80. Kapitel: Sri Krsnas Segnung für
den brahmana Sudama
Sri Krsna, die Höchste
Persönlichkeit Gottes, die
Überseele aller Lebewesen, kennt das
Herz eines jeden
genau. Er ist besonders
Seinen brahmana-Geweihten
zugetan, und deshalb wird Er auch
als brahmanya-deva
bezeichnet, was bedeutet, daß Er
von den brahmanas
verehrt wird. Daraus geht hervor, daß ein Gottgeweihter,
der der Höchsten Persönlichkeit Gottes völlig ergeben ist,
bereits die Stufe eines brahmana
erreicht hat. Ohne ein
brahmana zu werden, kann man sich
dem Höchsten
Brahman, Sri Krsna, nicht nähern.
Krsna liegt besonders
viel daran, die Schwierigkeiten Seiner
Geweihten zu
beseitigen, und Er ist die einzige
Zuflucht der reinen
Gottgeweihten.
Sri Krsna verbrachte viele Stunden damit, mit Sudama
Vipra über ihre früheren gemeinsamen
Erlebnisse zu
sprechen. Nur um Sein Vergnügen in
der Gemeinschaft
Seines alten Freundes zu vergrößern,
fragte Er Sudama
lächelnd: "Lieber Freund, was hast
du Mir mitgebracht?
Hat dir deine Frau nicht irgendeine Köstlichkeit für Mich
mitgegeben?" Während Sri Krsna Seinen
Freund dies
fragte, blickte Er ihn an und
lächelte liebevoll. "Lieber
Freund", fügte Er hinzu, "du mußt Mir doch ein Geschenk
von zu Hause mitgebracht haben."
Sri Krsna wußte, daß Sudama sich
schämte, Ihm den
armseligen Flachreis zu
geben, der in Wirklichkeit
tatsächlich ungeeignet
gewesen wäre, dem
Herrn
dargebracht zu werden. Da der Herr
Sudama Vipras
Gedanken kannte, versicherte Er ihm: "Lieber Freund, es
mangelt Mir zweifellos an nichts,
doch wenn Mir Mein
Geweihter aus Liebe eine Opferung darbringt, nehme Ich
es, selbst wenn es etwas ganz
Unbedeutendes ist, mit
großer Freude an. Wenn Mir andererseits jemand, der kein
Gottgeweihter ist, etwas darbringt, nehme Ich diese Gabe
nicht gern an, und sei sie auch noch so kostbar, denn im
Grunde nehme Ich nur das an,
was Mir mit Liebe und
Hingabe geopfert wird; etwas anderes nehme Ich nicht an,
ganz gleich, wie wertvoll es sein
mag. Wenn Mir Mein
reiner Geweihter solch unbedeutende Dinge
wie eine
kleine Blume, ein Blatt oder ein
wenig Wasser anbietet,
diese Opferung jedoch
mit hingebungsvoller Liebe
durchtränkt, nehme Ich sie nicht
nur erfreut an, sondern
esse sie auch mit großem Behagen."
Sri Krsna versicherte Sudama Vipra
somit, daß es für
Ihn eine große Freude
sein würde, diesen Flachreis
entgegenzunehmen, doch
aus Verlegenheit zögerte
Sudama immer noch, dem Herrn das Geschenk zu geben.
Er sagte sich: "Wie kann ich
es wagen, Krsna etwas so
Unbedeutendes anzubieten?", und so senkte er einfach nur
den Kopf.
Sri Krsna, die Überseele, weiß alles, was in den Herzen
der Lebewesen vor sich
geht, und kennt daher
die
Entschlüsse und Wünsche eines jeden.
Deshalb war Ihm
auch der Grund für Sudama Vipras Kommen bekannt. Er
wußte, daß Sudama, durch äußere
Armut getrieben, Ihn
auf Bitten seiner Frau hin
aufgesucht hatte. Weil Er in
Sudama Seinen geliebten Schulfreund sah, wußte Er auch,
daß Sudamas freundschaftliche Liebe zu
Ihm niemals
durch ein materielles Verlangen befleckt
wurde. Krsna
dachte: "Sudama ist nicht gekommen, um Mich um etwas
zu bitten, sondern einfach nur, um seine Frau zu erfreuen,
die ihn inständig darum gebeten hat,
hierherzukommen."
Sri Krsna beschloß
deshalb, Sudama Vipra mehr
materiellen Reichtum zu geben, als sich selbst der König
des Himmels zu erträumen wagt.
Dann griff Sri Krsna nach dem kleinen Reisbündel, das
an der Schulter des armen brahmana
hing und in einer
Falte seines Übertuchs verborgen war.
Dabei sagte Er:
"Was ist das? Mein
lieber Freund, du hast
Mir ja
wunderbaren, köstlichen Flachreis gebracht!" Er ermutigte
Sudama Vipra: "Ich glaube, daß
diese Menge Reis nicht
nur Mich, sondern auch die gesamte
Schöpfung sättigen
wird." Aus dieser Bemerkung geht hervor, daß Sri Krsna,
die ursprüngliche Quelle von allem,
die Wurzel der
gesamten Schöpfung darstellt. So wie
es dem ganzen
Baum nützt, wenn man seine Wurzeln
begießt, da das
Wasser in alle Äste und Blätter des Baumes verteilt wird,
so ist auch eine Opferung für Krsna, d.h. jede Handlung,
die für Krsna getan wird,
als die höchste Wohltätigkeit
für jeden anzusehen, denn der
Nutzen einer solchen
Opferung verteilt sich auf die
ganze Schöpfung. Wenn
man Liebe zu Krsna hat, bezieht sich diese Liebe auch auf
alle Lebewesen.
Während Sri Krsna mit Sudama Vipra sprach, aß Er ein
wenig Flachreis aus dem Bündel; als Er versuchte, einen
zweiten Bissen zu nehmen, ergriff
Rukminidevi, die
Glücksgöttin, Seine Hand und sagte:
"Mein lieber Herr,
diese wenigen Reiskörner genügen schon, um denjenigen,
der sie Dir darbrachte, in diesem
Leben sehr reich zu
machen und ihm auch für sein nächstes Leben Reichtum
zu sichern. Mein Herr, Du bist
so gütig zu Deinem
Geweihten, daß schon dieser eine
Bissen Flachreis Dich
überaus erfreut,
und Deine Freude
sichert dem
Gottgeweihten sowohl in diesem als
auch im nächsten
Leben großen Reichtum." Mit anderen Worten, wenn ein
Gottgeweihter Sri Krsna mit Liebe und Hingabe etwas zu
essen opfert und wenn Krsna Sich
darüber freut und es
von ihm annimmt, so
fühlt sich Rukminidevi, die
Glücksgöttin, diesem Gottgeweihten gegenüber
so sehr
verpflichtet, daß sie persönlich in sein Haus kommt, um es
in das reichste Haus der Welt
zu verwandeln. Wenn
jemand Narayana reichlich speist, wird
damit auch die
Glücksgöttin Laksmi ein
Gast in seinem Haus, und
Wohlstand kehrt bei ihm ein. Der
gelehrte brahmana
Sudama verbrachte die Nacht in Sri
Krsnas Palast, und
während seines Aufenthaltes
fühlte er sich wie im
Königreich von Vaikuntha. Und in Wirklichkeit befand er
sich auch in Vaikuntha, denn jeder Ort, an dem Sri Krsna,
der ursprüngliche Narayana,
und Rukminidevi, die
Glücksgöttin, weilen,
ist nicht
verschieden von
Vaikunthaloka, der spirituellen Welt.
Während der weise brahmana Sudama
in Dvaraka
weilte, schien es, als würde ihm Sri Krsna kein sichtbares
Geschenk geben; aber dennoch bat Sudama den Herrn um
nichts. Am nächsten Morgen machte
er sich wieder auf
den Weg nach Hause, wobei er
ständig an den Empfang
dachte, den Krsna ihm bereitet hatte, und auf diese Weise
versank er in
tiefe transzendentale
Glückseligkeit.
Während seines ganzen
Heimweges kreisten seine
Gedanken nur um Sri Krsna, und
er war überglücklich,
den Herrn gesehen zu haben.
Der brahmana dachte
bei sich: "Was
gibt es
Freudvolleres, als Sri Krsna, der
den brahmanas so
ergeben ist, zu begegnen! Wie sehr
Er die brahmanische
Kultur liebt! Er Selbst ist das
Höchste Brahman, und
dennoch erwidert Er die Gefühle der
brahmanas. Er
achtet sie so sehr, daß Er einen armen brahmana wie mich
an Seine Brust drückt, obwohl Er sonst niemanden außer
der Glücksgöttin umarmt. Wer bin ich, ein armer sündiger
brahmana, im Vergleich mit dem
Höchsten Herrn, Sri
Krsna, der die einzige Zuflucht der Glücksgöttin ist? Und
dennoch schloß Er mich, weil Er
mich als brahmana
betrachtet,
mit
herzlicher
Freude in
Seine
transzendentalen Arme. Sri Krsna war
so gütig, daß Er
mir erlaubte, mich auf das Bett zu setzen, auf dem sonst
nur die Glücksgöttin ruht. Er behandelte mich wie Seinen
eigenen Bruder. Wie könnte ich jemals ermessen, wie ich
Ihm zu Dank verpflichtet bin? Als ich müde war, fächelte
mir Srimati Rukminidevi, die
Glücksgöttin, persönlich
Kühlung zu, wozu sie selbst den
camara-Wedel in die
Hand nahm. Sie dachte nie an ihre würdevolle Stellung als
erste Königin Sri
Krsnas. Der Herr, die
Höchste
Persönlichkeit Gottes, erwies mir
Dienste, weil Er die
brahmanas so sehr schätzt, und
indem Er mir die Beine
massierte und mir eigenhändig zu essen brachte, verehrte
Er mich geradezu! Jeder im
Universum, ob er danach
trachtet, die himmlischen Planeten zu
erreichen, oder ob
er Befreiung, materielle Güter oder
die Vollkommenheit
der mystischen
yoga-Kräfte begehrt,
verehrt die
Lotosfüße Sri Krsnas. Trotzdem war der Herr so gütig zu
mir, daß Er mir nicht einmal
eine geringe Münze gab,
denn Er weiß ganz genau, daß
ich ein armer Mann bin,
der im Fall, daß er zu etwas Geld käme, sofort hochmütig
und verrückt nach materiellem Reichtum
werden könnte
und in der Folge
Ihn, den Höchsten
Herrn, völlig
vergessen würde."
Diese Feststellung
des brahmana
Sudama ist
berechtigt. Wenn ein gewöhnlicher Mensch, der in Armut
lebt und den Herrn um materiellen Reichtum bittet, dann
tatsächlich auf irgendeine
Weise Reichtum erlangt,
vergißt er sofort seine Verpflichtung
gegenüber dem
Herrn. Deshalb gewährt der Herr
Seinem Geweihten
keinen Reichtum, es sei denn,
dieser ist völlig mittellos.
Tatsächlich ist
es sogar
so, daß
es einem
Anfänger-Gottgeweihten, der dem Herrn aufrichtig dient,
gleichzeitig aber auch materiellen Reichtum begehrt, vom
Herrn Selbst nicht erlaubt wird,
daß er diesen Reichtum
erlangt.
In solche Gedanken vertieft, näherte sich der brahmana
allmählich seinem Zuhause. Doch wie
groß war seine
Verwunderung, als er dort ankam und sah, daß sich alles
in wunderbarer Weise verändert hatte.
Dort, wo früher
einmal seine Hütte gewesen war,
standen nun riesige
Paläste aus kostbaren Edelsteinen und
Juwelen, die wie
Sonne, Mond und Feuer strahlten.
Dazu erstreckten sich
vor ihm in regelmäßigen Abständen wunderbar angelegte
Parks, in denen voller Anmut und Schönheit viele Männer
und Frauen promenierten. In diesen Parks gab es herrliche
Teiche mit Lotosblumen und Lilien, und
farbenprächtige
Vögel fanden sich in Schwärmen
zusammen. Als der
brahmana die
wundersame Veränderung
seines
Geburtshauses sah, fragte er sich: "Wie ist dieses Wunder
zu erklären, das ich hier sehe? Gehört dies alles etwa mir,
oder gehört es jemand anderem? Wenn
dies tatsächlich
derselbe Ort ist, an dem ich
früher lebte, wie kommt es
dann, daß sich alles auf so
wundervolle Weise verändert
hat?"
Während der brahmana auf diese
Weise hin und her
rätselte, trat eine Gruppe dieser
anmutigen Männer und
Frauen, die Halbgöttern glichen, auf
ihn zu, um ihn zu
begrüßen, und sie wurden von
Musikern und Sängern
begleitet, die glückverheißende Lieder
sangen. Als die
Frau des
brahmana
erfuhr, daß
ihr Mann
zurückgekommen war, kam sie hocherfreut
aus dem
Palast herbeigeeilt. Sie sah so lieblich aus, daß es schien,
als sei die
Glücksgöttin persönlich gekommen, um
Sudama zu empfangen. Als sie ihren
Gemahl erblickte,
strömten ihr Freudentränen aus den
Augen, und die
Stimme versagte ihr, so daß sie nicht einmal ein Wort der
Begrüßung hervorbrachte. So schloß sie, überwältigt von
ihren Gefühlen, einfach nur die
Augen, verneigte sich
voller Liebe und Zuneigung vor
ihrem Gemahl und
umarmte ihn in Gedanken. Eine
Halskette und anderes
Geschmeide schmückten ihre Schönheit, und
inmitten
ihrer Dienerinnen sah sie aus, als
sei sie die Frau eines
Halbgottes, die soeben ihrem Himmelsflugzeug entstiegen
war. Der brahmana war über den
bezaubernden Anblick
seiner Frau sehr erstaunt, und erfüllt von Zuneigung, ging
er wortlos mit ihr in den Palast.
Als der brahmana dann sein
persönliches Gemach im
Palast betrat, befand er sich nicht etwa in einer schlichten
Wohnung, sondern geradezu in einer
Residenz, die des
Himmelskönigs würdig gewesen wäre. Der
Palast wurde
von vielen juwelengeschmückten Säulen
umgeben. Die
Diwane und Betten bestanden aus
Elfenbein und wiesen
Gold- und Juwelenverzierungen auf, und
die Polster
waren so weiß wie der Schaum
auf der Milch und so
weich und fein
wie Lotosblüten.
Überall hingen
camara-Wedel mit goldenen Griffen, und
aus Gold bestanden auch die
vielen Thronsessel,
auf denen
lotosweiche Sitzkissen
lagen. Überall
in den
verschiedenen Gemächern hingen Baldachine
aus Samt
und Seide, die kunstvoll mit Perlenketten bestickt waren.
Das Gebäude selbst
bestand aus feinstem weißem
Marmor, in den Verzierungen aus Smaragden eingelassen
waren. Die Frauen im Palast trugen
juwelenverzierte
Lampen, deren Flammenschein sich in den Juwelen brach
und ein brillant strahlendes Licht verbreitete. Als sich der
brahmana in solchem Reichtum wiederfand
und es ihm
nicht gelang, den Grund dieser
plötzlichen Verwandlung
zu deuten, verfiel er in tiefes Nachdenken und überlegte,
wie dies alles hatte geschehen können.
Er dachte bei sich: "Von Anfang
an lebte ich in
äußerster Armut. Was kann also die
Ursache für diesen
gewaltigen und plötzlichen Wandel sein?
Ich kann keine
andere Ursache finden als den
allbarmherzigen Blick
meines Freundes, Sri
Krsnas, des Oberhauptes der
Yadu-Dynastie. Zweifelsohne ist all das,
was ich hier
sehe, eine Gabe der
grundlosen Barmherzigkeit Sri
Krsnas. Der Herr ist in Sich
Selbst zufrieden; Er ist der
Gemahl der Glücksgottin, und Er besitzt alle sechs Füllen
in Vollkommenheit. Er
kennt die Gedanken Seiner
Geweihten und
erfüllt ihnen
jeden Wunsch in
unvorstellbarem Ausmaß.
Deshalb sind all
diese
wundersamen Geschehnisse auf
meinen Freund, Sri
Krsna, zurückzuführen. Mein bezaubernder
Freund mit
der dunklen Körpertönung ist großzügiger als die Wolke,
die den riesigen Ozean mit Wasser
auffüllen kann. Weil
die Wolken den Bauern während des
Tages nicht mit
Regen stören wollen, lassen sie es
des Nachts großzügig
regnen, nur um den Bauern zu
erfreuen. Und dennoch
denkt der Bauer, wenn er am
Morgen aufwacht, es habe
nicht genug geregnet.
Ebenso erfüllt der Herr
die
Wünsche aller Lebewesen je nach ihrer Position; doch wer
nicht Krsna-bewußt ist, betrachtet die
Gaben des Herrn
immer als ungenügend. Wenn der Herr
dagegen von
Seinem Geweihten etwas Geringes mit Liebe und Hingabe
geschenkt bekommt, betrachtet Er dies
als etwas sehr
Großes und Wertvolles. Das beste Beispiel bin ich selbst:
Ich brachte Ihm nur ein wenig Flachreis, und Er gab mir
dafür mehr Reichtum, als der König
des Himmels sein
eigen nennt."
Der Herr benötigt das,
was Sein Geweihter Ihm
darbringt, im Grunde nicht, denn Er
ist in Sich Selbst
zufrieden. Wenn der Geweihte dem
Herrn etwas opfert,
wirkt sich das zu seinem eigenen Vorteil aus, denn alles,
was er dem Herrn gibt, bekommt er millionenfach zurück.
Man verliert also nichts, wenn man dem Herrn etwas gibt,
sondern gewinnt millionenfach.
Der brahmana Sudama fühlte sich Krsna sehr zu Dank
verpflichtet und dachte: "Ich bete
darum, immer Sri
Krsnas Freundschaft zu besitzen, immer in Seinem Dienst
beschäftigt zu sein und mich Ihm in Liebe und Zuneigung
völlig hingeben zu können - Leben für Leben. Ich begehre
keinen Reichtum. Mein einziger Wunsch
ist es, niemals
Seinen Dienst zu vergessen und mich
immer in der
Gemeinschaft Seiner reinen
Geweihten aufhalten zu
können. Mögen mein Geist und meine Tätigkeiten immer
Seinem Dienst geweiht sein. Die
ungeborene Höchste
Persönlichkeit Gottes, Sri Krsna, weiß,
daß schon viele
große Persönlichkeiten durch übermäßigen Reichtum von
ihrer hohen Stellung stürzten. Deshalb erlaubt es der Herr
manchmal nicht, daß Sein Geweihter Reichtum bekommt,
selbst wenn dieser Ihn darum
bittet. Der Herr kümmert
Sich achtsam um Seine Geweihten. Einem Gottgeweihten,
der im
hingebungsvollen
Dienst noch
keine
fortgeschrittene Reife erlangt hat,
gewährt Er keinen
materiellen Reichtum, denn wenn dieser
Gottgeweihte
über großen Reichtum verfügen könnte,
bestünde das
Risiko, daß er zu Fall käme, weil
er sich immer noch in
der materiellen Welt befindet. Dies
ist ebenfalls ein
Zeichen der grundlosen
Barmherzigkeit des Herrn
gegenüber Seinem Geweihten. Krsnas erstes Anliegen ist
es, Seine Geweihten vor einem Fall
zu bewahren. Er ist
wie ein wohlmeinender Vater, der Seinem unreifen Sohn
nicht viel Geld in die Hand gibt. Aber wenn dieser Sohn
dann erwachsen ist und mit Geld
umzugehen weiß, wird
er ihm sein ganzes Vermögen anvertrauen."
Der gelehrte brahmana beschloß, allen
Reichtum, den
er vom Herrn bekommen hatte, nicht für ausschweifende
Sinnenbefriedigung zu verwenden, sondern im Dienst des
Herrn einzusetzen. Er nahm den
unverhofften Reichtum
zwar an, doch er tat dies in
einer entsagungsvollen
Haltung, frei von dem Wunsch nach Sinnenbefriedigung,
und so lebte er friedlich mit seiner Frau zusammen, indem
er alle Möglichkeiten, die ihm der
Reichtum bot, als
prasadam des Herrn
entgegennahm. So kostete er
beispielsweise viele Speisen, indem er
sie zuerst dem
Herrn opferte und dann als prasadam zu sich nahm. Auch
wenn die Gnade des Herrn uns
materielle Füllen, wie
Reichtum, Ruhm, Macht, Wissen und Schönheit, gewährt,
ist es unsere Pflicht, daran zu denken, daß dies alles vom
Herrn verliehene Geschenke sind und
deshalb in Seinem
Dienst verwendet werden müssen; niemals dürfen sie für
unsere eigene Sinnenbefriedigung mißbraucht
werden.
Der gelehrte brahmana blieb stets
in dieser Stellung
verankert, und statt durch den großen Reichtum zu Fall zu
kommen, steigerte sich seine Liebe und Zuneigung zu Sri
Krsna von Tag zu Tag. Materieller
Reichtum kann zu
Entartung sowie zur Erhebung führen,
je nachdem, wie
man ihn verwendet. Wenn der Reichtum zur Befriedigung
der Sinne mißbraucht wird, führt er zur Entartung, wenn
er jedoch im Dienst des Herrn
verwendet wird, führt er
zur Erhebung.
Aus Sri Krsnas Verhalten gegenüber
Sudama Vipra
geht deutlich hervor, daß Sich die Höchste Persönlichkeit
Gottes sehr über jemanden freut,
der die brahmanischen
Eigenschaften aufweist. Ein qualifizierter
brahmana wie
Sudama Vipra ist natürlicherweise ein
Geweihter Sri
Krsnas. Deshalb heißt es: brahmano
vaisnavah - ein
brahmana ist ein Vaisnava. Und manchmal heißt es auch:
brahmanah panditah .
Pandita bedeutet
soviel wie
"hochgelehrter Mensch". Ein brahmana darf nicht dumm
oder ungebildet sein. Somit gibt es
zwei Arten von
brahmanas, nämlich die Vaisnavas und
die panditas.
Diejenigen, die nur gelehrt sind, sind panditas, aber noch
keine Gottgeweihten
oder Vaisnavas.
Mit solchen
panditas ist Sri Krsna nicht sonderlich zufrieden. Nur die
Eigenschaft, ein gelehrter brahmana zu sein,
reicht nicht
aus, das Wohlgefallen der Höchsten Persönlichkeit Gottes
zu erwecken. Ein
brahmana sollte nicht
nur die
Anforderungen der
Schriften, wie
der Srimad
Bhagavad-gita und des Srimad-Bhagavatam, vollkommen
erfüllen, sondern er muß gleichzeitig auch ein Geweihter
Sri Krsnas sein. Das beste Beispiel
für einen solchen
brahmana ist Sudama Vipra. Er war
ein qualifizierter
brahmana, der keinerlei Anhaftung an
irgendeine Form
materiellen Sinnengenusses besaß, und
zugleich war er
ein großer Geweihter des Herrn. Sri Krsna, der Genießer
aller Opfer und Bußen, ist einem brahmana wie Sudama
Vipra sehr zugetan, und
Sein Verhalten gegenüber
Sudama offenbart uns unmißverständlich,
wie sehr Er
einen solchen brahmana schätzt. Deshalb
stellt es die
höchste Stufe menschlicher
Vollkommenheit dar, ein
brahmana Vaisnava wie Sudama Vipra zu werden.
Sudama Vipra erkannte, daß Sri
Krsna, obwohl Er
unbezwingbar ist, Sich
dennoch von Seinen reinen
Geweihten erobern läßt. Ihm wurde bewußt, wie gütig Sri
Krsna zu Ihm
war, und er
befand sich in
ununterbrochenem samadhi, da
er ständig an Krsna
dachte. Da er sich auf diese
Weise immer in Sri Krsnas
Gemeinschaft befand, wurde jeder Schatten
materieller
Verunreinigung, der sich noch in seinem
Herzen befand,
völlig vertrieben, und schon nach kurzer Zeit wurde er in
das spirituelle Königreich erhoben, das Ziel aller Heiligen
auf der Stufe der Vollkommenheit.
Sukadeva Gosvami
erklärt, daß
alle, die diese
Geschichte von Sudama Vipra und Sri
Krsna hören,
erkennen werden, wie sehr Sri Krsna den brahmana-Gottgeweihten wie Sudama zugetan ist.
Jeder, der diese
Geschichte hört, wird deshalb allmählich
die gleichen
Eigenschaften wie Sudama Vipra entwickeln
und in der
Folge das spirituelle Königreich Sri Krsnas erreichen.
Hiermit
enden die Bhaktivedanta-Erläuterungen zum 80. Kapitel des Krsna-Buches:
"Sri Krsnas Segnung für den brahmana Sudama".