68. Kapitel: Der große Weise Narada
besucht Sri Krsnas Paläste
Als der große Weise Narada hörte, wie Sri Krsna nach
Seinem Sieg über den Dämon
Narakasura (manchmal
auch Bhaumasura genannt)
sechzehntausend Frauen
geheiratet hatte, war er sehr erstaunt: Krsna hatte Sich in
sechzehntausend Formen erweitert und all
diese Frauen
gleichzeitig in verschiedenen Palästen
geheiratet. Und
weil Narada wissen wollte, wie
Krsna mit so vielen
Frauen zugleich zusammenzuleben vermochte,
wollte er
diese Spiele mit eigenen Augen sehen, und so machte er
sich auf, die Paläste Krsnas zu
besuchen. In Dvaraka
angekommen, sah er unzählige Parks und Gartenanlagen,
in denen Blumen der verschiedensten Farben blühten, und
Obstgärten voller Bäume, deren Äste
sich unter dem
Gewicht der
vielen Früchte zu
Boden neigten.
Farbenprächtige Vögel
zwitscherten, und Pfauen
jubilierten zu jedermanns
Freude. Die Teiche und
Wasserflächen waren mit blauen und
roten Lotosblumen
übersät, und dazwischen gab es Stellen, wo verschiedene
Arten von Lilien blühten. Neben
dieser Blumenpracht
wurden die Seen auch von Schwänen
und Kranichen
bevölkert, deren Stimmen weithin zu hören waren. In der
Stadt bot sich der Anblick von rund 900.000 großen, aus
feinstem Marmor erbauten Palästen, deren
Portale und
Türen aus Silber bestanden. Die
Säulen der Häuser und
Paläste waren mit Juwelen, wie dem
Stein der Weisen,
Saphiren und Smaragden, versehen, und
die Fußböden
reflektierten ungetrübten Glanz.
Auch die Straßen,
Gassen, Kreuzungen und Marktplätze waren
alle reich
geschmückt worden. Wohnhäuser, Versammlungshäuser
und Tempel wechselten sich ab, und jedes einzelne dieser
Bauwerke war
für sich
eine architektonische
Meisterleistung. All dies
machte Dvaraka zu einer
strahlenden Stadt. Die Alleen,
Kreuzungen, Gassen und
Straßen wie auch die Schwellen der
Wohnhäuser waren
sehr sauber. Alle Straßen wurden von Sträuchern gesäumt,
und auf beiden Seiten waren in
regelmäßigen Abständen
Bäume gepflanzt, die den Vorübergehenden
Schatten
spendeten, so daß sie
nicht von der heißen
Sonne
gepeinigt wurden.
In dieser herrlichen Stadt Dvaraka besaß Sri Krsna, die
Höchste Persönlichkeit Gottes,
viele Paläste. Große
Könige und Fürsten aus der ganzen
Welt pflegten Sri
Krsna in diesen Palästen zu
besuchen, um Ihm ihre
Verehrung darzubringen. Die
Baupläne waren von
Visvakarma, dem Architekten der
Halbgötter, persönlich
entworfen worden, und in der
Errichtung dieser Paläste
hatten all seine Talente und seine
ganze Genialität ihren
Höhepunkt gefunden. Die Zahl dieser
Paläste belief sich
auf mehr als sechzehntausend, und in jedem wohnte eine
andere von Sri Krsnas Königinnen. Als
der große Weise
Narada eines dieser Bauwerke betrat,
sah er, daß die
Säulen aus Korallen bestanden
und die Decken mit
Juwelen verziert waren.
An den Wänden und den
Säulenbogen funkelten kunstvolle Ornamente, die sich aus
den verschiedenartigsten Saphiren
zusammensetzten. Im
ganzen Palast befanden sich von Visvakarma entworfene
Baldachine, die mit Perlenketten reich bestickt waren. Die
Sessel und anderen Möbelstücke waren
aus Elfenbein
geschnitzt und mit Gold und
Diamanten verziert, und
juwelenbesetzte Kristalleuchter vertrieben alle Dunkelheit
aus den Räumen. Dazu brannte so viel Räucherwerk und
wohlriechender Harz, daß Rauch aus den Fenstern drang.
Die Pfauen, die
auf den
Treppenstufen saßen,
verwechselten die Duftwolken mit
Regenwolken und
begannen freudig zu tanzen. Die
vielen Dienerinnen im
Palast trugen alle
goldene Halsketten, Armreife und
kostbare Saris, und die
männlichen Diener trugen
Umhänge, Turbane und mit Juwelen
verzierte Ohrringe.
So waren sie alle
mit Anmut und Eleganz
damit
beschäftigt, ihren Pflichten im Palast nachzukommen.
Als Narada Sri Krsna erblickte, war
Er gerade bei
Rukminidevi, der Herrin jenes Palastes.
Rukmini hielt
einen camara-Wedel in der Hand, und
sie wurde von
vielen Tausenden von Dienerinnen umgeben,
die im
gleichen Alter wie sie waren und
ihr an Schönheit und
Begabung in nichts nachstanden; aber obwohl ihr so viele
Dienerinnen zu Verftigung standen, ließ sie es sich nicht
nehmen, Sri Krsna persönlich
Kühlung zuzufächeln.
Krsna ist die Höchste Persönlichkeit
Gottes und wird
selbst von Narada verehrt, doch als
Er Narada kommen
sah, erhob Er Sich sogleich von
Rukminis Bettstatt, um
den großen Weisen gebührend zu
empfangen. Sri Krsna
ist der Lehrer der ganzen Welt, und um jedem zu zeigen,
wie man einem Heiligen wie Narada Muni
Ehre erweist,
verneigte Sich Krsna vor ihm, wobei Er mit Seinem Helm
den Boden berührte. Sri Krsna verneigte
Sich nicht nur,
sondern berührte auch Naradas Füße und bat ihn mit gefalteten Händen, auf Seinem Sitz
Platz zu nehmen. Sri
Krsna ist die Höchste
Persönlichkeit, die von allen
Gottgeweihten verehrt wird.
Unter allen spirituellen
Meistern ist Er derjenige, der am
meisten verehrt wird.
Das Wasser des Ganges, das von
Seinen Lotosfüßen
ausgeht, heiligt alle drei Welten. Alle weisen brahmanas
verehren Ihn, und daher wird Er
auch brahmanya-deva
genannt.
Brahmaniya bezieht sich
auf jemanden, der alle
brahmanischen Eigenschaften
besitzt: Wahrhaftigkeit,
Selbstbeherrschung, Reinheit, Beherrschung der
Sinne,
Einfachheit, vollkommenes Wissen
durch praktische
Anwendung und Beschäftigtsein im
hingebungsvollen
Dienst. Sri Krsna besitzt all diese
Eigenschaften, und Er
wird von
denjenigen verehrt,
die ebenfalls diese
Eigenschaften besitzen.
Es gibt
Tausende und
Abertausende
von
Namen
Sri
Krsnas -
visnu-sahasranama -, und sie alle beziehen sich auf Seine
transzendentalen Eigenschaften.
Sri Krsna spielte in
Dvaraka die Rolle eines
vollkommenen Menschen. Daher hatte der Weise Narada
nichts dagegen, als Krsna ihm die
Füße wusch und Sich
das Wasser über den Kopf sprengte,
denn er wußte sehr
wohl, daß der Herr dies tat, um jeden zu lehren, wie man
einem Heiligen
Respekt erweist.
Die Höchste
Persönlichkeit Gottes, Krsna, der ursprüngliche Narayana
und der ewige Freund aller Lebewesen, verehrte somit den
Weisen Narada gemäß den regulierenden
Prinzipien der
Veden. Er hieß den Weisen mit
nektargleichen Worten
willkommen und sprach ihn als bhagavan
an; bhagavan
bedeutet "jemand, der in sich
selbst zufrieden ist, da er
alles Wissen, alle Entsagung, alle Macht, allen Ruhm, alle
Schönheit und viele andere ähnliche
Füllen besitzt". Sri
Krsna fragte Narada insbesondere: "Womit
kann Ich dir
dienen?"
Narada erwiderte: "Mein lieber Herr,
es erstaunt mich
nicht, wie Du Dich in Deiner
Gnade verhältst, denn Du
bist die Höchste Persönlichkeit Gottes,
der Herr aller
Lebewesen. Du bist der höchste Freund eines jeden, doch
zugleich bestrafst Du die Schurken
und die Neidischen.
Ich weiß, daß Du, o Herr, auf
die Erde herabgestiegen
bist, um das ganze Universum in
rechter Weise zu
erhalten. Dein Erscheinen
wird durch keine äußere
Ursache erzwungen; vielmehr finden Dein Erscheinen und
Dein Fortgehen gemäß Deinem freien
Willen statt. Ich
schätze mich deshalb sehr glücklich, daß ich heute Deine
Lotosfüße sehen durfte. Jeder, der
Anhaftung an Deine
Lotosfüße gewinnt,
wird zur höchsten
Stufe der
Unberührtheit erhoben und befindet sich nicht mehr unter
dem Einfluß der
materiellen Erscheinungsweisen der
Natur. O Herr, Du bist unendlich;
Deine Füllen kennen
keine Grenzen. Große Halbgötter, wie Brahma und Siva,
sind stets bemüht, Dich in ihr Herz zu schließen und über
Dich zu meditieren. Die bedingten
Seelen, die in den
dunklen Brunnen des materiellen Daseins versetzt worden
sind, können
dieser ewigen
Gefangenschaft nur
entkommen, wenn sie sich Deinen Lotosfüßen zuwenden.
Du bist daher die einzige Zuflucht
für die bedingten
Seelen. Mein lieber Herr, Du hast
mich in Deiner Güte
gefragt, was Du für mich tun kannst. Als Antwort darauf
habe ich nur eine
Bitte: Laß mich niemals
Deine
Lotosfüße vergessen. Es ist mir gleichgültig, wo ich mich
befinde; ich bete nur, daß es mir gestattet sein möge, mich
ständig an Deine Lotosfüße zu erinnern."
Die Segnung, die der Weise Narada vom Herrn erbat,
ist das ideale Gebet für alle
reinen Gottgeweihten. Ein
reiner Gottgeweihter bittet den Herrn
niemals um eine
materielle oder spirituelle Segnung;
seine einzige Bitte
lautet, daß er unter keinen Umständen die Lotosfüße des
Herrn vergessen werde.
Einen reinen Gottgeweihten
kümmert es nicht, ob er in den Himmel oder in die Hölle
geschickt wird; er ist überall zufrieden, vorausgesetzt, daß
er sich fortwährend an die
Lotosfüße des Herrn erinnern
kann. In Seinen Sikasastaka-Gebeten gab
Sri Caitanya
ebenfalls ein Beispiel für diese
Art des Betens: "Das
einzige, was Ich Mir wünsche, ist hingebungsvoller Dienst
- Geburt für Geburt.- Ein reiner Gottgeweihter hegt nicht
einmal das Verlangen, den Kreislauf von Geburt und Tod
zu beenden. Einem reinen Gottgeweihten macht es nichts
aus, wieder in einer der vielen Lebensformen geboren zu
werden. Sein einziges Bestreben ist
es, unter keinen
Umständen die Lotosfüße des Herrn zu vergessen.
Als Naradaji den Palast Rukminis
verlassen hatte,
wollte er sehen, wie die innere
Energie Sri Krsnas,
yogamaya, wirkt, und so betrat er den Palast einer anderen
Königin. Dort traf er Sri Krsna an, der gerade mit Seiner
geliebten Frau und Uddhava Schach
spielte. Der Herr
erhob Sich sogleich und bot Narada Muni Seinen Platz an.
Darauf ließ Er Narada die
gebührende Verehrung zu-
kommen, genau wie Er es im Palast Rukminis getan hatte.
Sri Krsna jedoch tat so, als wisse
Er nichts davon, und
sagte zu Narada: "Mein
lieber Weiser, wenn du,
o
Heiligkeit, hierherkommst,
bist du in
dir selbst
vollkommen. Wir sind Haushälter, denen
ständig irgend
etwas fehlt, doch du benötigst niemals Hilfe, da du in dir
selbst zufrieden bist. Wie soll es unter diesen Umständen
in unserem Vermögen liegen, dir
einen gebührenden
Empfang zu bereiten
oder etwas für dich
zu tun.
Nichtsdestoweniger ist es
unsere Pflicht, da du, o
Heiligkeit, ein brahmana bist, dir, soweit es uns möglich
ist, etwas anzubieten. Ich bitte
dich daher, so freundlich
zu sein, Mir einen Befehl zu
erteilen. Was kann Ich für
dich tun?"
Narada wußte über die transzendentalen
Spiele des
Herrn genau Bescheid; ohne seinerseits ein weiteres Wort
hinzuzufügen, verließ er den Palast, maßlos erstaunt über
die Taten und die Allmacht des Herrn. So betrat er einen
weiteren Palast, und diesmal sah er
Krsna, wie Er als
zuneigungsvoller Vater Seine kleinen
Kinder liebkoste.
Im nächsten Palast sah er, wie Sich Sri Krsna gerade für
Sein Bad vorbereitete. Nach und
nach besuchte der
Heilige Narada jeden der sechzehntausend
Paläste der
Königinnen Sri Krsnas, und in jedem dieser Paläste sah er
den Herrn bei einer anderen Tätigkeit.
In einem anderen Palast sah er,
wie Krsna gerade in
einem Opferfeuer Gaben darbrachte und
die rituellen
Zeremonien durchführte, die für
Haushälter von den
Veden vorgeschrieben sind. In einem
anderen Palast traf
er Krsna beim
Durchführen des panca-yajna-Opfers.
Dieser yajna, der auch panca-suna
genannt wird, ist für
jeden
Haushälter
unerläßlich.
Wissentlich oder
unwissentlich begeht jeder, besonders der Haushälter, fünf
Arten von sündhaften Tätigkeiten. Wenn wir Wasser aus
einem Krug trinken, töten wir viele
im Wasser lebende
Bakterien. Auch wenn wir Getreide
zerrnahlen, Nahrung
zu uns nehmen, den Boden aufwischen
oder ein Feuer
entzünden, töten wir viele Bakterien,
und wenn wir auf
der Straße gehen, töten wir viele
Ameisen und andere
Insekten. Ob wir uns darüber bewußt sind oder nicht, bei
all unseren Tätigkeiten töten wir andere Wesen. Daher ist
es die Pflicht eines jeden
Haushälters, das panca-suna-Opfer durchzuführen, um sich so von den Reaktionen auf
diese Sünden zu befreien.
In einem anderen Palast sah Narada,
wie Sri Krsna
nach der Durchführung eines yajna gerade die brahmanas
speiste. Er sah, wie Krsna schweigend den Gayatri-mantra
chantete und wie Er Sich gerade
im Kampf mit Schwert
und Schild übte. Dann wieder ritt Krsna auf Pferden oder
Elefanten, fuhr
auf einem
Streitwagen oder ging
spazieren. In einem Palast ruhte Er Sich gerade auf einem
Bett aus, und in einem anderen saß Er auf Seinem Thron,
während Ihn verschiedene Geweihte mit Gebeten priesen.
In einem der Paläste beriet Sich Krsna mit Uddhava und
anderen Ministern über wichtige
Geschäfte, während Er
Sich in einem anderen
Palast, umringt von vielen
bezaubernden
Gesellschaftsmädchen,
in einem
Schwimmbecken vergnügte. Dann sah Narada, wie Krsna
den brahmanas reichgeschmückte Kühe spendete, und in
einem anderen Palast war Krsna
gerade dabei, Sich
Geschichten aus den Puranas, den
Geschichtsbüchern,
und dem Mahabharata
anzuhören. Diese Schriften
ergänzen die
Veden und
haben die Aufgabe,
gewöhnlichen Menschen vedisches Wissen zu vermitteln,
indem sie von wichtigen Ereignissen
in der Geschichte
des Universums berichten. In einem Palast vergnügte Sich
Sri Krsna mit einer
Seiner Gemahlinnen, indem Er
scherzende Worte mit ihr wechselte, und in einem anderen
Palast war Er dabei, mit Seiner Frau religiöse Zeremonien
zu vollziehen. Da es für Haushälter
notwendig ist, die
finanziellen Mittel zu vermehren, um die vielen Ausgaben
zu decken, beschäftigte Sich Krsna
in einem der Paläste
auch mit wirtschaftlichem Fortschritt. In
einem anderen
Palast sah Narada, wie
Sich Krsna gemäß den regulierenden Prinzipien der sastras des
Familienlebens
erfreute.
In wieder einem anderen Palast saß
Krsna in tiefer
Meditation, als konzentriere Er Seinen
Geist auf die
Höchste Persönlichkeit Gottes,
die Sich jenseits der
materiellen Universen befindet. Meditation, wie sie in den
maßgeblichen Schriften
empfohlen wird,
ist dazu
bestimmt, den Geist auf
die Höchste Persönlichkeit
Gottes, Visnu, zu richten. Sri Krsna
ist zwar Selbst der
ursprüngliche Visnu, doch
weil Er die Rolle eines
Menschen spielte, lehrte Er uns
durch Sein persönliches
Beispiel unmißverständlich, was
wirkliche Meditation
bedeutet. In einem anderen Palast
war Sri Krsna gerade
dabei, ältere, höhergestellte Persönlichkeiten zu erfreuen,
indem Er ihnen schenkte, was sie benötigten. Naradaji sah
auch, wie Sri Krsna gerade über Kampfstrategien sprach,
während Er in einem anderen Palast
mit Seinen Feinden
Frieden schloß. In einem weiteren Palast sprach Sri Krsna
mit Seinem älteren Bruder, Sri Balarama, über die höchste
Wohlfahrtsarbeit für die Menschheit. Dann
wieder sah
Narada, wie Sri Krsna Seine Söhne
und Töchter mit
geeigneten Partnern verheiratete, und die
Hochzeitszeremonien wurden immer mit großem Prunk durchgeführt. In
einem Palast verabschiedete
Sich Krsna von Seinen
Töchtern, während Er in einem
anderen gerade eine
Schwiegertochter empfing. Die Bewohner der Stadt waren
jedesmal von neuem erstaunt, solch
prunkvolle Feste zu
erleben.
In einem weiteren Palast sah
Narada, wie der Herr
Opfer darbrachte, um die Halbgötter
zufriedenzustellen,
die lediglich Seine qualitativen Erweiterungen sind. Dann
wieder war Er zum Wohl der Allgemeinheit tätig, indem
Er tiefe Brunnen zur Wasserversorgung baute, Rasthäuser
und Gärten für fremde Gäste anlegte
und große Klöster
und Tempel für die Heiligen
gründete. Dies sind einige
der Pflichten, die den
Haushältern von den Veden
vorgeschrieben werden, damit ihre
materiellen Wünsche
in Erfüllung gehen. Ein anderes Mal
war Krsna gerade
dabei, als ksatriya-König im Wald
zu jagen und auf
prächtigen sindhi-Pferden zu reiten. Nach den Regeln der
vedischen Kultur war es den
ksatriyas gestattet, aus
besonderen Gründen bestimmte Tiere zu
töten, entweder
um den Frieden im Wald aufrechtzuerhalten oder um die
Tiere im Opferfeuer darzubringen.
Ksatriyas dürfen sich
in der Kunst des Tötens üben,
weil sie in der Lage sein
müssen, ihre Feinde erbarmungslos zu
töten, um für
Frieden in der Gesellschaft zu
sorgen. Ein anderes Mal
sah Narada, wie Sri Krsna, die
Höchste Persönlichkeit
Gottes, Seine
üblichen Kleider
ablegte und Sich
verkleidete, um wie ein Spion die
Absichten gewisser
Bürger in der Stadt und Bewohner innerhalb des Palastes
zu erkunden.
So wurde der Heilige Narada Zeuge all dieser Taten des
Herrn, der, obwohl Er die Überseele aller Lebewesen ist,
die Rolle eines gewöhnlichen Menschen
spielte, um die
Spiele Seiner inneren Energie zu
offenbaren. Er lächelte
innerlich und sagte zu Krsna: "O
Herr aller mystischen
Kräfte, der Du das Objekt der Meditation großer Mystiker
bist, das Ausmaß Deiner mystischen
Kraft ist unfaßbar,
selbst für Mystiker wie Brahma und Siva. Doch weil ich
ständig im transzendentalen liebevollen
Dienst Deiner
Lotosfüße beschäftigt
bin, warst Du
in Deiner
Barmherzigkeit so gütig, mir das
Wirken Deiner inneren
Energie zu offenbaren. Lieber Herr,
Du bist für alle
verehrenswert, und die Halbgötter und
die herrschenden
Gottheiten aller vierzehn
Planetensysteme sind sich
Deines transzendentalen Ruhms
voll bewußt. Bitte
gewähre mir Deine Segnung, damit
ich in der Lage bin,
durch alle Universen zu reisen und den Ruhm Deiner transzendentalen Spiele zu besingen."
Auf diese Worte Naradas
entgegnete die Höchste
Persönlichkeit Gottes, Sri Krsna: "Mein
lieber Narada, o
Weiser unter den Halbgöttern, du
weißt, daß Ich sowohl
der höchste Lehrer und der
vollkommene Befolger aller
religiösen Prinzipien als auch der
höchste Wächter über
die Befolgung dieser Prinzipien bin.
Ich befolge diese
religiösen Prinzipien Selbst, um dadurch die gesamte Welt
zu lehren, richtig zu handeln. Mein
lieber Sohn, es ist
Mein Wunsch, daß du durch solche
Manifestationen
Meiner inneren Energie nicht verwirrt wirst."
Die Höchste
Persönlichkeit Gottes
ging diesen
sogenannten
Haushältertätigkeiten
nach, um den
Menschen zu zeigen, wie
man sein Haushälterleben
läutern kann, selbst wenn man sich
noch tief in der
Gefangenschaft des materiellen
Daseins befindet. Im
allgemeinen wird man durch ein Leben als Haushälter gezwungen, das materielle Dasein
fortzusetzen; doch weil
der Herr zu den Haushältern sehr gütig ist, lehrte Er, wie
man das gewöhnliche Haushälterleben
heiligen kann.
Weil Krsna in einem Krsna-bewußten
Haushälterleben
den Mittelpunkt aller Tätigkeiten bildet,
ist ein solches
Leben transzendental zu allen vedischen
Anweisungen
und wird automatisch von allen Sünden gereinigt.
Narada sah also einen einzigen Krsna, der durch Seine
vollständigen Erweiterungen in sechzehntausend Palästen
wohnte, das heißt, kraft Seiner
unbegreiflichen Energie
befand Er Sich gleichzeitig im Palast einer jeden Königin.
Sri Krsna verfügt über unbegrenzte Macht,
und Naradas
Staunen kannte keine Grenzen, als Er immer wieder neue
Offenbarungen der inneren Energie Sri
Krsnas sah. Sri
Krsna verhielt Sich, als interessiere auch Er Sich sehr für
die vier Prinzipien des
kultivierten Lebens, nämlich
Religiosität, wirtschaftliche
Entwicklung, Befriedigung
der Sinne und
Befreiung. Diese vier
Prinzipien des
materiellen Daseins sind für den
spirituellen Fortschritt
der menschlichen Gesellschaft erforderlich,
und deshalb
führte Sri Krsna, obwohl Er es eigentlich nicht nötig hatte,
ein vorbildliches Haushälterleben, damit die Menschen in
ihrem eigenen Interesse Seinem Beispiel
folgen können.
Sri Krsna stellte den Weisen Narada
in jeder Hinsicht
zufrieden, und mit der ekstatischen
Erinnerung an die
Aktivitäten des Herrn in Dvaraka
verabschiedete sich
Narada und zog weiter.
Als Sukadeva Gosvami König Pariksit von den Spielen
Sri Krsnas in Dvaraka erzählte, erklärte er ihm auch, wie
Sri Krsna, die Höchste Persönlichkeit Gottes, durch Seine
innere Energie in das materielle
Universum herabsteigt
und persönlich die Prinzipien vorlebt,
durch die man,
wenn man sie befolgt, das
endgültige Ziel des Lebens
erreichen kann. Die mehr als sechzehntausend Königinnen
in Dvaraka stellten allesamt ihre weibliche Anmut in den
transzendentalen Dienst des
Herrn, indem sie Ihm
zulächelten und Ihm dienten, und
dem Herrn Seinerseits
gefiel es, Sich in ihrer
Gemeinschaft genau wie ein
vollkommener Ehemann zu verhalten. Man
muß sich
vollkommen darüber
bewußt sein,
daß solche
transzendentalen Spiele von niemandem
außer Sri Krsna
ausgeführt werden können. Sri Krsna ist die ursprüngliche
Ursache der Schöpfung, Erhaltung und
Vernichtung der
gesamten kosmischen Manifestation. Jeder,
der den Beschreibungen der
Spiele Sri Krsnas
in Dvaraka
aufmerksam zuhört, und jeder, der
einen Prediger der
Bewegung für Krsna-Bewußtsein unterstützt, wird es sehr
leicht finden, den Pfad der Befreiung zu beschreiten und
den Nektar der Lotosfüße Sri Krsnas
zu kosten. Und so
wird er in Seinem hingebungsvollen
Dienst beschäftigt
werden.
Hiermit
enden die Bhaktivedanta-Erläuterungen zum 68. Kapitel des Krsna-Buches:
"Der große Weise Narada besucht Sri Krsnas Paläste".