Nach diesem Gespräch mit seinem
Wagenlenker, dem
Sohn Darukas,
begriff Pradyumna,
was wirklich
geschehen war; er erfrischte sich
deshalb, indem er sich
den Mund ausspülte und die Hände
wusch, bewaffnete
sich mit Bogen und Pfeilen und bat seinen Wagenlenker,
ihn dorthin zu fahren,
wo Salvas Oberbefehlshaber
kämpfte. Während Pradyumnas kurzer Abwesenheit vom
Schlachtfeld hatte Dyuman, Salvas Oberbefehlshaber, die
Stellungen der Yadus
eingenommen. Als Pradyumna
jedoch auf das Schlachtfeld zurückkehrte, griff er sogleich
ein und besiegelte Dyumans Schicksal mit acht gezielten
Pfeilen. Mit vier Pfeilen streckte
er seine vier Pferde
nieder, mit einem Pfeil tötete er
den Wagenlenker, und
mit einem anderen Pfeil
schoß er Dyumans Bogen
entzwei; mit einem weiteren Pfeil
schoß er Dyumans
Fahne in Stücke, und mit dem letzten trennte er ihm den
Kopf vom Rumpf.
An den anderen Fronten kämpften
Helden wie Gada,
Satyaki und Samba und töteten dabei
viele von Salvas
Soldaten. Auch die Soldaten, die
Salva an Bord des
Luftgefährts unterstützten, mußten ihr
Leben lassen und
stürzten in den Ozean. Beide Seiten bekämpften einander
mit aller Härte, und so wurde die Schlacht immer wilder
und gefahrvoller. Siebenundzwanzig Tage
lang wurde
ununterbrochen gefochten.
Während in Dvaraka diese Schlacht tobte, befand Sich
Krsna bei König Yudhisthira und den
anderen Pandavas
in Indraprastha. Der Kampf mit Salva fand nämlich nach
König Yudhisthiras rajasuya-yajna
statt, in dessen
Verlauf Sisupala den Tod gefunden
hatte. Als Sri Krsna
erfuhr, daß Dvaraka in großer Gefahr schwebte, bat Er die
Familienältesten der Pandavas, vor allem
Seine Tante
Kuntidevi, um die Erlaubnis, sie verlassen zu dürfen, und
machte Sich daraufhin unverzüglich auf
den Weg nach
Dvaraka.
Sri Krsna vermutete bereits, daß es Sisupalas Anhänger
sein mußten, die Dvaraka angriffen,
während Er und
Balarama Sich entschieden hatten, nach
Sisupalas Tod
noch in Hastinapura zu bleiben. Bei
Seiner Ankunft in
Dvaraka sah Sri Krsna, daß die Stadt tatsächlich in großer
Bedrängnis war. Er
postierte Balaramaji an einer
strategisch wichtigen Stelle, um die Stadt
zu beschützen,
und Er Selbst wandte
Sich an Seinen Wagenlenker
Daruka und sagte: "Daruka, bitte bringe Mich schnell zu
Salva. Salva, mußt du wissen, ist
sehr mächtig und geheimnisvoll, aber du brauchst ihn
dennoch nicht im
geringsten zu
fürchten." Sowie
Daruka diese
Anweisungen erhalten hatte,
ließ er Sri Krsna im
Streitwagen Platz
nehmen und fuhr
mit großer
Geschwindigkeit auf Salva zu.
Sri Krsnas Streitwagen trug eine Fahne
mit dem Bild
Garudas, und als
die Soldaten und
Krieger der
Yadu-Dynastie diese Fahne sahen, wußten
sie, daß Sich
Sri Krsna persönlich auf dem Schlachtfeld
befand. Zu
diesem Zeitpunkt waren bereits fast
alle Soldaten Salvas
getötet, doch Salva,
der bemerkt hatte, daß
Krsna
gekommen war, feuerte ein riesiges,
mächtiges Geschoß
ab, das mit donnerndem Getöse wie
ein großer Meteor
durch die Luft flog. Es strahlte so gleißend, daß der ganze
Himmel erhellt wurde, doch sowie Sri
Krsna erschien,
schoß Er die Riesenwaffe mit einem
gezielten Pfeil in
viele tausend Stücke.
Sri Krsna traf Salva
mit sechzehn Pfeilen und
überschüttete dann sein Luftfahrzeug mit
einer wahren
Flut von Pfeilen, so wie die
Sonne an einem klaren Tag
den gesamten Himmel mit
zahllosen Lichtpartikeln
überflutet. Salva
seinerseits antwortete
mit einem
gewaltigen Schuß gegen Krsnas linke Seite, wo Er Seinen
Bogen namens Sarnga trug, der Ihm unter der ungeheuren
Wucht aus der Hand glitt. Daß Sri
Krsna Seinen Bogen
fallen ließ, war etwas ganz
Außergewöhnliches. Die
großen Persönlichkeiten und Halbgötter,
die den Kampf
zwischen Salva und Krsna beobachteten,
waren zutiefst
bestürzt und riefen: "O weh! O weh!"
Salva sah sich schon als Sieger, und er brüllte Sri Krsna
mit donnernder Stimme
an: "Krsna, Du Schurke!
Gewaltsam hast Du Rukmini entführt, und dies sogar vor
unseren Augen. Du hast meinen
Freund Sisupala auf
hinterhältige Weise gedemütigt,
als Du es wagtest,
Rukmini Selbst zu heiraten. Und als mein Freund während
der großen Versammlung
von König Yudhisthiras
rajasuya-yajna auch nur
für einen kurzen Moment
unaufmerksam war, hast Du dies sogleich ausgenutzt, um
ihn zu töten. Jeder denkt, Du
seiest ein großer Kämpfer
und könnest von niemandem besiegt
werden. Doch nun
mußt Du Deine Stärke beweisen. Ich
glaube, wenn Du
noch länger vor mir stehenbleibst,
werden Dich meine
spitzen Pfeile an einen Ort befördern, von dem
Du nicht
mehr zurückkehrst."
Darauf entgegnete Sri Krsna: "Salva, du
Narr, rede
nicht solchen Unsinn. Du scheinst
nicht zu wissen, daß
der Tod bereits über deinem Haupt
schwebt. Wirkliche
Helden reden nicht viel. Sie
beweisen ihre Kraft mit
kühnen Taten." Mit diesen Worten ergriff Sri Krsna voller
Zorn Seine Keule und schlug sie Salva mit solcher Wucht
gegen das Schlüsselbein, daß dieser
innere Blutungen
erlitt. Ein Zittern durchlief Salvas Körper, als sei er nahe
dabei zu erfrieren. Bevor Krsna
jedoch noch einmal
zuschlagen konnte, machte
sich Salva durch seine
mystische Kraft unsichtbar.
Einige Augenblicke später trat ein
geheimnisvoller
Unbekannter vor Sri Krsna. Laut weinend
verneigte er
sich vor den Lotosfüßen des Herrn
und sagte: "Weil Du
der liebste Sohn Deines Vaters
Vasudeva bist, hat mich
Deine Mutter
Devaki gesandt,
um Dir die
Unglücksnachricht mitzuteilen, daß Dein Vater von Salva
gefangengenommen und
gewaltsam fortgeschleppt
worden ist. Salva habe ihn abgeführt wie
ein Schlächter,
der gnadenlos ein Tier zur
Schlachtbank treibt." Als Sri
Krsna diese Nachricht von dem
Unbekannten vernahm,
war Er zuerst
völlig entsetzt,
wie es auch ein
gewöhnlicher Mensch gewesen wäre. Sein Gesicht zeigte
Zeichen von großem Schmerz, und Er begann bitterlich zu
weinen: "Wie konnte das nur geschehen? Mein Bruder Sri
Balarama ist doch in der Stadt, und es gibt niemanden, der
Balaramaji zu bezwingen vermag. Ihm obliegt der Schutz
Dvarakas, und Ich weiß, daß Er
stets wachsam ist. Wie
also konnte Salva in Dvaraka
eindringen und Meinen
Vater ohne weiteres entführen? Ganz
gleich, wer Salva
auch sein mag, seine Kraft ist begrenzt; wie hätte er also
in der Lage sein können, Balaramajis Stärke zu bezwingen
und Meinen Vater gefangen fortzuführen,
wie es dieser
Mann hier schildert? Doch ach, das
Schicksal ist sehr
mächtig!"
Während Sri Krsna diese Gedanken durch
den Kopf
gingen, führte Salva einen Gefangenen
vor Ihn, der
genauso aussah wie Sein Vater Vasudeva. All dies waren
jedoch nur Trugbilder,
die Salva mit Hilfe
seiner
mystischen Kraft schuf.
Salva rief Krsna zu: "Krsna, Du
Schurke! Schau her,
hier ist Dein Vater, der Dich gezeugt hat und durch dessen
Gnade Du noch heute am Leben
bist. Sieh nun, wie ich
ihn töte. Wenn Du auch nur
ein wenig Kraft hast, dann
rette ihn doch." Mit diesen Worten
schlug der mystische
Zauberer Salva dem falschen Vasudeva
den Kopf ab.
Dann packte er ohne zu zögern
den toten Körper und
sprang an Bord seines Flugzeuges. Sri
Krsna ist die in
Sich Selbst zufriedene Höchste
Persönlichkeit Gottes,
doch weil Er die Rolle eines
gewöhnlichen Menschen
spielte, war Er
zunächst sehr traurig,
als habe Er
tatsächlich Seinen Vater
verloren; aber im nächsten
Augenblick schon erkannte Er, daß
die Gefangennahme
und die Hinrichtung Seines Vaters bloß Vorspiegelungen
der magischen Kräfte waren, die Salva vom Dämon Maya
erlernt hatte. Als
Krsna wieder in Seinem
richtigen
Bewußtsein war, sah Er, daß weder
der Bote noch der
Kopf Seines Vaters
existent waren, daß
aber Salva
entflohen war und in Seinem
Luftgefährt am Himmel
flog. Da legte Sich Krsna einen Plan zurecht, um Salva zu
vernichten.
Krsnas Reaktion in dieser
Auseinandersetzung mit
Salva ist unter den großen
Autoritäten und Heiligen ein
vieldiskutiertes Thema - wie nämlich
konnte Krsna, die
Höchste Persönlichkeit Gottes, die Quelle aller Macht und
allen Wissens, auf
solche Weise verwirrt werden?
Wehklagen, Kummer und Verwirrung sind
Merkmale
bedingter Seelen. Wie könnte Krsna
als die Höchste
Person, die alles Wissen, alle
Macht und allen Reichtum
besitzt, davon berührt werden? In
Wirklichkeit ist es
völlig unmöglich, daß Sri Krsna durch
die mystischen
Vorspiegelungen Salvas getäuscht werden
konnte. So
handelte es sich auch hier um eines der transzendentalen
Spiele, in denen Sich Sri Krsna wie
ein gewöhnlicher
Mensch verhielt. Die großen Heiligen
und Weisen, die
den Lotosfüßen Sri Krsnas
in Hingabe dienen und
dadurch
die
höchste
Vollkommenheit der
Selbstverwirklichung erlangt haben, befinden sich jenseits
aller Verwirrung und
Illusion, die der körperlichen
Auffassung des Lebens entspringen. Wie
hätte also Sri
Krsna, der für diese Heiligen und Weisen das endgültige
Ziel des Lebens ist, von Salvas mystischen Tricks verwirrt
werden können? Die Schlußfolgerung lautet
somit, daß
Sri Krsnas Verwirrung nichts anderes als
ein weiterer
Aspekt
Seiner
Vollkommenheit
als Höchste
Persönlichkeit war.
Salva glaubte, Krsna
sei durch seine magischen
Vorspiegelungen verwirrt worden, und
deshalb fühlte er
sich ermutigt und griff den Herrn
mit noch mehr Kraft
und Einsatz an, indem er Ihn mit einem Regen von Pfeilen
überschüttete. Aber Salvas
Kampfeseifer glich der
Leidenschaft von Fliegen, die sich
geradewegs in ein
Feuer stürzen. Sri Krsna entgegnete
Salvas Angriff und
schoß ihm Seinerseits zahllose Pfeile mit solch unfaßbarer
Kraft entgegen, daß Salvas Rüstung
zerfetzt wurde, sein
Bogen und sein juwelenbesetzter Helm in tausend Stücke
zersprangen und Salva selbst schwer
verletzt wurde. Mit
einem gewaltigen Schlag Seiner Keule
zerschmetterte
Krsna daraufhin auch Salvas wundersames
Luftfahrzeug,
das in vielen Trümmern ins Meer abstürzte. Salva jedoch
war so gewandt, daß es ihm gelang, an Land zu springen,
ehe das Flugzeug auf dem Wasser aufschlug, und sogleich
rannte er erneut auf Sri Krsna zu.
Als Salva auf diese
Weise mit seiner Keule in der Hand Krsna entgegenraste,
schlug ihm Sri Krsna die Hand ab, die samt der Keule zu
Boden fiel. Mit dem Entschluß,
Salva nun zu töten, hob
der Herr Sein wunderbares Feuerrad, das leuchtete wie die
gleißende Sonne zur Zeit der Vernichtung der materiellen
Schöpfung. Als Sich Sri Krsna mit
Seinem Feuerrad
aufrichtete, um Salva zu vernichten,
sah Er aus wie die
rote Sonne, die über einem Berg
aufgeht. Im gleichen
Augenblick schon war Salva enthauptet,
und sein Kopf
stürzte zusammen mit den Ohrringen
und dem Helm zu
Boden. So fand Salva genau das
gleiche Ende wie einst
Vrtrasura, der von Indra, dem König des Himmels, getötet
wurde.
Als Salva tot aufs Schlachtfeld
stürzte, erhoben seine
Soldaten und
Anhänger ein
markerschütterndes
Wehklagen und Jammern.
Währenddessen ließen die
Halbgötter von den himmlischen Planeten
Blumen auf
Krsna herabregnen und verkündeten Seinen
Sieg, indem
sie Trommeln schlugen und Hörner
bliesen. Aber genau
in dem Moment erschienen neue Freunde Sisupalas, allen
voran Dantavakra, auf dem Schlachtfeld,
und sie alle
brannten darauf, mit Krsna zu kämpfen, um Sisupalas Tod
zu rächen. So kam Dantavakra mit einer ungeheuren Wut
auf Sri Krsna zugestürmt.
Hiermit
enden die Bhaktivedanta-Erläuterungen zum 76. Kapitel des Krsna-Buches:
"Die Erlösung Salvas".