Es lebte einst in der Provinz
von Dvaraka-dhama ein
König mit Namen Satrajit. Er war
ein großer Geweihter
des Sonnengottes, der ihm als
Segnung das berühmte
Syamantaka-Juwel schenkte. Dieses Syamantaka-Juwels
wegen kam es zwischen
König Satrajit und der
Yadu-Dynastie zu Unstimmigkeiten, die später jedoch von
Satrajit geklärt wurden, indem er Krsna von sich aus das
Juwel zusammen
mit der Hand
seiner Tochter
Satyabhama anbot. Im Zusammenhang mit der Geschichte
des
Syamantaka-Juwels
heiratete
Krsna neben
Satyabhama auch
noch Jambavati,
die Tochter
Jambavans. Diese beiden
Heiraten hatten noch vor
Pradyumnas Erscheinen stattgefunden, von dem im letzten
Kapitel berichtet
wurde. Im
Folgenden wird nun
geschildert, wie
König Satrajit
die Yadu-Dynastie
beleidigte und wie er wieder zur Vernunft kam und Krsna
seine Tochter und das Juwel übergab.
Da König Satrajit
ein großer
Geweihter des
Sonnengottes war, entwickelte sich nach
und nach eine
freundschaftliche Beziehung
zwischen ihm und dem
Sonnengott. Dieser war
schließlich mit Satrajit so
zufrieden, daß er ihm das einzigartige Syamantaka-Juwel
schenkte. Wenn Satrajit diesen Edelstein in ein Medaillon
gefaßt um den Hals trug, sah
er aus wie ein zweiter
Sonnengott. Geschmückt mit diesem Juwel,
betrat er
manchmal die Stadt Dvaraka, worauf die Leute glaubten,
der Sonnengott sei in ihre Stadt gekommen, um Krsna zu
besuchen. Sie wußten,
daß Krsna als die
Höchste
Persönlichkeit Gottes manchmal von den
Halbgöttern
besucht wurde; deshalb wurde König
Satrajit, als er die
Stadt Dvaraka besuchte, von allen
Einwohnern außer
Krsna für den
Sonnengott gehalten. Obwohl König
Satrajit jedem bekannt
war, konnte ihn wegen
der
gleißenden Ausstrahlung des Syamantaka-Juwels niemand
erkennen.
Als König Satrajit also eines Tages nach Dvaraka kam,
gingen einige der angesehensten Bürger,
die ihn für den
Sonnengott hielten, sofort zu Krsna und berichteten Ihm,
daß der Sonnengott gekommen sei, um Ihn zu besuchen.
Krsna spielte gerade Schach, als einer dieser angesehenen
Bürger vor Ihn trat und sprach: "O Herr, Sri Narayana, Du
bist die Höchste
Persönlichkeit Gottes. In Deiner
vollständigen Teilerweiterung als Narayana,
Visnu, hast
Du vier Hände, in denen Du verschiedene Symbole hältst
- Muschelhorn, Feuerrad, Keule und Lotosblume. Du bist
der eigentliche Besitzer aller Dinge, doch obwohl Du die
Höchste Persönlichkeit Gottes, Narayana, bist, bist Du in
Vrndavana als der
Sohn Yasodamatas erschienen.
Manchmal fesselte Dich
Deine Mutter mit Stricken,
weshalb Du auch als Damodara gepriesen wirst."
Daß Krsna die
Höchste Persönlichkeit Gottes,
Narayana, ist, wie es von allen
Bürgern von Dvaraka
anerkannt wurde, wurde später auch
von Sankaracarya,
dem großen philosophischen
Führer der Mayavadis,
bestätigt. Obwohl er den unpersönlichen Aspekt des Herrn
beschrieb, leugnete er niemals Seine
persönliche Gestalt.
Was Sankara tatsächlich sagen wollte, war, daß alles, was
in der materiellen Welt Form hat,
Schöpfung, Erhaltung
und Vernichtung unterliegt, daß jedoch
Narayana, die
Höchste Persönlichkeit Gottes, keine materielle Form hat,
die diesen Begrenzungen unterworfen ist. Um die weniger
intelligenten Menschen, die Krsna für einen gewöhnlichen
Sterblichen halten, zu belehren, sagte Sankaracarya, Gott
sei unpersönlich. Diese "Unpersönlichkeit"
bedeutet, daß
Er keine Person der materiellen, bedingten Welt ist - Er ist
eine transzendentale Persönlichkeit, deren
Körper nicht
materiell ist.
Die Bürger von Dvaraka bezeichneten Sri Krsna nicht
nur als Damodara, sondern auch als Govinda, was darauf
hinweist, daß Krsna den Kühen und Kälbern sehr zugetan
ist; und um auf die enge
Beziehung hinzuweisen, die
zwischen ihnen und dem Herrn
bestand, nannten sie Ihn
auch Yadunandana, denn Er war als
Sohn Vasudevas in
der Yadu-Dynastie geboren worden.
Schließlich priesen
sie Krsna auch als den Herrn
des gesamten Universums.
So wandten sie sich auf verschiedene Weise an Krsna und
waren stolz, Bürger von Dvaraka zu
sein, die Krsna
täglich sehen durften.
Als Satrajit Dvaraka besuchte, verspürten
die Bürger
großen Stolz bei dem Gedanken, daß
die Halbgötter
persönlich herbeikamen, um Krsna zu
besuchen, obwohl
Er in Dvaraka wie ein gewöhnlicher
Mensch lebte. Sie
berichteten Krsna also,
der Sonnengott mit seiner
herrlichen körperlichen
Ausstrahlung sei zu Besuch
gekommen. Die Bürger sagten weiter,
daß es eigentlich
nichts Besonderes sei, wenn der Sonnengott nach Dvaraka
komme, denn jeder im Universum, der nach der Höchsten
Persönlichkeit Gottes suche, wisse ja,
daß Er in der
Yadu-Dynastie erschienen sei und als ein Mitglied dieser
Familie in Dvaraka lebe. Mit diesen Worten brachten die
Bürger ihre Freude zum Ausdruck,
doch Krsna, die
alldurchdringende Persönlichkeit Gottes, lächelte
nur, als
Er diese Nachricht
hörte. Erfreut über die
Bürger
Dvarakas, erklärte Er ihnen, daß
die Person, die sie Ihm
als Sonnengott beschrieben, in Wirklichkeit König Satrajit
sei, der in die Stadt Dvaraka
gekommen sei, nur um
seinen Reichtum in Form des
kostbaren Juwels, das er
vom Sonnengott bekommen hatte, zur Schau zu stellen.
Satrajit jedoch dachte nicht daran,
Krsna besuchen zu
gehen; vielmehr war er von dem Juwel so betört, daß er es
in einem Tempel von brahmanas
verehren ließ, die er
eigens zu diesem Zweck anstellte.
Dies ist ein typisches
Beispiel eines unintelligenten
Menschen, der etwas
Materielles verehrt. In der Bhagavad-gita
wird erklärt,
daß weniger intelligente
Menschen, die von ihren
fruchtbringenden
Tätigkeiten sofortige
Ergebnisse
erwarten, die
Halbgötter verehren,
die ebenfalls
Geschöpfe dieses
Universums sind.
Das Wort
"Materialist" bezeichnet jemanden, der in der materiellen
Welt nach Sinnenbefriedigung
sucht. Obwohl Krsna
König Satrajit später um das Juwel
bat, wollte dieser es
nicht herausgeben, sondern ließ es
in einem Tempel
verehren. Und wer hätte dieses
Juwel nicht verehrt? Das
Syamantaka-Juwel war so mächtig, daß
es täglich eine
große Menge Gold hervorbrachte. Die
Maßeinheiten für
Gold waren damals bhara und mound.
Nach vedischen
Maßen entspricht ein bhara etwa 15 Pfund Gold, und ein
mound entspricht 75 Pfund. Dieses Juwel erzeugte täglich
ungefähr 155 Pfund Gold. Außerdem erfahren wir aus den
vedischen Schriften, daß überall dort,
wo dieses Juwel
verehrt wird, keine Hungersnot und kein Elend, wie Pest
oder Krankheit, ausbrechen können.
Sri Krsna wollte die Weit lehren,
daß das Beste von
allem demjenigen dargebracht werden sollte, der das Land
regiert. Damals war Krsnas Großvater,
König Ugrasena,
das Oberhaupt vieler Dynastien; deshalb
ersuchte Krsna
Satrajit, König Ugrasena das Juwel zu schenken, und wies
darauf hin, daß das Beste dem König dargebracht werden
sollte. Doch Satrajit war als
Verehrer der Halbgötter zu
materialistisch geworden, als
daß er Krsnas Bitte
nachgekommen wäre, und er hielt es für weiser, das Juwel
zu verehren und so täglich 155 Pfund Gold zu bekommen.
Materialistische Menschen, die jeden Tag
so viel Gold
bekommen können, wollen nichts vom Krsna-Bewußtsein
wissen. Um einem solchen Materialisten Seine besondere
Gunst zu erweisen, nimmt ihm Krsna manchmal all seinen
materiellen Reichtum weg und macht ihn zu einem großen
Gottgeweihten. Doch Satrajit
sträubte sich dagegen,
Krsnas Anweisungen zu gehorchen, und
gab das Juwel
nicht her.
Kurze Zeit danach nahm Satrajits
jüngerer Bruder,
Prasena, der sich mit
dem Reichtum seiner Familie
brüsten wollte, das Juwel, hängte es sich um den Hals und
ritt voller Stolz auf einem Pferd in den Wald. Als Satrajits
Bruder auf diese Weise quer durch den Wald spazierenritt,
wurde er plötzlich von einem riesigen Löwen angefallen,
der Pferd und Reiter tötete und das Juwel in seine Höhle
trug. Dieser Vorfall kam Jambavan, dem Gorillakönig, zu
Ohren, der daraufhin den Löwen in
dessen Höhle tötete
und das Juwel an sich nahm.
Jambavan war schon seit
dem Erscheinen des Herrn als Sri Ramacandra ein großer
Gottgeweihter, und so konnte er mit dem Stein nicht viel
anfangen, sondern gab ihn seinem
kleinen Sohn zum
Spielen.
Als Prasena mit dem Juwel im Wald verschollen blieb
und nicht zurückkehrte, wurde Satrajit
in der Stadt sehr
aufgebracht. Er ahnte nicht, daß sein jüngerer Bruder von
einem Löwen getötet worden war, der
dann seinerseits
von Jambavan getötet wurde. Statt
dessen glaubte er,
Krsna habe Prasena das Juwel mit
Gewalt abgenommen
und seinen Bruder dann umgebracht, denn Krsna habe das
Juwel ja schon immer begehrt, bis
jetzt aber noch nicht
bekommen können. Dieser Verdacht
entwickelte sich zu
einem Gerücht, das Satrajit in
jedem Winkel Dvarakas
verbreitete.
Das Gerücht, Krsna habe Prasena getötet und das Juwel
an Sich genommen, verbreitete sich
wie ein Lauffeuer.
Weil es Krsna nicht gefiel, auf diese Weise verleumdet zu
werden, beschloß Er, zusammen mit ein paar Einwohnern
Dvarakas Selbst in den
Wald zu gehen, um das
Syamantaka-Juwel wiederzufinden. Begleitet von ein paar
wichtigen Bürgern Dvarakas, machte Sich
Krsna auf die
Suche nach Prasena, Satrajits jüngerem Bruder, und bald
schon stieß Er auf dessen Leichnam, der von dem Löwen
zerrissen worden war. Wenig später fand Krsna auch den
Löwen, der von Jambavan, der im
allgemeinen auch als Rksa bekannt ist, getötet worden war. Man konnte sehen,
daß Jambavan den Löwen ohne eine
Waffe, mit bloßen
Händen, getötet hatte. Schließlich stießen Krsna und Seine
Begleiter im Wald auf einen großen unterirdischen Gang,
von dem es hieß, daß er zu Rksas Behausung führe. Da
Krsna wußte, daß sich die Bürger
Dvarakas fürchten
würden, den Tunnel zu betreten, bat
Er sie, draußen auf
Ihn zu warten, worauf Er allein
in das dunkle Innere
vordrang, um Rksa, Jambavan, zu
finden. Am anderen
Ende des Tunnels angekommen, sah
Krsna, daß Rksas
Sohn
mit
dem
unvergleichlich kostbaren
Syamantaka-Juwel spielte, und so trat
Er vor das Kind,
um ihm das Juwel fortzunehmen. Die
Amme, die Rksas
Kind behütete, erschrak entsetzlich, als Krsna so plötzlich
vor ihr auftauchte, denn sie
befürchtete, daß Er das
wertvolle Juwel an Sich nehmen
wollte. Aus Furcht
begann sie laut zu schreien.
Auf die Schreie der Amme hin
stürzte Jambavan
wutentbrannt herbei. Eigentlich
war er ein großer
Gottgeweihter, doch blind vor Zorn,
konnte er seinen
Meister nicht erkennen,
sondern hielt Ihn für
einen
gewöhnlichen Menschen. Dies erinnert an
einen Vers in
der Bhagavad-gita, in
dem der Herr Arjuna die
Anweisung gibt, frei von Zorn, Gier und Lust zu werden,
um so auf die spirituelle Ebene
zu gelangen. Lust, Zorn
und Gier entstehen
im Herzen eines
Lebewesens
gleichzeitig und behindern jeglichen
Fortschritt auf dem
spirituellen Pfad.
Weil Jambavan seinen Meister nicht erkannte, forderte
er Ihn sogleich heraus, und so entbrannte zwischen ihnen
ein fürchterlicher Zweikampf, in dem
sie sich wie zwei
feindliche Geier aufeinanderstürzten. Wenn
Geier einen
Kadaver finden, kommt es zwischen
ihnen sogleich zu
einem erbitterten Kampf. Krsna und
Jambavan fochten
zunächst mit Waffen, dann bekämpften sie sich mit Steinen und danach mit großen Bäumen,
dann stürzten sie
sich mit bloßen Händen aufeinander,
bis sie schließlich
mit Fausthieben,
so hart wie
Blitze, aufeinander
einschlugen. Jeder war entschlossen, den
anderen zu
besiegen, doch der Kampf zog sich
über viele Tage und
Nächte hin. So kämpften
sie ohne Unterbrechung
achtundzwanzig Tage lang.
Obwohl Jambavan das stärkste Lebewesen
seiner Zeit
war, erlahmten ihm schließlich die
Glieder, und seine
Kräfte verließen ihn, da er unablässig von Krsnas Fäusten
geschlagen
wurde.
Der
erschöpfte und
schweißüberströmte
Jambavan
fragte sich
voll
Verwunderung, wer wohl sein Gegner
sein mochte, der
ihm an Kraft so weit überlegen
war. Jambavan war sich
über seine übermenschlichen Körperkräfte
bewußt, und
als ihm unter Krsnas Faustschlägen allmählich die Kräfte
schwanden, erkannte er, daß Krsna
kein anderer war als
sein verehrter Herr, die Höchste
Persönlichkeit Gottes.
Dieser Punkt ist für die
Gottgeweihten von besonderer
Bedeutung. Anfänglich konnte Jambavan
Krsna nicht
erkennen, da seine
Sicht von materieller Anhaftung
verdeckt war. Er hing nämlich
überaus stark an seinem
Sohn und dem wertvollen Syamantaka-Juwel, und deshalb
war er auch nicht
gewillt, dieses Juwel
Krsna zu
überlassen. Er ging sogar so weit, daß er auf Krsna zornig
wurde, weil er dachte, Krsna sei gekommen, um ihm das
Juwel zu stehlen. Das
ist der Zustand materieller
Bedingtheit;
Fähigkeiten
wie außergewöhnliche
Körperkraft können einem
nicht helfen, Krsna zu
verstehen.
Krsna wollte aus
Freude am Kämpfen
einen
Scheinkampf mit Seinem Geweihten
austragen. Wie wir
aus dem
Srimad-Bhagavatam erfahren,
besitzt die
Höchste Persönlichkeit Gottes
alle Neigungen und
Fähigkeiten eines Menschen. Manchmal möchte Er daher,
wie aus einer sportlichen Neigung heraus, auch kämpfen,
um Seine Körperkraft zu zeigen, und
wenn Er den
Wunsch dazu hat, wählt
Er Sich einen geeigneten
Gottgeweihten als Gegner aus, der Ihn im Kampf erfreuen
darf. In diesem Falle
hatte Er Jambavan für
Sein
Kampfspiel
auserwählt.
Obwohl
Jambavan in
Wirklichkeit ein Gottgeweihter
war, fehlte ihm das
Wissen über Krsna, als er Ihm
mit seiner Körperkraft
diente; doch als Krsna mit Seinem
Kämpfen zufrieden
war, erkannte Jambavan augenblicklich, daß sein Gegner
niemand anders sein konnte als der Höchste Herr
Selbst.
Dies bedeutet, daß er
Krsna dank seines Dienstes
verstehen konnte. Mit anderen Worten,
manchmal wird
Krsna auch durch Kämpfen zufriedengestellt.
Jambavan sagte deshalb zum Herrn:
"O Herr, ich
erkenne jetzt, wer Du
bist. Du bist die
Höchste
Persönlichkeit Gottes, Sri Visnu, der Ursprung aller Kraft,
allen Reichtums, allen Ruhms, aller
Schönheit, allen
Wissens und aller
Entsagung." Dies wird
auch im
Vedanta-sutra bestätigt, wo erklärt wird, daß der Höchste
Herr der Ursprung aller Dinge ist. Jambavan erkannte Sri
Krsna als die Höchste Persönlichkeit, Sri
Visnu: "Lieber
Herr, Du bist der Schöpfer aller untergeordneten Schöpfer
innerhalb des Universums." Diese Aussage
ist sehr lehrreich für den gewöhnlichen Menschen, der dazu neigt, die
Taten eines
Menschen mit
überdurchschnittlicher
Intelligenz zu bewundern.
Die Menschen sind sehr
beeindruckt von
den Erfindungen
eines großen
Wissenschaftlers, aber wie
die Aussage Jambavans
bestätigt, ist
derjenige, der
als Wissenschaftler
wundervolle Dinge
schafft, seinerseits
von Krsna
erschaffen worden, und Krsna ist
nicht nur der Schöpfer
eines einzigen Wissenschaftlers, sondern
von Millionen
und Abermillionen überall im Universum. Jambavan sagte
weiter: "Du bist nicht nur der
Schöpfer der Schöpfer,
sondern auch der Schöpfer der materiellen Elemente, die
von den sogenannten Schöpfern verwendet werden." Die
Wissenschaftler arbeiten mit den
materiellen Elementen
und den Gesetzen der materiellen Natur und schaffen auf
diese Weise etwas Wunderbares, doch
im Grunde sind
diese Gesetze und Elemente, genau
wie alles andere,
Schöpfungen Krsnas. Diese Sicht muß
man entwickeln,
wenn man tatsächlich wissenschaftlich sein will. Unintelligente Menschen fragen sich niemals, wer das Gehirn des
Wissenschaftlers erschaffen hat, es
genügt ihnen, die
Produkte und
Erfindungen der
Wissenschaftler zu
bestaunen.
"Lieber Herr", fuhr Jambavan fort, "der Zeitfaktor, der
die materiellen Elemente verbindet, ist
ebenfalls Dein
Repräsentant. Du Selbst bist der höchste Zeitfaktor, durch
den die gesamte Schöpfung hervorgebracht, erhalten und
schließlich vernichtet
wird. Und nicht
allein die
materiellen Elemente und die Zeit,
sondern auch die
Menschen, die sich die Elemente und
die Vorteile der
Schöpfung zunutze machen, sind
Bestandteile von Dir.
Das Lebewesen kann daher kein
unabhängiger Schöpfer
sein. Wenn man all diese Faktoren
mit dem richtigen
Verständnis analysiert, wird
man unweigerlich zum
Schluß kommen, daß Du der höchste Beherrschende und
der Herr über alles bist. Lieber
Herr, deshalb habe ich
erkannt, daß Du derselbe Höchste
Herr bist, den ich als
Sri Ramacandra verehre. Mein Meister, Sri
Ramacandra,
wollte einmal eine Brücke über den Ozean bauen, und ich
sah mit eigenen Augen, wie der
gewaltige Ozean durch
Seinen bloßen Blick aufgewühlt wurde.
Und als der
gesamte Ozean in
Aufruhr geriet, erschraken alle
Wasserlebewesen, sogar die
Wale, Alligatoren und
timingila-Fische*. Durch Ramacandras Blick
wurde der
Ozean gezwungen, sich zu teilen und
ihm so den Weg
nach Lanka** freizugeben. Auch heute
noch kennt jeder
die Geschichte dieser Brücke, die sich vom Kap Comorin
über den Ozean bis nach Sri Lanka erstreckte. Nach dem
Bau dieser Brücke wurde
das gesamte Königreich
Ravanas in Brand gesetzt, und dabei
kam es zu einem
Kampf mit Ravana, in dem jedes
einzelne von Ravanas
Gliedern von Deinen scharfen Pfeilen
durchbohrt und
zerfetzt wurde, und sein Kopf rollte über das
Antlitz der
Erde. Nun verstehe ich, daß Du kein anderer sein kannst
als mein Meister, Sri Ramacandra. Niemand sonst besitzt
solch unermeßliche Kraft; niemand außer
Dir hätte mich
auf diese Weise besiegen können."
Jambavans Gebete und Lobpreisungen
erfreuten Sri
Krsna sehr, und um dessen Schmerzen
zu lindern, strich
Er mit Seinen lotosgleichen Handflächen über Jambavans
Körper. Sofort fühlte sich Jambavan
von den Strapazen
des langen Kampfes befreit. Darauf sprach Krsna ihn als
"König Jambavan" an, denn im Grunde war Jambavan der
König des Waldes, und nicht der
Löwe, den er mit der
bloßen Hand, ohne irgendwelche Waffen,
getötet hatte.
Dann erklärte Krsna Jambavan, daß Er gekommen sei, um
ihn um das Syamantaka-Juwel zu
bitten, denn nachdem
dieses Juwel verschwunden
sei, hätten unintelligente
Menschen Seinen Namen in Verruf gebracht. Krsna sagte
ihm ganz offen, daß Er den
Edelstein brauche, um all
diese Verleumdungen aus der Welt
schaffen zu können.
Jambavan sah dies auch sogleich ein, und um den
Herrn
zufriedenzustellen,
übergab er
Ihm sofort das
Syamantaka-Juwel, und nicht nur das,
er stellte Krsna
auch seine Tochter Jambavati
vor, die gerade im
heiratsfähigen Alter war, und gab sie Ihm zur Frau.
Die ganze Begebenheit, wie Krsna Jambavati heiratete
und das Syamantaka-Juwel wiedererlangte,
hatte sich in
Jambavans Berghöhle abgespielt, und
mittlerweile waren
achtundzwanzig Tage vergangen. Die Bürger
Dvarakas
hatten zwölf Tage lang vor dem Höhleneingang gewartet,
und danach waren sie sich einig
gewesen, daß etwas
Furchtbares geschehen sein mußte. Ohne
zu wissen, was
in Wirklichkeit vor
sich ging, waren sie,
zutiefst
niedergeschlagen
und
ermattet,
nach Dvaraka
zurückgekehrt.
Die gesamte Familie Krsnas, insbesondere Seine Mutter
Devaki, Sein Vater
Vasudeva und Seine
erste Frau
Rukmini sowie alle anderen Freunde,
Verwandten und
Palastbewohner waren bestürzt, als die Bürger ohne Krsna
in die Stadt zurückkehrten. In ihrer natürlichen Zuneigung
zu Krsna begannen
sie verzweifelt,
Satrajit zu
verwünschen, denn er
war an Krsnas Verschwinden
schuld. Sie
gingen in den
Tempel der Göttin
Candrabhaga, um sie zu verehren und
Krsnas Rückkehr
zu erflehen. Die Göttin war mit
den Gebeten der Bürger
von Dvaraka zufrieden und gab ihnen
sogleich ihren
Segen. Genau in diesem
Augenblick erschien Krsna
zusammen mit Seiner neuen Frau Jambavati
in Dvaraka.
Die Bewohner der ganzen Stadt und
Krsnas Verwandte
brachen allesamt in Jubel aus, und ihr Glück kannte keine
Grenzen, genau wie es der Fall
ist, wenn man einen
geliebten Menschen, den
man bereits tot glaubte,
wiedersieht. Ebenso hatten die Bürger
Dvarakas, die
glaubten, Krsna sei im Kampf in große Bedrängnis geraten, im Laufe der Zeit fast alle Hoffnung aufgegeben, daß
Krsna jemals wieder zurückkehren würde.
Doch als sie
sahen, daß Krsna tatsächlich zurückgekehrt war, und nicht
einmal allein, sondern
mit einer neuen Gemahlin,
Jambavati, veranstalteten sie
sogleich eine weitere
Hochzeitsfeier.
König Ugrasena berief daraufhin eine
Versammlung
aller bedeutenden Könige und Fürsten
ein. Auch Satrajit
befand sich unter den geladenen
Gästen, und Krsna
schilderte der
ganzen Versammlung,
wie Er das
Syamantaka-Juwel aus Jambavans Höhle
zurückgeholt
hatte. Er schloß, indem Er König
Satrajit das Juwel
zurückgab. Satrajit jedoch war zutiefst beschämt,
weil er
Krsna zu Unrecht verleumdet hatte. Schweigend und mit
gesenktem Haupt nahm er das Juwel entgegen und verließ
wortlos die Versammlung, um nach
Hause zurückzukehren. Zu Hause angekommen, überlegte er, wie er seine
Schandtat wiedergutmachen könne. Ihm war klar,
daß er
gegen Krsna ein schweres Vergehen
begangen hatte und
daß er sich irgend etwas einfallen lassen mußte, um Krsna
wieder zu erfreuen und Seine Gunst zu erlangen.
Es war König Satrajit also sehr daran gelegen, sich aus
seiner unangenehmen Lage zu befreien,
in die er sich
törichterweise selbst gebracht hatte, da er sich von einem
materiellen Gegenstand wie dem Syamantaka-Juwel hatte
betören lassen. Dem König ging es sehr nahe, daß er ein
Vergehen gegen Krsna begangen hatte,
und er wünschte
sich aufrichtig, es wiedergutzumachen.
Deshalb gab ihm
Krsna von innen her die nötige Intelligenz, so daß Satrajit
zum Schluß kam, Krsna
nicht nur das Juwel zu
übergeben, sondern auch
seine bildhübsche Tochter
Satyabhama. Dies war für ihn die
einzige Möglichkeit,
das Problem
zu lösen,
und so
ließ er die
Hochzeitszeremonie vorbereiten, bei der
er dann der
Höchsten Persönlichkeit Gottes sowohl das Juwel als auch
seine Tochter schenkte. Satyabhama war
so schön und
tugendhaft, daß Satrajit bereits eine
Unzahl von Prinzen,
die um ihre Hand angehalten hatten,
zurückgewiesen
hatte, und so
hatte er
fortgesetzt gehofft, einen
Schwiegersohn zu finden, der seiner Tochter würdig war.
Durch Krsnas Gnade beschloß er nun,
die Hand seiner
Tochter Krsna zu übergeben.
Weil Sri Krsna mit Satrajit sehr zufrieden war, teilte Er
ihm mit, daß Er
für das Syamantaka-Juwel keine
Verwendung habe. "Es ist besser, das Juwel im Tempel zu
lassen, wo du es bereits zuvor aufbewahrt hast", sagte Er.
"So wird jeder von uns seinen
Nutzen aus diesem Juwel
ziehen, denn in seiner Gegenwart wird es hier in Dvaraka
weder Hungersnöte noch andere Störungen,
wie Pest,
übermäßige Hitze oder Kälte, geben."
---
* Timingila-Fische sind
so riesig, daß sie große
Wassertiere, selbst Wale, mit einem
Mal verschlingen
können.
** vermutlich Ceylon
Hiermit
enden die Bhaktivedanta-Erläuterungen zum 55. Kapitel des Krsna-Buches:
"Die Geschichte vom Syamantaka-Juwel".