahlen Seines Körpers, das brahmajyoti,
nicht voneinander zu trennen. Dies ist der Grund, warum
Krsna sagt, Er Selbst sei das
brahmajyoti. Dies wird im
Hari-vamsa deutlich zum Ausdruck
gebracht, wo Krsna
sagt: aham sah. Das brahmajyoti setzt sich aus winzigen
Teilchen zusammen,
den spirituellen
Funken oder
Lebewesen, die man auch als citkana
bezeichnet. Der
vedische Ausspruch so 'ham ("Ich
bin das brahmajyoti")
kann sich auch auf die Lebewesen
beziehen, die sich
ebenfalls als Teile des brahmajyoti
bezeichnen können.
Krsna erklärt weiter im Hari-vamsa: "Das brahmajyoti ist
eine Erweiterung Meiner spirituellen Energie."
Krsna sagte zu Arjuna: "Das
brahmajyoti liegt jenseits
des Bereichs Meiner äußeren Energie, maya-sakti." Wenn
man sich in der materiellen Welt befindet, kann man die
Brahman-Ausstrahlung
nicht
wahrnehmen. Diese
Ausstrahlung ist also
in der materiellen Welt
nicht
manifestiert, sondern nur in der spirituellen Welt. Das ist
die Erklärung des
Begriffs vyakta-avyakta. In der
Bhagavad-gita (8.20)
heißt es: avyakto
'vyaktat
sanatanah. "Beide Energien sind ewig manifestiert.“
Als nächstes begaben sich Sri Krsna und Arjuna in ein
riesiges spirituelles Gewässer. Dieses spirituelle Gewässer
wird Karanarnava-Ozean oder
Viraja genannt, was
bedeutet, daß dieser Ozean der
Schöpfungsursprung der
materiellen Welt ist.
Im Mrtyunjaya Tantra, einer
vedischen Schrift,
findet sich
eine ausführliche
Beschreibung des Karana-Ozeans, des
Viraja. Es heißt
dort, daß das höchste Planetensystem
in der materiellen
Welt Satyaloka, oder
Brahmaloka, ist und daß
sich
jenseits davon Rudraloka und
Maha-Visnuloka befinden.
Im Zusammenhang mit Maha-Visnuloka heißt
es in der
Brahma-samhita: yah
karanarnava-,jale bhajati sma
voga. "Maha-Visnu liegt auf dem
Karana-Ozean. Wenn
Er ausatmet, treten unzählige Universen
ins Dasein, und
wenn Er einatmet, gehen sie wieder in Ihn ein." Auf diese
Weise wird die materielle Schöpfung hervorgebracht und
wieder zurückgezogen. Als Krsna und
Arjuna in das
Wasser des Karana-Ozeans fuhren, schien
ein heftiger
Orkan transzendentaler Ausstrahlung im
Anzug zu sein,
und das Wasser des Ozeans war
sehr aufgewühlt. Durch
Sri Krsnas Gnade bekam
Arjuna die einzigartige
Gelegenheit, die Schönheit des Karana-Ozeans zu sehen.
Begleitet von Krsna, erblickte Arjuna im Wasser einen
gewaltigen Palast, und er erblickte Tausende von Pfeilern
und Säulen aus kostbaren Juwelen,
die in einzigartiger
Schönheit leuchteten und funkelten, so
daß Arjuna bei
ihrem Anblick wie gebannt war. Im
Innern des Palastes
sahen Krsna und
Arjuna die
gigantische Gestalt
Anantadevas, der auch
als Sesa bekannt ist.
Sri
Anantadeva, Sesanaga, hatte die Gestalt
einer großen
Schlange mit Tausenden von Köpfen, von denen jeder mit
funkelnden Juwelen geschmückt war, die
ein strahlendes
Licht verbreiteten. Anantadeva besaß auf
jedem Seiner
Köpfe zwei Augen, die sehr
furchterregend aussahen;
Sein Körper war weiß wie der Berggipfel von Kailasa, der
immer von Schnee bedeckt ist, und Sein Hals hatte, genau
wie Seine Zungen, eine blaue
Tönung. Auf diese Weise
bekam Arjuna die Gestalt Sesanagas zu Gesicht, und auf
dem weichen, weißen Körper Sesanagas lag wohlgebettet
Sri Maha-Visnu. Arjuna sah die
alldurchdringende und
mächtige Größe Maha-Visnus, und er
verstand, daß die
Höchste Persönlichkeit Gottes
in dieser Form als
Purusottama bezeichnet
wird. Sein Name
lautet
Purusottama, "der Beste",
die Höchste Persönlichkeit
Gottes, weil aus Ihm eine weitere Gestalt Visnus hervorgeht, die in der materiellen Welt
als Garbhodakasayi
Visnu bezeichnet wird. Purusottama,
die Gestalt des
Höchsten Herrn als Maha-Visnu, befindet sich jenseits der
materiellen Welt. Deshalb nennt man
Ihn auch Uttama.
Tama bedeutet "Dunkelheit", und ut bedeutet "über" oder
"transzendental". Uttama
bedeutet also
"über der
Dunkelheit der materiellen Welt stehend".
Arjuna sah
auch, daß die Körpertönung Purusottamas, Maha-Visnus,
dunkel war wie eine frische Wolke
in der Regenzeit. Er
war in wunderschöne gelbe Gewänder
gekleidet. Auf
Seinem Antlitz lag stets ein
bezauberndes Lächeln, und
Seine Augen, die den Blütenblättern
von Lotosblumen
glichen, waren von lieblicher Schönheit.
Maha-Visnus
Helm war mit kostbaren Juwelen reich verziert, und Seine
prachtvollen Ohrringe unterstrichen die Schönheit Seines
lockigen Haars. Maha-Visnu hatte acht
Arme, die sehr
lang waren und Ihm bis an die Knie reichten; Seinen Hals
schmückte das Kaustubha-Juwel, und auf
Seiner Brust
war das Srivatsa-Zeichen zu sehen, das den Aufenthaltsort
der Glücksgöttin kennzeichnet. Dazu trug
der Herr eine
Girlande aus Lotosblumen, die Ihm
bis an die Knie
reichte. Diese lange Girlande wird vaijayanti genannt.
In nächster Nähe des Herrn standen Seine persönlichen
Gefährten, Nanda
und Sunanda, und
auch das
Sudarsana-cakra in Person war anwesend.
Wie in den
Veden erklärt wird, besitzt der
Herr unzählige Energien,
und hier nun wurde Er von den
Personifikationen dieser
Energien umgeben. Die bedeutendsten
waren: pusti, die
Energie der Ernährung, sri, die
Energie der Schönheit,
kirti, die Energie des Ruhmes, und
aja, die Energie der
materiellen Schöpfung. All
diese Energien sind den
Verwaltern der materiellen Welt, nämlich
Brahma, Siva
und Visnu, und den Königen der
himmlischen Planeten,
wie Indra, Candra, Varuna und dem Sonnengott, verliehen
worden. Mit anderen Worten, all
diese Halbgötter, die
vom Herrn mit bestimmten Energien
ermächtigt worden
sind, beschäftigen sich im
transzendentalen liebevollen
Dienst der Höchsten Persönlichkeit
Gottes. Die Form
Maha-Visnus ist eine Erweiterung von
Krsnas Körper.
Dies bestätigt auch die Brahma-samhita, wo erklärt wird,
daß Maha-Visnu ein Teil einer vollständigen Erweiterung
Krsnas ist. All diese
Erweiterungen sind von der
Persönlichkeit Gottes nicht verschieden,
aber weil Krsna
in der materiellen Welt erschienen ist, um Seine Spiele in
der Rolle eines Menschen zu
entfalten, brachten Er und
Arjuna Maha-Visnu sogleich ihre
Ehrerbietungen dar,
indem sie
sich vor
Ihm
verneigten. Im
Srimad-Bhagavatam heißt es, daß
Sri Krsna Maha-Visnu Ehrerbietungen darbrachte.
Dies bedeutet,
daß Er Maha-Visnu
nur deshalb
Ehrerbietungen darbrachte, weil Maha-Visnu
nicht von
Ihm Selbst verschieden
ist. Daß Krsna Maha-Visnu
Ehrerbietungen darbrachte, hat jedoch
nichts mit der Art
der Verehrung zu tun, die als ahangraha-upasana bekannt
ist und die den Menschen empfohlen wird, die versuchen,
sich selbst
durch das Opfer des Wissens in die spirituelle Welt zu
erheben. Dies wird ebenfalls in der Bhagavad-gita erklärt:
jnana-yajnena capy anye yajanto mam upasate.
Für Krsna bestand eigentlich keine
Notwendigkeit,
Maha-Visnu Ehrerbietungen darzubringen, doch
weil Er
der höchste Lehrer ist, wollte Er Arjuna zeigen, wie man
Maha-Visnu Ehre erweisen muß. Arjuna
jedoch wurde
von großer Furcht erfüllt, als er
diese gigantische Form
der Gesamtheit alles Existierenden sah, die sich mit nichts
in der materiellen Welt vergleichen läßt. Als Arjuna sah,
wie Krsna Maha-Visnu Ehrerbietungen darbrachte, folgte
er sogleich Seinem
Beispiel und stand
sodann mit
gefalteten Händen vor dem Herrn.
Maha-Visnu war sehr
erfreut, und mit wohlwollendem Lächeln
sagte Er in
Seiner gigantischen Gestalt: "Mein lieber Krsna und Mein
lieber Arjuna, Ich habe Mich sehr
danach gesehnt, euch
zu sehen, und deshalb entführte Ich
die Kinder des
brahmana und behielt sie hier. So
hoffte Ich, daß ihr zu
Meinem Palast kommen würdet. Ihr
seid als Meine
Inkarnationen in der materiellen Welt erschienen, um die
Macht der Dämonen zu verringern,
die auf der Welt
lastete. Da ihr nun diese
unerwünschten Dämonen alle
getötet habt,
bitte Ich
euch, wieder
zu Mir
zurückzukehren. Ihr beide seid Inkarnationen des
großen
Weisen Nara-Narayana. Obwohl
ihr in euch selbst
vollkommen seid, lehrt ihr die
grundlegenden Prinzipien
wahrer Religion, um die Gottgeweihten zu beschützen, die
Dämonen zu vernichten und vor allem um die religiösen
Prinzipien wieder einzuführen, so daß
die Menschen der
Welt eurem Beispiel folgen können, um so ein friedvolles
und glückliches Leben zu erlangen."
Schließlich erwiesen Sri Krsna und Arjuna Maha-Visnu
noch einmal ihre Ehrerbietungen, nahmen die Kinder des
brahmana mit sich und kehrten auf
dem gleichen Wege,
auf dem sie in die spirituelle Welt gekommen waren, nach
Dvaraka zurück. Dort angekommen, begaben
sich Krsna
und Arjuna zum brahmana und
übergaben ihm seine
Söhne, die mittlerweile alle groß geworden waren.
Arjuna jedoch erinnerte sich voller
Verwunderung an
seinen Besuch in der transzendentalen
Welt, den er nur
der Gnade Sri Krsnas zu verdanken
hatte. Und durch
Krsnas Gnade konnte er
auch verstehen, daß alles
Wunderbare, was es in der
materiellen Welt gibt, nichts
anderes als eine Erweiterung des
Herrn ist. Jeglicher
Wohlstand, den ein Mensch in der
materiellen Welt sein
eigen nennt, ist Krsnas Barmherzigkeit
zu verdanken.
Deshalb sollten
wir immer im
Krsna-Bewußtsein
verankert sein und Sri Krsna all
unsere Dankbarkeit
zeigen, denn
alles, was wir
besitzen, ist Seine
Barmherzigkeit.
Arjunas wundervolles Erlebnis, das ihm
durch Krsnas
Gnade zukam, war eines der vielen Tausende von Spielen,
die Krsna während Seines Aufenthaltes in der materiellen
Welt offenbarte. Seine Spiele waren
alle einzigartig und
finden in der Weltgeschichte nicht ihresgleichen. Obwohl
sie eindeutig
bewiesen, daß
Krsna die Höchste
Persönlichkeit Gottes ist, verhielt Er Sich während Seines
Erscheinens auf der Erde wie ein
gewöhnlicher Mensch,
der vielen weltlichen Pflichten
nachkommen muß. Er
spielte die Rolle eines vorbildlichen
Haushälters, und
obwohl Er mehr als 16.000
Frauen, 16.000 Paläste und
160.000 Kinder hatte, brachte Er viele Opfer dar, um den
königlichen Stand zu lehren, wie
man in der materiellen
Welt zum Wohl der Menschheit leben muß. Als die vollkommene, höchste Persönlichkeit erfüllte Er die Wünsche
eines jeden, angefangen
mit den brahmanas, den
erhabensten Persönlichkeiten in
der Gesellschaft, bis
hinunter zu den
gewöhnlichen Lebewesen und den
niedrigsten der Menschen. So wie es König Indra obliegt,
über der ganzen Welt Regen
niedergehen zu lassen, um
jedes Lebewesen zu
erfreuen, so erfreut Sri Krsna
Seinerseits jedes Lebewesen, indem Er
überall Seine
grundlose Barmherzigkeit verteilt. Seine Mission bestand
darin, die
Gottgeweihten zu
beschützen und die
dämonischen Könige zu vernichten, und
so tötete Er
Tausende und Abertausende von Dämonen. Einige tötete
Er persönlich, und andere wurden von Arjuna getötet, den
Er dazu beauftragte. Gleichzeitig überantwortete Er vielen
frommen Königen, wie beispielsweise
Yudhisthira, die
Regelung des Weltgeschehens. Durch Seinen
göttlichen
Willen setzte Er die Regierung
König Yudhisthiras ein,
und so herrschte überall Ruhe und Frieden.
Hiermit
enden die Bhaktivedanta-Erläuterungen zum 88. Kapitel des Krsna-Buches:
"Die unvergleichliche Macht Sri Krsnas".