Als die vier Monate der Regenzeit
verstrichen waren
und Aniruddha
immer noch nicht
nach Hause
zurückgekehrt war, gerieten die Mitglieder der Yadu-Dynastie in große Sorge. Sie konnten sich nicht erklären, wo
Aniruddha geblieben war.
Glücklicherweise erschien
eines Tages der große Weise Narada
Muni und verriet
ihnen alles, was geschehen war - wie Aniruddha aus dem
Palast verschwand und nach Sonitapura,
der Hauptstadt
von Banasuras Königreich, gebracht wurde,
bis hin zu
Aniruddhas Sieg über Banasuras Soldaten
und seiner
Gefangennahme durch Banasuras nagapasa-Falle.
Auf
diese Weise erzählte Narada Muni die ganze Geschichte,
ohne irgend etwas auszulassen.
Daraufhin trafen die
Angehörigen der
Yadu-Dynastie, die
alle große
Zuneigung zu Krsna empfanden, Vorbereitungen, um die
Stadt Sonitapura anzugreifen. Pradyumna, Satyaki, Gada,
Samba, Sarana, Nanda, Upananda und Bhadra sowie alle
anderen Führer der Familie, von denen kaum einer fehlte,
schlossen sich zusammen und stellten
eine Schlachtreihe
von achtzehn aksauhini-Kampfeinheiten auf. Dann zogen
sie alle nach Sonitapura und
umzingelten die Stadt mit
Soldaten, Elefanten, Pferden und Streitwagen.
Als Banasura gemeldet wurde, daß
die Soldaten der
Yadu-Dynastie seine Stadt bestürmten und
schon einige
Mauern, Tore und
umliegende Parkanlagen zerstört
hatten, wurde er sehr zornig und
befahl seinen Soldaten,
die dem Yadu-Heer
zahlenmäßig ebenbürtig waren,
auszurücken und dem Feind entgegenzutreten. Weil Siva
Banasura so wohlgesinnt war, erschien er zusammen mit
seinen heldenhaften Söhnen Karttikeya
und Ganapati
persönlich auf dem Schauplatz und
führte Banasuras
Streitmächte als Oberbefehlshaber an.
Siva saß auf dem
Rücken seines Lieblingsstieres Nandisvara,
und von dort
aus führte er die Schlacht gegen Sri Krsna und Balarama
an. Wir können uns kaum vorstellen,
wie erbittert diese
Schlacht war - Siva und seine kühnen Söhne auf der einen
Seite und Sri Krsna, die Höchste
Persönlichkeit Gottes,
mit Seinem älteren Bruder Sri Balaramaji auf der anderen.
Die Schlacht nahm so
gewaltige Ausmaße an, daß
denjenigen, die sie sahen, vor
Entsetzen die Haare zu
Berge standen. Siva
kämpfte direkt mit Sri Krsna;
Pradyumna kämpfte mit Karttikeya, und Sri
Balarama
kämpfte mit Banasuras Heerführer
Kumbhanda, der von
Kupakarna Beistand erhielt. Samba, der
Sohn Krsnas,
nahm den Kampf gegen
Banasuras Sohn auf, und
Banasura
selbst
kämpfte mit
Satyaki, dem
Oberbefehlshaber der Yadu-Dynastie. Auf
diese Weise
tobte die Schlacht hin und her.
Die Nachricht von der Schlacht
verbreitete sich durch
das ganze Universum. Halbgötter wie
Brahma, große
Heilige und Weise, Siddhas, Caranas
und Gandharvas
verließen die höheren Planetensysteme und schwebten in
ihren Himmelsflugzeugen über dem
Schlachtfeld, da sie
alle äußerst begierig waren, dem
Kampf zwischen Siva
und Sri Krsna und ihren Streitmächten
zuzusehen. Ein
anderer Name Sivas lautet Bhutanatha, denn er wird stets,
wie auch in dieser Schlacht, von
verschiedenen Arten
mächtiger Geister und Bewohner des Infernos unterstützt,
wie von den bhutas,
pretas, pramathas, guhyakas,
dakinis, pisacas, kusmandas,
vetaIas, vinayakas und
brahma-raksasas. (Von
allen Geistern
sind die
brahma-raksasas die mächtigsten. Es sind brahmanas, die
den Körper von Geistern annehmen mußten.)
Die Höchste Persönlichkeit Gottes, Sri
Krsna, vertrieb
all diese Geister vom Schlachtfeld,
indem Er sie einfach
mit Seinem berühmten
Bogen namens Sarngadhanu
angriff. Siva griff
daraufhin zu seinen wirksamsten
Waffen und feuerte sie auf die
Höchste Persönlichkeit
Gottes ab, doch Sri Krsna wehrte sie alle mühelos mit den
entsprechenden Gegenwaffen ab. So
begegnete Er der
brahmastra, einer Waffe,
die mit der Atombombe
vergleichbar ist, mit einer anderen
brahmastra und einer
Windwaffe mit einer Bergwaffe. Das heißt, als Siva eine
Waffe abschoß, die einen heftigen
Wirbelsturm auf dem
Schlachtfeld hervorrief, setzte Sri Krsna
ihr genau das
entgegengesetzte Element
entgegen, nämlich eine
Bergwaffe, die den Wirbelsturm augenblicklich abblockte.
Und als Siva mit seiner nächsten Waffe ein vernichtendes
Feuer entfachte, machte
Krsna es mit Regengüssen
unschädlich.
Als Siva zuletzt
seine persönliche
Waffe, die
pasupata-sastra, losfeuerte, vernichtete Krsna sie auf der
Stelle mit Seiner narayana-sastra. Dieser
Verlust er-
schütterte Siva, und Krsna nahm sogleich die Gelegenheit
wahr, um Seine Gähnwaffe abzuschießen.
Diese Waffe
macht die Gegner so müde, daß
sie anfangen zu gähnen
und den Kampf einstellen. Siva
wurde tatsächlich so
müde, daß er sich weigerte,
weiterzukämpfen. Daher
konnte Krsna nun Seine Aufmerksamkeit
auf Banasura
richten, und so machte Er Sich
daran, die Soldaten von
Banasuras Eskorte mit Schwertern und
Keulen zu töten.
An einer anderen Stelle
kämpfte Sri Krsnas Sohn
Pradyumna erbittert
mit Karttikeya,
dem Oberbefehlshaber der Halbgötter. Karttikeya
war bereits stark
verletzt, und er blutete aus vielen
Wunden. Deshalb sah
auch er sich gezwungen, das
Schlachtfeld zu verlassen,
und ritt auf dem Rücken seines
Pfaus davon. Ebenso
erfolgreich kämpfte Sri Balarama, und Seine Opfer waren
Kumbhanda, Banasuras General,
und Kupakarna. Im
Laufe der Schlacht waren beide unter Balaramas Keulenschlägen zusammengebrochen, wobei der
General nicht
mit dem Leben davon
gekommen war. Nunmehr
führerlos, verstreuten sich Banasuras
Soldaten in alle
Richtungen.
Als Banasura erkannte,
daß seine Soldaten und
Befehlshaber geschlagen waren, steigerte
sich seine Wut
nur noch mehr. Er hielt es für klug, zu diesem Zeitpunkt
vom Kampf mit Satyaki, dem General Krsnas, abzulassen
und statt dessen direkt Sri Krsna anzugreifen. Nun hatte er
endlich Gelegenheit,
von seinen
tausend Händen
Gebrauch zu machen: Er stürzte auf Krsna zu und schoß
von seinen fünfhundert Bogen gleichzeitig
zweitausend
Pfeile ab. Ein solcher Narr kann
niemals verstehen, wie
groß Krsnas Stärke ist. Krsna wehrte diesen Angriff ohne
jede Schwierigkeit ab und schoß
Seinerseits jeden von
Banasuras Bögen entzwei, und um seine Schnelligkeit zu
schwächen, streckte Er Banasuras Pferde
nieder, worauf
auch sein Streitwagen in Stücke
brach. Nach dieser Tat
blies Krsna in Sein Muschelhorn Pancajanya.
Banasura hatte stets eine Halbgöttin
namens Kotara
verehrt, und zwischen ihnen bestand eine Beziehung wie
zwischen Mutter und Sohn. Mutter Kotara war sehr erregt,
als sie sah, daß Banasura in
Lebensgefahr schwebte. So
erschien sie plötzlich auf dem Schlachtfeld und trat nackt
und mit wirrem Haar vor Krsna. Sri
Krsna war der
Anblick dieser nackten Frau zuwider,
und um sie nicht
sehen zu müssen, wandte Er Sein
Gesicht ab. Banasura
nutzte sofort
diese Gelegenheit
und verließ das
Schlachtfeld, um Krsnas Angriff zu
entgehen. Alle seine
Bogensehnen waren durchtrennt,
und kein einziger
Streitwagen oder Wagenlenker
stand ihm mehr zur
Verfügung; es blieb ihm also nichts anderes übrig, als in
die Stadt zurückzukehren. Alles hatte
er in der Schlacht
verloren.
Schließlich konnten sich auch die letzten der Gesellen
Sivas, die Kobolde und die
geisterhaften bhutas, pretas
und ksatriyas, nicht mehr Krsnas Pfeilen erwehren, und so
verließen sie das Schlachtfeld. Da
unternahm Siva einen
letzten Versuch, und er setzte seine tödlichste Waffe, den
Sivajvara, ein, die durch ungeheure Hitze alles vernichtet.
Es heißt, daß die Sonne am Ende der Schöpfung zwölfmal
so heiß wird wie gewöhnlich,
und diese Hitze, die
zwölfmal stärker ist als die der Sonne, bezeichnet man als
Sivajvara. Der Sivajvara
in Person, der von Siva
losgelassen wurde, hatte drei Köpfe
und drei Beine, und
als er auf Krsna zukam, schien
alles um ihn herum in
Feuer aufzugehen. Er war so
mächtig, daß mit jedem
seiner Schritte gewaltige Feuerwogen in
alle Richtungen
davonschossen, und Krsna bemerkte, daß
er geradewegs
auf Ihn zukam.
So wie es eine Sivajvara-Waffe gibt, gibt es auch eine
Narayanajvara-Waffe, die sich
durch extreme Kälte
auszeichnet. Extreme Hitze kann noch irgendwie ertragen
werden, doch bei
extremer Kälte kommt
alles zum
Erliegen. Dies wird zum Zeitpunkt
des Todes erfahren,
denn in dieser
Situation steigt die
Körpertemperatur
zunächst auf 42 Grad an, doch
dann bricht der ganze
Organismus zusammen, und der Körper
wird im Nu so
kalt wie Eis. Um der sengenden
Hitze des Sivajvara
entgegenzuwirken, gab es keine andere
Waffe als den
Narayanajvara.
Als Sri Krsna sah, daß Siva den Sivajvara losgelassen
hatte, blieb Ihm keine andere Wahl,
als Narayanajvara
einzusetzen. Sri Krsna ist der
ursprüngliche Narayana,
und als
solcher ist
Er der
Gebieter der
Narayanajvara-Waffe. Sowie der
Narayanajvara zum
Einsatz kam, begann ein heftiger
Kampf zwischen den
beiden jvaras. Wenn äußerste Hitze
auf äußerste Kälte
trifft, ist es die natürliche
Folge, daß sich die Hitze
allmählich verringert, und dies war
auch im Kampf
zwischen Sivajvara und Narayanajvara der Fall. Sivajvara
mußte erkennen, daß seine Hitze allmählich nachließ, und
so rief er Siva um Hilfe an,
doch Siva war nicht in der
Lage, ihm in der Gegenwart des Narayanajvara zu helfen.
Nun, da der Sivajvara von Siva
keine Hilfe erhoffen
konnte, erkannte er, daß es für
ihn keinen anderen
Ausweg gab, als sich Narayana, Sri
Krsna Selbst, zu
ergeben. Wenn nicht einmal Siva,
der größte Halbgott,
mächtig genug war, um ihm zu helfen, was hätte er dann
von den untergeordneten Halbgöttern
erwarten können?
So kam Sivajvara schließlich zum
Entschluß, sich Krsna
zu ergeben, und er verneigte sich vor
Krsna und brachte
Ihm ein Gebet dar, um den Herrn zu erfreuen und Ihn um
Schutz zu bitten.
Dieser Kampf zwischen Sivas und Krsnas gewaltigsten
Waffen bestätigt, daß jemand, der
von Krsna beschützt
wird, von niemandem getötet werden
kann und daß
jemand, der nicht unter
Krsnas Schutz steht, von
niemandem gerettet werden kann. Siva
wird Mahadeva,
der größte der Halbgötter, genannt,
obwohl manchmal
auch Brahma als der größte Halbgott
bezeichnet wird,
weil er die Macht hat zu erschaffen; Siva auf der anderen
Seite hat die Macht, Brahmas Schöpfungen zu vernichten.
Auf jeden Fall sind sowohl Brahma als auch Siva nicht in
der Lage, mehr als eine Funktion
auszuüben: Brahma
erschafft, und Siva vernichtet, aber keiner von ihnen kann
die Schöpfung erhalten. Sri Visnu dagegen
erhält nicht
nur, sondern erschafft und vernichtet auch. Im Grunde genommen wird die Schöpfung nämlich
nicht von Brahma
bewirkt, denn Brahma
selbst wird von Sri Visnu
erschaffen. Siva seinerseits geht von
Brahma aus, das
heißt, er wird von ihm geboren. Daher erkannte Sivajvara,
daß ihm niemand außer Krsna,
Narayana, helfen konnte.
Deshalb tat er das einzig Richtige
und suchte bei Sri
Krsna Zuflucht, und mit gefalteten Händen brachte er Ihm
Gebete dar.
"Lieber Herr, ich bringe Dir meine
achtungsvollen
Ehrerbietungen dar, denn Du besitzt
unbegrenzte Kräfte.
Niemand kann Deine Kräfte übertreffen, und deshalb bist
Du der Herr eines jeden. Im
allgemeinen halten die
Menschen Siva für die mächtigste
Persönlichkeit in der
materiellen Welt; doch Siva ist
nicht allmächtig. Die
Wahrheit ist, daß Du der
Allmächtige bist. Du bist das
ursprüngliche Bewußtsein, und Du bist das ursprüngliche
Wissen. Ohne Wissen und Bewußtsein kann nichts Macht
entfalten. Einem materiellen Objekt mag
noch so große
Macht innewohnen, doch
ohne die Berührung mit
Bewußtsein und Wissen kann es nicht in Funktion treten.
Eine materielle Maschine mag noch
so kompliziert und
gigantisch sein, aber ohne von jemandem, der Wissen und
Bewußtsein besitzt, betrieben
zu werden, ist diese
materielle Maschine tot und nutzlos. O Herr, Du bist das
vollkommene Wissen, und in Deiner
Persönlichkeit gibt
es nicht
die geringste
Spur von materieller
Verunreinigung. Siva
und Brahma sind
zweifellos
mächtige Halbgötter, da sie die
Macht besitzen, die
gesamte Schöpfung zu vernichten bzw.
zu erschaffen,
doch in Wirklichkeit sind weder
Brahma noch Siva die
Ursache der kosmischen
Manifestation. Du bist die
Absolute Wahrheit, das Höchste Brahman, und Du bist die
ursprüngliche Ursache. Deshalb ist es
falsch, zu sagen,
daß die
unpersönliche Brahman-Ausstrahlung
die
ursprüngliche Ursache der kosmischen Manifestation sei;
vielmehr ist es so, daß dieses unpersönliche Brahman von
Deiner Persönlichkeit
ausgeht. Die Bhagavad-gita
bestätigt ebenfalls, daß Sri
Krsna die Ursache des
unpersönlichen Brahmans ist. Die Brahman-Ausstrahlung
wird mit dem
Sonnenlicht verglichen,
das vom
Sonnenplaneten ausgeht. Deshalb kann das unpersönliche
Brahman nicht die
endgültige Ursache
sein. Die
endgültige Ursache aller Dinge ist
die höchste, ewige
Gestalt Krsnas. Alle materiellen Aktionen und Reaktionen
finden im unpersönlichen
Brahman statt, doch im
persönlichen Brahman, in der ewigen Gestalt Krsnas, gibt
es weder Aktion noch Reaktion. Mein
lieber Herr, Dein
Körper ist daher von vollkommenem
Frieden und von
vollkommener Glückseligkeit erfüllt, und
er ist frei von
aller materiellen Verunreinigung."
"Im materiellen Körper finden Aktionen und Reaktionen
der drei Erscheinungsweisen der
materiellen Natur statt,
und hinzu kommt als wichtigster Faktor die Zeit, die allen
anderen Elementen übergeordnet ist, da die gesamte materielle Manifestation aufgrund der Wirkung
der Zeit in
Erscheinung tritt. Auf diese Weise entsteht die materielle
Erscheinungswelt, und
diese Erscheinungen der
materiellen Natur
ziehen sofort
fruchtbringende
Handlungen
nach sich.
Als
Ergebnis dieser
fruchtbringenden Handlungen nimmt das Lebewesen eine
bestimmte Lebensform an und entwickelt damit auch eine
besondere Wesensart;
auf diese Weise
wird das
Lebewesen von einem feinstofflichen und
einem grobstofflichen Körper bedeckt, der aus
der Lebensluft, dem
Ego, den zehn Sinnesorganen, dem
Geist und den fünf
grobstofflichen Elementen besteht. Diese Faktoren bilden
eine bestimmte Art von Körper, der dann die Wurzel oder
Ursache verschiedener anderer Körper wird, die die Seele
im Kreislauf von Geburt und Tod
durchläuft. All diese
Phänomene entstehen aus der
Wechselwirkung Deiner
materiellen Energie. Du bist die
Ursache dieser äußeren
Energie, aber Du wirst von den Aktionen und Reaktionen
der verschiedenen Elemente nicht berührt.
Du befindest
Dich jenseits des Diktats der
materiellen Energie, und
deshalb stellst Du den höchsten
Frieden dar. Dich zu
erreichen ist der
höchste Aspekt der
Freiheit von
materieller Verunreinigung. Daher gebe
ich jede andere
Zuflucht auf und suche allein bei
Deinen Lotosfüßen
Schutz."
"Mein lieber Herr, Dein Erscheinen als Vasudevas Sohn
in der Rolle
eines Menschen
ist eines Deiner
transzendentalen Spiele, die
Du in Deiner absoluten
Freiheit durchführst. Um die
Gottgeweihten zu segnen
und die Nichtgottgeweihten zu vernichten,
erscheinst Du
in mannigfachen Inkarnationen. All diese
Inkarnationen
steigen in die materielle Welt hinab, so wie Du es in der
Bhagavad-gita versprochen hast, wo Du
sagst, daß Du
immer dann erscheinst, wenn die Menschen vom Pfad des
spirituellen
Fortschritts abweichen.
Wenn durch
irreligiöse Prinzipien Störungen auftreten,
erscheinst Du,
o Herr, kraft Deiner inneren
Energie, um in erster Linie
die Halbgötter und die spirituell
interessierten Menschen
zu beschützen und zu versorgen sowie die Gültigkeit der
Gesetze und der Ordnung
in der materiellen Welt
aufrechtzuerhalten. Dabei richtest Du es
gleichzeitig ein,
daß die Schurken und Dämonen so
bestraft werden, wie
sie es verdienen. Dies ist nicht
das erste Mal, daß Du in
die materielle Welt hinabgestiegen bist, ja Du bist bereits
viele, viele Male zuvor erschienen."
"Mein lieber Herr,
bitte gestatte
mir, darauf
hinzuweisen, daß ich durch Deinen
Narayanajvara sehr
hart bestraft worden bin. Er hat zweifellos eine kühlende
Wirkung, doch zugleich ist er sehr gefährlich und für uns
alle unerträglich. Mein lieber Herr,
das Lebewesen, das
einen materiellen Körper angenommen hat,
steht unter
dem Bann materieller Wünsche, so
daß es das Krsna-Bewußtsein vergißt, und
weil es nichts
von der
endgültigen Zuflucht Deiner Lotosfüße
weiß, ist es den
drei leidvollen Bedingungen der
materiellen Natur unterworfen. Weil man sich Dir nicht
hingibt, muß man
endlos weiterleiden."
Als Sri Krsna die Worte des
Sivajvara vernommen
hatte, antwortete Er: "O Dreiköpfiger, deine Worte haben
Mich sehr erfreut. Sei getrost, daß dir der Narayanajvara
kein Leid mehr zufügen wird. Und es ist nicht nur so, daß
du dich nicht mehr zu fürchten
brauchst, sondern jeder,
der sich in Zukunft an diesen Kampf zwischen Sivajvara
und Narayanajvara erinnert, wird
ebenfalls von allen
Arten der Furcht frei sein." Nach dieser Antwort brachte
der Sivajvara den Lotosfüßen der Höchsten Persönlichkeit
Gottes seine achtungsvollen
Ehrerbietungen dar und
entfernte sich dann.
In der Zwischenzeit war
es Banasura irgendwie
gelungen, sich von seiner Niederlage
zu erholen, und er
nahm mit neuer Kraft den Kampf
wieder auf. Diesmal
hatte sich Banasura mit
den vielseitigsten Waffen
ausgerüstet, und rasend vor Wut stürmte er auf Sri Krsna
zu, der auf Seinem Streitwagen saß.
Mit seinen tausend
Armen ließ der zornige Banasura ein ganzes Arsenal von
Waffen auf Sri Krsna niederregnen, und als Sri Krsna sah,
wie all diese Waffen auf Ihn
zugeschossen kamen, so
dicht wie die Wasserstrahlen aus einer Brause, griff Er zu
Seinem Feuerrad, dem scharfen
Sudarsana-cakra, und
schnitt dem Dämon einen Arm nach
dem anderen ab,
genau wie ein Gärtner mit einer Schere die Zweige eines
Baumes stutzt. Als Siva sah, daß sein Geweihter Banasura
trotz seiner Gegenwart nicht gerettet werden konnte, kam
er wieder zur Vernunft und trat persönlich vor Sri Krsna,
um Ihn durch das folgende Gebet zu besänftigen.
Siva sagte: "O mein Herr, alle
vedischen Hymnen
haben das Ziel, Dich zu verehren. Wer Dich nicht kennt,
hält das unpersönliche brahmajyoti für
die endgültige
Höchste Absolute Wahrheit, ohne zu wissen, daß Du Dich
hinter Deiner spirituellen Ausstrahlung in Deinem ewigen
Reich aufhältst. Deshalb
wirst Du, o Herr, param
brahman genannt,
ein Wort, das
auch in der
Bhagavad-gita verwendet wird, um Deine
Identität zu
beschreiben. Die Heiligen, die ihre Herzen völlig von aller
materiellen Verschmutzung gereinigt
haben, können
Deine transzendentale Gestalt wahrnehmen,
obwohl Du
alldurchdringend wie der Himmel bist
und von keinem
materiellen Objekt berührt wirst. Nur
Deine Geweihten
können Dich sehen, und
niemand sonst. Nach der
Auffassung, die die
Unpersönlichkeitsphilosophen von
der Form Deiner höchsten Existenz haben, ist der Himmel
Dein Nabel, das Feuer Dein Mund und das Wasser Dein
Samen. Die himmlischen Planeten sind
Dein Kopf, die
Himmelsrichtungen sind Deine Ohren, der
Planet Urvi
stellt Deine Lotosfüße dar, der Mond ist Dein Geist, und
die Sonne ist Dein Auge. Was mich betrifft, so stelle ich
Dein Ego dar. Der Ozean stellt Deinen Bauch dar und der
Himmelskönig Indra Deine
Arme. Die Bäume und
Pflanzen sind die Haare auf Deinem Körper, die Wolken
sind das Haar auf Deinem Haupt,
und Brahma ist Deine
Intelligenz. All die großen Stammväter,
die Prajapatis,
sind Deine symbolischen Repräsentanten, und Religion ist
Dein Herz. Auf diese Weise wird
der unpersönliche
Aspekt Deines absoluten Körpers
wahrgenommen, doch
Du Selbst bist letztlich die
Höchste Person. Der unpersönliche Aspekt Deines erhabenen Körpers
ist nur eine
kleine Erweiterung Deiner Energie. Du
wirst mit dem
ursprünglichen Feuer
verglichen, und
all Deine
Erweiterungen sind wie Licht und Wärme, die von diesem
Feuer ausgehen."
Siva fuhr fort: "Mein lieber Herr,
obwohl Du Dich
universal manifestierst, sind die
verschiedenen Teile des
Universums bestimmte Teile Deines Körpers; durch Deine
unermeßliche Energie
ist es Dir
möglich, Dich
gleichzeitig lokalisiert und universal zu
manifestieren. In
diesem Zusammenhang wird
in der Brahma-samhita
erklärt, daß Du, obwohl Du immer
in Deinem Reich
Goloka Vrndavana weilst, trotzdem überall
gegenwärtig
bist. Und in der
Bhagavad-gita heißt es,
daß Du
erscheinst, um die Gottgeweihten zu beschützen, was für
das gesamte
Universum glückverheißend
ist. Die
Halbgötter sind nur durch Deine
Gnade in der Lage, die
verschiedenen Angelegenheiten im Universum zu regeln.
Dies bedeutet,
daß auch
die sieben höheren
Planetensysteme nur durch Deine Gnade erhalten werden.
Am Ende der Schöpfung gehen alle
Manifestationen
Deiner Energien in Dich ein, ganz gleich, ob sie die Form
von Halbgöttern, Menschen oder Tieren
haben; dann
ruhen alle unmittelbaren und mittelbaren
Ursachen der
kosmischen Manifestation in
Dir und verlieren alle
unterschiedlichen Daseinsmerkmale. Im absoluten
Sinne
kann man zwischen Dir und allem, was sich auf gleicher
Ebene mit Dir befindet oder Dir
untergeordnet ist, keine
Unterschiede machen, denn Du bist
gleichzeitig sowohl
der Ursprung der kosmischen Manifestation als auch ihre
Bestandteile. Du bist das höchste
Ganze, der Eine ohne
einen zweiten. In der manifestierten
Erscheinungswelt
gibt es drei verschiedene Zustände der Existenz: die Stufe
des Bewußtseins, die Stufe des Halbbewußtseins, d.h. des
Träumens, und die Stufe der Bewußtlosigkeit. Doch Du, o
Herr, bist transzendental
zu all diesen materiellen
Daseinsstufen. Daher befindest Du Dich
in einer vierten
Dimension, und Dein Erscheinen und Fortgehen sind von
nichts anderem abhängig als von Dir
Selbst. Du bist die
höchste Ursache von allem, doch für
Dich gibt es keine
Ursache. Du allein verursachst Dein
Erscheinen und
Fortgehen. Trotz Deiner
transzendentalen Stellung, o
Herr, bist Du kraft Deiner
persönlichen Manifestation in
verschiedenen Inkarnationen als Fisch, Schildkröte, Eber,
Nrsimiha, Kesava usw. erschienen, um
vor aller Welt
Deine sechs
Füllen zu
entfalten und Deine
transzendentalen Eigenschaften zu offenbaren;
darüber
hinaus bist
Du durch
Deine abgesonderten
Manifestationen in Form der verschiedenen
Lebewesen
erschienen. Durch Deine innere Energie erscheinst Du als
die verschiedenen Inkarnationen Visnus, und durch Deine
äußere Energie erscheinst Du als die Erscheinungswelt."
"Wenn der Himmel bewölkt ist, meint der gewöhnliche
Mensch, die Sonne sei verdeckt;
aber in Wirklichkeit ist
es die Sonne, die mit ihren
Strahlen die Wolken erzeugt
hat, und selbst wenn der Himmel
voller Wolken ist,
können diese Wolken niemals die
Sonne verdecken.
Ebenso behaupten die weniger intelligenten Menschen, es
gäbe keinen Gott; doch diejenigen
Menschen, die mit
tatsächlichem Wissen erleuchtet sind,
können angesichts
der Manifestation der verschiedenen Lebewesen und ihrer
Tätigkeiten in allem Deine Gegenwart
wahrnehmen, in
jedem Atom und in den
Manifestationen Deiner äußeren
und marginalen
Energie. Das
Wirken Deiner
unbegrenzten Energien
kann nur von
den fortgeschrittensten Gottgeweihten wahrgenommen werden,
aber diejenigen, die unter dem Bann
Deiner äußeren
Energie stehen, identifizieren sich mit
der materiellen
Welt und
entwickeln Anhaftung
an Gesellschaft,
Freundschaft und Liebe. Auf diese Weise rennen sie in die
Arme der dreifachen Leiden des materiellen Daseins und
geraten unter den Einfluß der
Dualität von Glück und
Leid. Sie treiben im
Ozean der Anhaftungen und
versinken darin, um
dann wieder herausgerissen zu
werden."
"Mein lieber Herr, nur durch Deine Barmherzigkeit und
Gnade erhält das Lebewesen die
menschliche Form des
Lebens, die ihm die Möglichkeit
bietet, dem leidvollen
Zustand der materiellen Existenz zu
entkommen. Wenn
man aber als Mensch seine Sinne
nicht zu beherrschen
vermag,
wird man
von den
Wellen der
Sinnenbefriedigung verschlungen, und so
ist es einem
nicht mehr möglich, bei Deinen
Lotosfüßen Zuflucht zu
suchen und sich in Deinem
hingebungsvollen Dienst zu
beschäftigen. Das Leben eines solchen Menschen ist sehr
elend, und jeder, der ein
derartiges Leben in Dunkelheit
führt, betrügt zweifellos
sich selbst und somit
auch
andere. Aus
diesem Grunde ist
die menschliche
Gesellschaft ohne Krsna-Bewußtsein eine
Gesellschaft
von Betrügern und Betrogenen."
"O Herr, Du bist die Überseele
aller Lebewesen, das
höchste Ziel aller
Liebe, und Du bist
der höchste
Beherrschende aller Dinge. Unter der
Macht der Illusion
fürchtet sich der Mensch vor dem
Tod, aber weil er
ausschließlich dem materiellen Genuß ergeben ist, nimmt
er freiwillig das leidvolle materielle
Dasein auf sich und
rennt dem Irrlicht der
Sinnenbefriedigung nach. Ein
solcher Mensch ist zweifellos der
größte Narr, denn er
trinkt Gift und weist den Nektar zurück. Mein lieber Herr,
alle Halbgötter, einschließlich meinerselbst und Brahmas,
sowie alle großen Heiligen und
Weisen, deren Herz von
materieller Anhaftung gereinigt ist,
haben durch Deine
Gnade rückhaltlos bei
Deinen Lotosfüßen Zuflucht
gesucht. Wir alle haben uns Deinen Lotosfüßen ergeben,
weil wir Dich als den Höchsten Herrn erkannt haben; Du
bist unser ein und alles, das einzige Ziel unserer Liebe. Du
bist die ursprüngliche Ursache der
kosmischen Mani-
festation. Du bist ihr höchster Erhalter, und Du bist auch
die Ursache ihrer Auflösung. Du bist jedem gleichgesinnt,
o höchster Freund, der Du allen
Lebewesen Frieden
spendest. Du bist für jeden von uns das höchste Ziel aller
Verehrung. Mein lieber Herr, bitte beschäftige uns immer
in Deinem transzendentalen hingebungsvollen
Dienst, so
daß wir von der materiellen
Verstrickung frei werden
können."
"Zum Schluß, o Herr, erlaube mir, Dir zu sagen, daß mir
Banasura sehr lieb ist. Er erwies
mir wertvolle Dienste,
und deshalb möchte ich ihn immer
glücklich sehen. Da
ich mit Banasura
zufrieden war, versprach
ich ihm
Sicherheit vor allen Gefahren. O Herr, erhöre daher meine
Bitte und finde Gefallen an ihm,
so wie Du an seinen
Vorfahren, König Prahlada und Bali
Maharaja, Gefallen
gefunden hast."
Als Sri Krsna diese Gebete Sivas
gehört hatte, sprach
Er Seinerseits Siva auch mit "Herr" an und sagte: "Lieber
Herr, Siva, Ich stimme deinen
Worten zu, und ebenso
werde Ich Banasura verschonen, wie es dein Wunsch ist.
Ich weiß, daß Banasura der Sohn Bali Maharajas ist, und
deshalb kann Ich ihn nicht töten,
denn sonst würde Ich
Mein Versprechen, das Ich König Prahlada gegeben habe,
brechen. Vor langer
Zeit gab Ich ihm
nämlich die
Segnung, niemals einen asura, der
in seiner Familie
erscheinen würde, zu töten. Deshalb
habe Ich Banasura
nicht getötet, sondern
ihm einfach nur die Arme
abgetrennt, um seinem Hochmut ein
Ende zu bereiten.
Seine gewaltigen Legionen lasteten schwer auf der Erde,
und um die Erde von dieser Bürde zu befreien, habe Ich
alle seine Soldaten getötet. Nun
besitzt Banasura noch
vier Arme, und er wird unsterblich
bleiben, ohne jemals
von materiellen Leiden oder Freuden
berührt zu werden.
Ich weiß, daß er einer deiner größten Geweihten ist, und
so versichere Ich dir, daß er
künftig nichts mehr zu
befürchten hat."
Als Banasura auf diese Weise von
Sri Krsna gesegnet
wurde, trat er vor den Herrn und verneigte sich vor Ihm,
indem er mit dem Haupt die
Erde berührte. Er sorgte
augenblicklich dafür, daß Aniruddha sowie
auch seine
Tochter Usa in einer prächtigen
Kutsche herbeigebracht
wurden, und führte sie vor Sri Krsna, der das junge Paar,
das inzwischen durch Sivas Segen materiell sehr reich ge-
worden war, in Seine Obhut nahm.
Darauf schickte Sri
Krsna eine aksauhini-Einheit von Soldaten
voraus und
machte Sich zusammen mit den anderen ebenfalls auf den
Rückweg nach Dvaraka. Die
Kunde, daß Sri Krsna
zusammen mit Usa und
Aniruddha Seine siegreiche
Heimkehr angetreten
hatte, erreichte
schnell die
Bewohner Dvarakas, und so schmückten sie jeden Winkel
der Stadt mit Fahnen, Girlanden und Blumenketten. Alle
großen Straßen und
Kreuzungen wurden sorgfältig
gereinigt und mit Sandelholzwasser besprengt, so daß sich
überallhin der Duft von Sandelholz
verbreitete. Alle
Bürger versammelten sich zusammen mit ihren Freunden
und Verwandten, und als Sri Krsna
Dvaraka erreichte,
bereitete Ihm diese gewaltige jubelnde
Menschenmenge
einen triumphalen Empfang.
Fanfaren ertönten, und
gleichzeitig wurden unzählige Muschelhörner
geblasen
und Trommeln geschlagen, um den
Herrn zu begrüßen.
So hielt Krsna, die Höchste Persönlichkeit Gottes, Einzug
in Seine Hauptstadt, Dvaraka.
Sukadeva Gosvami versicherte König Pariksit, daß die
Erzählung von der Schlacht zwischen
Siva und Krsna in
keiner Weise unheilvoll
sei wie die Schilderungen
gewöhnlicher Kriege; vielmehr werde
jeder, der sich
morgens an die Beschreibung dieser Schlacht erinnere und
sich über Sri Krsnas Sieg freue, in
seinem Lebenskampf
niemals eine Niederlage erleiden.
Banasuras Kampf mit Krsna und seine spätere Rettung
durch die Gnade Sivas
bestätigen die Aussage der
Bhagavad-gita, daß die Verehrer der Halbgötter ohne die
Einwilligung Krsnas, des Höchsten Herrn, keine Segnung
empfangen können. Banasura war ein
großer Geweihter
Sivas, doch wie wir gesehen haben, war Siva nicht in der
Lage, Banasura zu beschützen, als Krsna ihn mit dem Tod
bedrohte. Vielmehr mußte Siva sich persönlich
an Krsna
wenden und Ihn bitten, seinen Geweihten zu verschonen,
und erst dann konnte Banasura - mit Krsnas Einwilligung
- gerettet werden. Das ist Sri
Krsnas Stellung. Wörtlich
heißt es in diesem Zusammenhang in der Bhagavad-gita:
mayaiva vihitan hi tan. Dies bedeutet, daß kein Halbgott
ohne die Einwilligung
des Höchsten Herrn seinem
Verehrer eine Segnung geben kann.
Hiermit
enden die Bhaktivedanta-Erläuterungen zum 62. Kapitel des Krsna-Buches:
"Sri Krsna kämpft mit Banasura".