Photo Gallery

Die Transzendentalen Spiele Sri Krishnas
Von Seiner Heiligkeit A.C. Bhaktivedanta Swami Prabhupada

zurück - Index - weiter

83. Kapitel: Vasudevas Opferzeremonien


Unter den Frauen, die während der Sonnenfinsternis in Kuruksetra zugegen waren, befanden sich Kunti, Gandhari, Draupadi, Subhadra und die Frauen vieler anderer Könige sowie auch die gopis von Vrndavana. Als Krsnas Königinnen erzählten, wie sie vom Herrn geheiratet worden waren, gerieten die Frauen der Kuru-Dynastie in grenzenloses Erstaunen. Sie bewunderten die Liebe und die Zuneigung, mit der die Königinnen an Krsna hingen, und als sie hörten, wie stark und rückhaltlos die Liebe der Königinnen für Krsna war, traten ihnen unwillkürlich Tränen in die Augen.

Während die Frauen in ihre Gespräche vertieft waren und die Männer in die ihrigen, trafen praktisch alle bedeutenden Weisen und Asketen von überall her ein, um Krsna und Balarama zu sehen. Die berühmtesten unter ihnen waren Krsna-dvaipayana Vyasa, der große Weise Narada, Cyavana, Devala, Asita, Visvamitra, Satananda, Bharadvaja, Gautama und Sri Parasurama mit seinen Schülern; des weiteren Vasistha, Galava, Bhrgu, Pulastya, Kasyapa, Atri, Markandeya, Brhaspati, Dvita, Trita, Ekata und die vier Kumaras, die Söhne Brahmas, nämlich Sanaka, Sanandana, Sanatana und Sanat-kumara, und schließlich Angira und Agastya sowie Yajnavalkya und Vamadeva.

Bei der Ankunft der Weisen und Asketen erhoben sich alle Könige, auch Maharaja Yudhisthira, die Pandavas, Sri Krsna und Balarama, sofort von ihren Sitzen und brachten diesen im ganzen Universum verehrten Persönlichkeiten ihre Ehrerbietungen dar, indem sie sich vor ihnen verneigten. Danach wurde den Weisen ein gebührender Empfang bereitet, indem man ihnen Sitzplätze anbot und Wasser herbeibrachte, um ihnen die Füße zu waschen. Ebenso reichte man ihnen wohlschmeckende Früchte, Blumengirlanden, Räucherstäbchen und Sandelholzpaste. Daraufhin verehrten die Könige, allen voran Krsna und Balarama, die Weisen gemäß den vedischen Regeln und Vorschriften. Als die Weisen ihre bequemen Sitze eingenommen hatten, wandte Sich Sri Krsna, der zum Schutz der Religion auf die Erde gekommen war, im Namen aller Könige an die Versammelten, und sobald Er anhob zu sprechen, verstummten alle, denn sie waren gespannt, Seine Begrüßungsrede an die Weisen zu hören und zu verstehen.

Sri Krsna sprach: "Gepriesen seien die versammelten Weisen und Asketen! Wir alle spüren, daß unser Leben heute von Erfolg gekrönt wurde. Heute haben wir das ersehnte Ziel des Lebens erreicht, denn wir sehen direkt all die erhabenen und befreiten Weisen, die zu sehen sich selbst die großen Halbgötter der himmlischen Gefilde wünschen. Anfänger im hingebungsvollen Dienst, die nur der Bildgestalt im Tempel Ehrerbietungen darbringen, aber nicht erkennen können, daß der Herr im Herzen eines jeden weilt, und diejenigen, die lediglich die verschiedenen Halbgötter verehren, um sich ihre lustvollen Wünsche zu erfüllen, sind außerstande, die Bedeutsamkeit dieser Weisen zu verstehen. Sie können den Nutzen nicht erfahren, der einem zuteil wird, wenn man diese Weisen empfängt, wenn man sie mit eigenen Augen sieht, wenn man ihre Lotosfüße berührt, wenn man sich nach ihrem Wohlergehen erkundigt und wenn man sie mit aller Sorgfalt verehrt."

Anfänger im hingebungsvollen Dienst und Anhänger weltlicher Religionen können die Bedeutung der großen mahatmas nicht verstehen. Sie gehen nur der Form halber zum Tempel, um der Bildgestalt ihre Ehrerbietungen darzubringen. Derjenige jedoch, der auf die Ebene des transzendentalen Bewußtseins gelangt, erkennt die Wichtigkeit der mahatmas und der Gottgeweihten, und auf dieser Stufe versucht er als Gottgeweihter, sie zu erfreuen. Das war der Grund, weshalb Sri Krsna sagte, daß die Anfänger die Bedeutung der großen Weisen, Gottgeweihten und Asketen nicht verstehen können.

Krsna fuhr fort: "Man kann sich nicht dadurch läutern, daß man einfach nur zu den heiligen Pilgerorten reist, um dort ein Bad zu nehmen oder die transzendentalen Bildgestalten in den Tempeln zu betrachten. Hat man jedoch das Glück, einem mahatma, einem großen Gottgeweihten, der ein Repräsentant der Persönlichkeit Gottes ist, zu begegnen, wird man sogleich gereinigt. Zu dieser eigenen Läuterung geben die Schriften die Anweisung, das Feuer, die Sonne, den Mond, die Erde, das Wasser, die Luft, den Äther und den Verstand zu verehren. Wenn man all diese Elemente und die über sie gebietenden Halbgötter verehrt, kann man vom Einfluß des Neides befreit werden; doch alle Sünden eines neidischen Menschen können mit einem Mal getilgt werden, wenn dieser einfach einer großen Seele dient. O ihr verehrten Weisen und ehrwürdigen Könige, Ich sage euch, wer den materiellen Körper, der aus drei Elementen - Schleim, Galle und Luft - besteht, für das eigentliche Selbst hält, wer seine Familie und seine Verwandten als sein eigen betrachtet, wer materielle Dinge als verehrungswürdig ansieht und wer einen heiligen Pilgerort besucht, nur um dort ein Bad zu nehmen, ohne jedoch die großen Persönlichkeiten, Weisen und mahatmas aufzusuchen - eine solche Person ist selbst in der Form eines Menschen nichts anderes als ein Tier, genau wie ein Esel."

Als die höchste Autorität, Sri Krsna, mit großem Nachdruck diese Worte sprach, verharrten alle Weisen und Asketen in tiefem Schweigen. Sie staunten sehr, den Herrn so direkt und prägnant über die absolute Philosophie des Lebens sprechen zu hören. Solange man nicht wirklich im Wissen fortgeschritten ist, glaubt man irrtümlicherweise, der Körper sei das eigene Selbst, die Familienmitglieder seien mit einem verwandt und das Geburtsland sei verehrenswert. Aus dieser Lebensvorstellung ist die neuzeitliche Ideologie des Nationalismus hervorgegangen. Sri Krsna aber verurteilte derartige Auffassungen, und Er verurteilte auch die Menschen, die sich die Mühe machen, zu den heiligen Pilgerstätten zu gehen, nur um ein Bad zu nehmen und dann wieder zurückzukehren, ohne die großen Gottgeweihten und mahatmas, die dort leben, besucht zu haben. Solche Menschen werden mit dem einfältigsten Tier, dem Esel, verglichen. Alle, die Krsna zugehört hatten, dachten über Seine Worte nach und kamen zu dem Schluß, daß Sri Krsna tatsächlich die Höchste Persönlichkeit Gottes sei, die die Rolle eines gewöhnlichen Sterblichen spielte, der gezwungen ist, als Folge Seiner früheren Handlungen einen bestimmten Körper anzunehmen. Krsna spielte diese Rolle nur, um die Allgemeinheit zu lehren, wie man leben sollte, um die Bestimmung des menschlichen Lebens auf vollkommene Weise zu erfüllen.

Nachdem die Weisen zu dem Schluß gekommen waren, daß Krsna die Höchste Persönlichkeit Gottes ist, richteten sie folgende Worte an Ihn: "Lieber Herr, wir, die wir Führer der menschlichen Gesellschaft sind, sollten in der richtigen Philosophie des Lebens gefestigt sein, und doch werden wir immer wieder durch den Einfluß Deiner äußeren Energie verwirrt. Wir werden in tiefstes Erstaunen versetzt, wenn wir Dein Verhalten sehen, das dem eines gewöhnlichen Menschen gleicht und Deine wahre Identität als Höchste Persönlichkeit Gottes verbirgt. Deshalb sind wir der Ansicht, daß Deine Spiele von unendlich wunderbarer Natur sind."

"Lieber Herr, kraft Deiner Energie erschaffst, erhältst und vernichtest Du die gesamte kosmische Manifestation der verschiedenen Namen und Formen, genau wie die Erde zahllose unterschiedliche Steine und Bäume und viele andere Dinge mit den verschiedensten Namen und Formen hervorbringt und dennoch die gleiche bleibt. Doch obwohl Du durch Deine Energien eine unendliche Vielzahl von Manifestationen hervorbringst, wirst Du von diesen Vorgängen nicht berührt. Lieber Herr, wir sind verwirrt und erstaunt angesichts Deiner wunderbaren Taten. Obwohl Du, der Höchste Herr und die Überseele aller Lebewesen, transzendental zur gesamten materiellen Manifestation bist, erscheinst Du dennoch durch Deine innere Energie auf der Erde, um Deine Geweihten zu beschützen und die Gottlosen zu vernichten. Und mit Deinem Erscheinen erneuerst Du die Prinzipien der ewigen Religion, die die Menschheit aufgrund ihrer langen Verbindung mit der materiellen Energie vergessen hat. Lieber Herr, Du bist der Schöpfer der gesellschaftlichen Einteilungen und der spirituellen Lebensstufen der Menschen, die sich nach Eigenschaften und Tätigkeiten richten, und wenn diese Einrichtung von gewissenlosen Menschen mißbraucht wird, erscheinst Du und stellst die Ordnung wieder her."

"Lieber Herr, das vedische Wissen ist die Repräsentation Deines reinen Herzens. Der Vorgang der Entsagung, das Studium der Veden und die Stufen der Meditation führen zu unterschiedlichen Erkenntnissen Deiner Person in Deinen manifestierten und unmanifestierten Aspekten. Die gesamte Erscheinungswelt ist eine Manifestation Deiner unpersönlichen Energie, doch Du in Deinem ursprünglichen Aspekt als Persönlichkeit Gottes manifestierst Dich nicht in ihr. Du bist die Höchste Seele, das Höchste Brahman, und einzig die Befolger der brahmanischen Kultur können die Wahrheit über Deine transzendentale Gestalt verstehen. Daher hast Du den brahmanas gegenüber immer hohe Achtung, und daher bist Du das höchste Vorbild für alle anderen Befolger der brahmanischen Kultur. Aus diesem Grund wirst Du auch brahmanya-deva genannt. Lieber Herr, in Dir findet alles Glück die höchste Vollkommenheit, und Du bist die letztliche Zuflucht aller Heiligen; deshalb sind wir überzeugt, daß wir durch die Begegnung mit Dir die Vollkommenheit unseres Lebens, unserer Bildung, unserer Entsagung und unserer Aneignung transzendentalen Wissens erlangt haben. In der Tat bist Du das höchste Ziel aller transzendentalen Werte und Errungenschaften."

"Lieber Herr, Dein unbegrenztes Wissen kennt kein Ende. Deine Gestalt ist transzendental und existiert ewig in vollkommener Glückseligkeit und vollkommenem Wissen. Du bist die Höchste Persönlichkeit Gottes, das Höchste Brahman und die Höchste Seele. Durch Deine innere Energie, yoga-maya, verbirgst Du gegenwärtig für eine gewisse Zeit Deine unbegrenzten Kräfte, aber wir erkennen trotzdem Deine hohe Stellung und erweisen Dir deshalb unsere achtungsvollen Ehrerbietungen. Lieber Herr, Du erfreust Dich Deiner Spiele in der Rolle eines gewöhnlichen Menschen und verbirgst dabei Dein wirkliches Wesen, das voll transzendentaler Füllen ist. Deshalb können alle hier anwesenden Könige - selbst die Mitglieder der Yadu-Dynastie, die sich ständig in Deiner Gemeinschaft befinden, mit Dir essen und bei Dir sitzen - nicht erkennen, daß Du die ursprüngliche Ursache aller Ursachen, die Seele in allem und die ursprüngliche Ursache der gesamten Schöpfung bist."

"Wenn ein Mensch des Nachts träumt, hält er die halluzinatorischen Traumbilder für Realität und glaubt, der imaginäre Traumkörper sei sein wirklicher Körper. Für die Dauer des Traumes vergißt er, daß er im Wachzustand einen anderen, einen wirklichen Körper besitzt, der sich vom nichtexistenten Traumkörper unterscheidet. In ähnlicher Weise hält die verwirrte bedingte Seele auch im Wachzustand Sinnengenuß für wirkliches Glück."

"Die Befriedigung der Sinne des materiellen Körpers führt zur Bedeckung der spirituellen Seele, und dadurch wird ihr Bewußtsein materiell verunreinigt. Und genau dieses materielle Bewußtsein ist es, das es einem verunmöglicht, die Höchste Persönlichkeit Gottes, Krsna, zu verstehen. Alle großen mystischen yogis sind bestrebt, ihr Krsna-Bewußtsein durch die fortgeschrittene Ausübung des yoga-Vorgangs wiederzuerwecken, und auf diese Weise erreichen sie die Ebene, wo sie Deine Lotosfüße erkennen und über Deine transzendentale Gestalt meditieren. Auf diese Weise werden alle Reaktionen auf ihre sündhaften Tätigkeiten ausgelöscht. Man sagt, das Wasser des Ganges könne eine große Anzahl von Sünden tilgen; es ist jedoch nur ruhmvoll, weil es von Deinen Lotosfüßen kommt. Das Gangeswasser ist der Schweiß, der von Deinen Lotosfüßen ausgeht, o Herr, und wir können uns sehr glücklich schätzen, heute die Gelegenheit zu haben, Deine Lotosfüße direkt wahrnehmen zu können. Lieber Herr, wir alle sind Dir ergebene Seelen, Geweihte Deiner göttlichen Persönlichkeit. Bitte sei deshalb so gütig und erweise uns Deine grundlose Barmherzigkeit. Wir wissen sehr wohl, daß all diejenigen, die durch unablässige Betätigung in Deinem hingebungsvollen Dienst befreit worden sind, nicht mehr der Verunrei- nigung durch die Erscheinungsweisen der materiellen Natur unterworfen sind. Damit erfüllen sie die Voraussetzung, in das Königreich Gottes in der spirituellen Welt erhoben zu werden."

Nachdem die Weisen Sri Krsna ihre Gebete dargebracht hatten, wollten sie König Dhrtarastra und König Yudhisthira um die Erlaubnis bitten, zu ihren asramas zurückkehren zu dürfen. Doch da wandte sich Vasudeva, der Vater Sri Krsnas, der berühmteste aller frommen Menschen, an die Weisen und erwies ihnen mit großer Demut seine Achtung, indem er ihnen zu Füßen fiel. Vasudeva sagte: "Verehrte, erhabene Weise, ihr werdet noch mehr geehrt als die Halbgötter; deshalb bringe ich euch meine achtungsvollen Ehrerbietungen dar. Ich bitte euch, mir einen einzigen Wunsch zu erfüllen, wenn es euch so beliebt. Es wäre für mich eine große Segnung, wenn ihr so gütig wäret, mir zu erklären, welches die höchste fruchtbringende Tätigkeit ist, durch die man die Reaktionen auf alle anderen Tätigkeiten beseitigen kann."

Da der große Weise Narada der Führer aller anderen anwesenden Weisen war, ergriff er das Wort. "Meine lieben Weisen", sprach er, "Vasudeva wurde der Vater der Höchsten Persönlichkeit Gottes, weil er Krsna als seinen Sohn annahm; trotzdem ist es nicht verwunderlich, daß er sich nun aus seiner Tugend und Einfachheit heraus an uns wendet, um uns zu fragen, was das beste für ihn ist. Vertraulichkeit führt zu Geringschätzung, so lautet ein altes Sprichwort. Weil Vasudeva Krsna zum Sohn hat, begegnet er Ihm nicht voller Respekt und Ehrfurcht. Manchmal sieht man, daß Menschen, die am Gangesufer leben, den Ganges für nicht so wichtig erachten und deshalb einen weiten Weg zurücklegen, um an einem entfernten Pilgerort zu baden. Weil Sri Krsna, mit dessen Wissen sich niemand messen kann, persönlich gegenwärtig ist, gibt es für Vasudeva eigentlich keinen Grund, uns um Unterweisungen zu bitten."

"Sri Krsna wird von den Vorgängen der Schöpfung, Erhaltung und Vernichtung nicht berührt; außer Ihm Selbst gibt es nichts, was auf Sein Wissen Einfluß ausüben kann. Er unterliegt niemals der Wechselwirkung der materiellen Erscheinungsweisen, die im Laufe der Zeit alles verändern. Seine transzendentale Gestalt ist voller Wissen, das niemals durch Unwissenheit, Stolz, Anhaftung, Neid oder Sinnengenuß gestört wird. Sein Wissen ist niemals den Gesetzen des karma, die sich auf fromme und sündhafte Handlungen beziehen, unterworfen; ebenso wird es niemals von den drei Erscheinungsweisen der materiellen Energie beeinflußt. Niemand ist größer als Er, und niemand kommt Ihm gleich, denn Er ist die höchste Autorität, die Persönlichkeit Gottes. "

"Der gewöhnliche Mensch, der der materiellen Bedingtheit unterworfen ist, mag denken, die von den materiellen Sinnen, dem Geist und der Intelligenz bedeckte bedingte Seele komme Krsna gleich. In Wirklichkeit aber ist Krsna wie die Sonne, die nie von Wolken, Schnee, Nebel oder anderen Planeten bedeckt wird, auch wenn es manchmal den Anschein hat. Wenn die Sicht unintelligenter Menschen von solchen Einflüssen verdeckt wird, halten sie die Sonne für unsichtbar. Ebenso können auch Menschen, die unter dem Einfluß der Sinne stehen und dem materiellen Genuß verfallen sind, kein klares Verständnis von der Höchsten Persönlichkeit Gottes haben."

In der Gegenwart Krsnas und Balaramas und vieler anderer Könige wandten sich nun die Weisen an Vasudeva und trugen ihre Unterweisungen vor, wie er es gewünscht hatte. Sie sprachen: "Um die Reaktionen des karma, d.h. die Wünsche, durch die man zu fruchtbringenden Tätigkeiten getrieben wird, zu überwinden, muß man mit Glauben und Hingabe die vorgeschriebenen Opfer vollziehen, die zur Verehrung Sri Visnus bestimmt sind. Sri Visnu ist der Genießer der Ergebnisse aller Opferhandlungen. Die großen Persönlichkeiten und Weisen, die so viel Erfahrung haben, daß sie über alle drei Phasen der Zeit - Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft - Wissen besitzen, und diejenigen, die imstande sind, alles im klaren Licht der offenbarten Schriften zu sehen, empfehlen einmütig, daß man Sri Visnu erfreuen muß, um den Staub der materiellen Verunreinigung im Herzen fortzuwaschen und den Pfad der Befreiung zu ebnen, wodurch man transzendentale Glückseligkeit erlangt. Die Verehrung Sri Visnus, der Höchsten Persönlichkeit Gottes, der auch als Purusottama, die ursprüngliche Person, bekannt ist, wird jedem Haushälter - ob er nun zur Kaste der brahmanas, ksatriyas oder vaisyas gehöre - als der einzige glückverheißende Pfad empfohlen."

"Alle bedingten Seelen in der materiellen Welt hegen den tiefverwurzelten Wunsch, über die Reichtümer der materiellen Natur zu herrschen. Jeder hat den Wunsch, sich materielle Güter anzuhäufen, das Leben im größtmöglichen Ausmaß zu genießen, Frau, Haus und Kinder zu haben, ein glückliches Leben zu führen und schließlich im nächsten Leben auf die himmlischen Planeten erhoben zu werden. Doch diese Wünsche sind die Ursache des Gefangenseins in der materiellen Welt. Um aus dieser Gefangenschaft befreit zu werden, muß man seinen ehrlich verdienten Besitz zur Zufriedenheit Sri Visnus opfern."

"Der einzige Weg, alle materiellen Wünsche zu bezwingen, besteht darin, sich dem hingebungsvollen Dienst für Sri Visnu zu widmen. Auf diese Weise sollte ein selbstbeherrschter Mensch, selbst wenn er als Haushälter lebt, die drei Arten materieller Wünsche aufgeben, nämlich den Wunsch, materielle Güter zu besitzen, den Wunsch, sich an Frau und Kindern zu erfreuen, und den Wunsch, auf die höheren Planeten erhoben zu werden. Letzten Endes sollte er dann sein Haushälterleben aufgeben und in den Lebensstand der Entsagung treten, um sich so völlig im hingebungsvollen Dienst des Herrn zu beschäftigen. Selbst wenn man in einer der höheren Klassen, nämlich als brahmana, ksatriya oder vaisya, geboren wurde, so steht man zweifellos in der Schuld der Halbgötter, der Weisen, der Vorfahren und der anderen Lebewesen, und um diese Schuld zu begleichen, muß man Opfer darbringen, die vedischen Schriften studieren und in einem religiösen Haushälterleben Kinder zeugen. Wenn man in den Lebensstand der Entsagung tritt, ohne diese Schuld beglichen zu haben, wird man mit Sicherheit wieder von seiner Stufe herunterfallen. Heute hast du bereits deine Schuld gegenüber den Vorfahren und den Weisen getilgt. Wenn du nun bestimmte Opferzeremonien durchführst, kannst du dich auch von deiner Schuld gegenüber den Halbgöttern befreien und dann völlige Zuflucht bei der Höchsten Persönlichkeit Gottes suchen. Lieber Vasudeva, du hast in deinen früheren Leben bestimmt schon viele fromme Werke getan. Wie sonst hättest du der Vater Krsnas und Balaramas, der Höchsten Persönlichkeit Gottes, werden können?"

Nach diesen Worten brachte der heilige Vasudeva den Lotosfüßen der Weisen seine Ehrerbietungen dar, und nachdem er sie auf diese Weise erfreut hatte, bat er sie, die yajnas zu vollziehen. Als die Weisen somit als Opferpriester eingesetzt worden waren, baten sie Vasudeva, alle Dinge zu besorgen, die für die yajnas an dieser Pilgerstätte benötigt wurden. So wurde Vasudeva dazu bewegt, die Ausführung der yajnas einzuleiten. Danach nahmen alle Mitglieder der Yadu-Dynastie ein Bad, kleideten und schmückten sich prächtig und legten sich Girlanden aus Lotosblumen um den Hals, und Vasudevas Frauen, die erlesenste Kleider, Schmuckstücke und goldene Halsketten trugen, brachten in der Folge alle erforderlichen Weihegaben zur Opferstätte.

Als alles bereit war, ertönten mrdangas, Muschelhörner, Kesselpauken und andere Musikinstrumente, und dazu traten berufsmäßige Tänzer und Tänzerinnen auf. Die sutas und magadhas, die berufsmäßigen Sänger, sangen Gebete vor, und auch die Gandharvas und ihre Frauen sangen mit ihren lieblichen Stimmen viele glückverheißende Lieder. Vasudeva träufelte sich Augenwasser in die Augen, rieb sich mit Butter ein und nahm dann mit seinen achtzehn Frauen, die von Devaki angeführt wurden, vor den Priestern Platz, um sich durch die abhiseka-Zeremonie läutern zu lassen. All diese Zeremonien wurden genau nach den Anweisungen der Schriften vollzogen, so wie es früher in bezug auf den Mond und die Sterne getan wurde. Weil Vasudeva die Einweihung für dieses Opfer erhalten sollte, hatte er sich nur mit einer Hirschhaut gekleidet, doch seine Frauen trugen alle kostbare Saris, dazu Armreife, Halsketten, Fußglöckchen, Ohrringe und anderen Schmuck. Vasudeva sah inmitten seiner Frauen so schön aus wie der König des Himmels, wenn er solche Opferzeremonien durchführt.

Als Sri Krsna und Sri Balarama in Begleitung Ihrer Frauen, Söhne und Verwandten an der großen Opferstätte Platz nahmen, war sogleich zu verspüren, daß die Höchste Persönlichkeit Gottes mit all Ihren winzigen Bestandteilen, den Lebewesen, und Ihren mannigfachen Energien gegenwärtig war. Wir haben aus den sastras gehört, daß Sri Krsna zahllose Energien und Bestandteile besitzt; damals jedoch, an jener Opferstätte, konnten alle Anwesenden direkt wahrnehmen, wie der Herr, die Höchste Persönlichkeit Gottes, ewig mit Seinen verschiedenen Energien existiert. Bei diesem Ereignis erschien Sri Krsna als Narayana und Sri Balarama als Sankarsana, der Ursprung aller Lebewesen.

Vasudeva stellte Sri Visnu zufrieden, indem er verschiedene Opfer wie den jyotistoma, darsa und purnamasa durchführte. Einige dieser yajnas werden als prakrta und andere als sauryasatra oder vaikrta bezeichnet. Anschließend wurden auch die agnihotra-Opferzeremonien durchgeführt, und dabei wurden alle erforderlichen Opfergegenstände genauso dargebracht, wie es vorgeschrieben ist. Auf diese Weise wurde Sri Visnu zufriedengestellt. Das höchste Ziel aller Opferdarbringungen besteht darin, Sri Visnu zu erfreuen. Doch im gegenwärtigen Zeitalter, dem Kali-yuga, ist es äußerst schwierig, die für solche Opferzeremonien notwendigen Utensilien zu bekommen. Die Menschen haben weder die Mittel, um die erforderlichen Opfergaben zu beschaffen, noch verfügen sie über das notwendige Wissen; ja sie haben nicht einmal die Neigung, solche Opfer durchzuführen. Daher wird für das Kali-yuga, in dem die Menschen äußerst bemitleidenswert sind und von Ängsten und Leiden verschiedenster Art geplagt werden, nur ein Opfer, und zwar der sankirtana-yajna, empfohlen. Die Verehrung Sri Caitanyas durch den sankirtana-yajna ist der einzige empfohlene Vorgang für das gegenwärtige Zeitalter.

Nach Beendigung der Opferdarbringungen gab Vasudeva den Priestern viele Reichtümer und Gewänder, Schmuck, Kühe, Ländereien und Dienerinnen. Danach nahmen Vasudevas Frauen ihr avabhrtha-Bad und führten den Teil der Opferpflichten durch, die als patnisamyaja bezeichnet werden. Als diese Zeremonie mit der Darbringung aller notwendigen Gegenstände zu ihrem Ende kam, badeten sie alle gemeinsam in den Seen, die von Parasurama geschaffen wurden und als Rama-hrada bekannt sind. Nach dem Bad ließen Vasudeva und seine Frauen die Gewänder und Schmuckstücke, die sie getragen hatten, an die Untergebenen verteilen, die während des Opfers gesungen, getanzt oder andere Dienste geleistet hatten. Hier sei angemerkt, daß mit der Durchführung von Opfern unbedingt eine umfangreiche Verteilung von Gaben einhergehen muß. Zu Beginn werden den Priestern und brahmanas Spenden dargeboten, und nach dem Opfer werden den Untergebenen, die geholfen haben, die getragenen Gewänder und Schmuckstücke geschenkt.

Nachdem die Sänger und Vortragskünstler beschenkt worden waren, gaben Vasudeva und seine Frauen, die alle neue Gewänder und Schmuckstücke trugen, jedem reichlich zu essen - von den brahmanas bis hinunter zu den Hunden. Danach versammelten sich alle Freunde, Familienangehörigen, Frauen und Kinder Vasudevas und auch alle Könige und Mitglieder der Vidarbha-, Kosala-, Kuru-, Kasi-, Kekaya- und Srnjaya-Dynastie. Die Priester, die Halbgötter, die Menschen im allgemeinen, die Vorfahren, die Geister und die Caranas wurden daraufhin alle mit großzügigen Geschenken und achtungsvollen Verehrungen bedacht. Schließlich baten die Versammelten Sri Krsna, den Gemahl der Glücksgöttin, um die Erlaubnis, sich verabschieden zu dürfen, und während sie die Vollkommenheit der von Vasudeva dargebrachten Opfer priesen, machten sie sich auf den Heimweg.

Als König Dhrtarastra, Vidura, Yudhisthira, Bhima, Arjuna, Bhismadeva, Dronacarya, Kunti, Nakula, Sahadeva, Narada, Vyasadeva und viele andere Verwandte im Begriff waren aufzubrechen, wurden sie vom Gefühl der bevorstehenden Trennung überwältigt und umarmten deshalb voller Herzlichkeit jedes einzelne Mitglied der Yadu-Dynastie. Mit ihnen brachen auch viele andere Besucher auf, die der Opferzeremonie beigewohnt hatten. Nachdem sich all diese Besucher entfernt hatten, überreichten Krsna und Balarama zusammen mit König Ugrasena den Einwohnern von Vrndavana, die von Maharaja Nanda und den Kuhhirten angeführt wurden, viele Geschenke, um sie zu erfreuen und zu verehren. Und weil die Einwohner von Vrndavana und die Mitglieder der Yadu-Dynastie eine so enge Freundschaft verband, verweilten sie noch geraume Zeit gemeinsam in Kuruksetra.

Nach der erfolgreichen Durchführung dieser Opferzeremonien fühlte sich Vasudeva von solcher Zufriedenheit erfüllt, daß seine Glückseligkeit keine Grenzen kannte. Vor den Augen all seiner Familienmitglieder faßte er Nanda Maharaja bei den Händen und sprach zu ihm: "Mein lieber Bruder, die Höchste Persönlichkeit Gottes hat ein starkes Band geschaffen, das Band der Liebe und Zuneigung, und ich glaube, daß es selbst den großen Weisen und Heiligen schwerfällt, dieses Band der Liebe zu durchtrennen. Lieber Bruder, du hast mir gegenüber so viel Liebe bewiesen, wie ich sie dir in keiner Weise erwidern konnte. Ich habe daher das Gefühl, sehr undankbar zu sein. Du hast dich genauso verhalten, wie man es nur von heiligen Persönlichkeiten erwarten kann. Wie werde ich mich dir jemals erkenntlich zeigen können? Ich habe nichts, womit ich deine zuvorkommende Freundschaft vergelten könnte. Nichtsdestoweniger bin ich zuversichtlich, daß das Band der Liebe, das uns miteinander verbindet, niemals zerreißen wird. Unsere Freundschaft muß für immer bestehen bleiben, obwohl ich unfähig bin, sie dir zu vergelten. Ich kann nur hoffen, daß du mir diese Unfähigkeit verzeihst. "

"Lieber Bruder, früher, als ich im Kerker saß, konnte ich dir nie als Freund dienen, und heute, wo ich mich eines großen Reichtums erfreue, hat mich dieser Reichtum blind gemacht. So kann ich dich nicht einmal heute geziemend zufriedenstellen. Lieber Bruder, du bist so zuvorkommend und freundlich, daß du allen anderen Ehre erweist, ohne jemals für dich selbst Ehre zu erwarten. Ein Mensch, der glückverheißende Fortschritte im Leben machen will, darf nicht zuviel materiellen Wohlstand besitzen, der ihn nur blind und hochmütig macht, sondern er sollte sich um seine Freunde und Verwandten kümmern."

Als Vasudeva so zu Nanda Maharaja sprach, bewegten ihn tiefe Gefühle der Dankbarkeit für König Nandas Freundschaft und die Wohltaten, die dieser ihm erwiesen hatte. Seine Augen füllten sich mit Tränen, und er begann zu weinen. Weil Nanda Maharaja seinem Freund Vasudeva eine Freude bereiten wollte und weil er Krsna und Balarama so sehr liebte, verbrachte er drei Monate in ihrer Gemeinschaft. Als der Zeitpunkt des Abschieds nahte, wollten die Mitglieder der Yadu-Dynastie die Bewohner von Vrndavana zu ihrer vollsten Zufriedenheit erfreuen, und so gaben sie Nanda Maharaja und seinen Gefährten fürstliche Geschenke wie Gewänder und Schmuckstücke. So wurden alle vollkommen zufriedengestellt. Vasudeva, Ugrasena, Sri Krsna, Sri Balarama, Uddhava und alle anderen Mitglieder der Yadu-Dynastie überreichten Nanda Maharaja und seinen Gefährten ihre persönlichen Gaben, und mit diesen Abschiedsgeschenken gesegnet, machte sich Nanda Maharaja zusammen mit den anderen auf den Rückweg nach Vrajabhumi, Vrndavana. Ihre Gedanken blieben jedoch bei Krsna und Balarama, und so kehrten sie alle gedankenverloren nach Vrndavana zurück. Als die Mitglieder der Vrsni-Dynastie ihren scheidenden Freunden und Besuchern nachschauten, erkannten sie, daß die Regenzeit nahte, und so beschlossen sie, ebenfalls die Heimreise anzutreten. Sie waren vollkommen zufrieden, denn sie betrachteten Krsna als ihr ein und alles. Als sie nach Dvaraka zurückkehrten, sprachen sie voller Freude über Vasudevas Opferzeremonie, über das Wiedersehen mit ihren Freunden und Gönnern und über die vielen anderen Ereignisse, die sich bei ihrem Besuch der Pilgerorte ereignet hatten.

Hiermit enden die Bhaktivedanta-Erläuterungen zum 83. Kapitel des Krsna-Buches: "Vasudevas Opferzeremonien".